Varazdin. Deutschlands Handballer wollen gegen Spanien wie im Finale vor zwei Jahren spielen – Zweifel am Trainer

Die deutschen Handballer fiebern ihrem Showdown gegen Spanien mit neuem Mut und ganz viel Zuversicht entgegen – so versichern sie es zumindest. Vor dem Duell ums Halbfinale beschwört der Titelverteidiger den Geist von 2016. „Natürlich spielt das eine Rolle. Natürlich hat man das positiv im Kopf“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning vor der Neuauflage des EM-Finals von Polen. Uwe Gensheimer freut sich über die „Chance aufs Halbfinale. Das ist ein Riesending für uns“, sagte der Kapitän.

Doch so sehr sich die Spieler auf das entscheidende Spiel zu konzentrieren suchen, so genau wissen sie auch, dass in der Handballszene längst eine Debatte über den Bundestrainer Christian Prokop tobt. Manche werfen ihm falsche Personalentscheidungen vor – so hatte er zunächst auf Abwehrchef Finn Lemke und Außen Rune Dahmke verzichtet, die er mittlerweile nach­nominiert hat. Andere halten seine Ansprachen­ in den Auszeiten für zu kompliziert – damit erreiche er die Spieler nicht.

Für den Deutschen Handball-Bund und seinen mächtigen Vizepräsidenten Bob Hanning kommen solche Debatten natürlich zur Unzeit. Gegenüber der „FAZ“ versicherte er, dass Prokop auch bei einem Ausscheiden nicht infrage gestellt würde. „Ich bin 100-prozentig von ihm überzeugt“, sagte er.

Immerhin: Dem DHB-Team würde ein Sieg gegen Spanien (20.30 Uhr/ZDF) reichen, um doch noch in den Kampf um die Medaillen einzugreifen. Mazedonien unterlag Tschechien mit 24:25 (13:11) und löste Jubel im deutschen Lager aus. Neben der DHB-Auswahl profitierte auch Dänemark von der Niederlage der Mazedonier, die in der Schlusssekunde einen Siebenmeter verwarfen. Dänemark hat dadurch als erste Mannschaft die Vorschlussrunde erreicht. „Wir wollen Vollgas geben und den Schritt machen. Das wird ein geiles Ding, da haben wir Bock drauf“, sagte Kai Häfner, der im Finale vor zwei Jahren mit sieben Toren glänzte.

Die Erinnerungen an den 31. Januar 2016 sollen die deutschen Spieler bei ihrer Mission beflügeln. Torhüter An­dreas Wolff war in dem rauschhaften Endspiel (24:17) mit 16 Paraden bei 48 Prozent gehaltener Bälle der umjubelte Matchwinner. „Wir müssen schon ein bisschen wieder die Bad Boys auspacken, um den Spaniern das Fürchten zu lehren“, sagte Wolff.

Trainer Prokop tut sich mit einem Vergleich aber schwer. „Damals hat sich die Mannschaft in einen Rausch gespielt und konnte sich im letzten Spiel krönen. Jetzt wartet viel Arbeit auf uns, damit wir das Halbfinale noch erreichen“, sagte Prokop, der die Spanier am Dienstag bei der überraschenden 26:31-Niederlage gegen Slowenien noch einmal unter die Lupe nahm.

Das Turnier in Polen gilt bis heute als die Geburtsstunde der Bad Boys, die unter dem damaligen Bundestrainer Dagur Sigurdsson mit unbändigem Willen und großer Leidenschaft die Weltspitze aufmischten. Und genau dieser Geist kehrt allmählich zurück. Durch die Nachnominierungen von Abwehrchef Finn Lemke und Rune Dahmke sind inzwischen zehn Europameister von 2016 wieder an Bord. Gegen Spanien ersetzt Maximilian Janke den verletzten Paul Drux.

„Gegen die Dänen hat schon alles besser harmoniert. Ich hoffe, dass der ein oder andere Spieler noch zehn, zwölf, 15 Prozent zulegen kann. Dann muss uns vor Spanien nicht bange sein“, sagte Hanning, während Prokop besonders im taktischen Bereich noch einmal mit seinen Spielern arbeitete: „Wir haben uns gegen ihre verschiedenen Abwehrformationen etwas zurechtgelegt.“

Auch der Faktor Zeit spricht für das deutsche Team, das vor dem Hauptrunden-Finale zwei Tage regenerieren konnte. „Jede Stunde Erholung, die man mitnehmen kann, ist wichtig“, sagte Torhüter Wolff. Ähnlich sieht es Gensheimer, der allerdings noch auf der Suche nach seiner Bestform ist.

Gegner Spanien hat zumindest Respekt. „Deutschland hat eine überragende Abwehr“, sagte Spaniens Gedeon Guardiola von den Rhein-Neckar Löwen: „Wir werden den Sieg brauchen, Deutschland wird den Sieg brauchen. Es geht um Tod oder Leben.“ Für Wolff ist es „schön, dass die Spanier noch daran denken.“