Hamburg. Die Hamburger Hockeytorhüterin Rosa Krüger kämpft bei der Hallen-EM um ihre WM-Nominierung

Wäre Rosa Krüger ein von Selbstzweifeln geplagter Mensch, dann hätte ihr der vergangene Sonntag Anlass zu großer Sorge gegeben. Neun Tore kassierte die deutsche Nationaltorhüterin in Diensten des Harvestehuder THC im Spitzenspiel der Hallenhockey-Bundesliga beim Club an der Alster. Das 1:9 war die erste Saisonniederlage, aber weil die 22-Jährige daran keine Schuld trug, sondern mit einer Reihe an starken Paraden eher noch Schlimmeres verhinderte, darf sie die verpatzte Generalprobe als gutes Omen für das werten, was an diesem Wochenende auf sie wartet.

Die Studentin der Sozialökonomie steht bei der Hallen-EM in Tschechiens Hauptstadt Prag erstmals im A-Kader zwischen den Pfosten. Besonderen Reiz zieht die Berufung durch Junioren-Nationalcoach Akim Bouchouchi, der gemeinsam mit dem neuen Bundestrainer Xavier Reckinger das Team betreut, daraus, dass die EM zum Ausscheidungskampf wird. Rosa Krüger muss sich im Duell mit Düsseldorfs Nathalie Kubalski (24) behaupten, um für die Heim-WM in Berlin (7. bis 11. Februar) den Platz als Nummer zwei hinter der Kölnerin Julia Ciupka beanspruchen zu können.

Zusätzlichen Druck macht ihr das mitnichten. „Mich pusht das mehr, als dass es mich lähmt. Die Trainer wollen doch sehen, wie wir uns unter Druck präsentieren“, sagt sie. Die ersten Hauptrundenspiele am Freitag gegen die Ukraine (5:1), gegen die Kubalski spielte, und Tschechien (3:4, zwei Tore von Amelie Wortmann vom Großflottbeker THGC) mit Krüger im Tor wurden zwischen den Konkurrentinnen aufgeteilt. Zum Hauptrundenabschluss gegen Russland (Sa, 11.20 Uhr) und in der Finalrunde könnten die Trainer die Favoritin spielen lassen. Auch wenn es nur eine schaffen kann, will Krüger die Kollegin unterstützen. „Es geht um den Erfolg des Teams, da können wir nicht auf der persönlichen Ebene Konflikte austragen“, sagt sie.

Eine solche Souveränität kann nur ausstrahlen, wer um seine Stärke weiß. Tatsächlich hat sich Rosa Krüger, die eine von drei Hamburgerinnen im Zwölferkader ist (neben Katharina Kirschbaum von Alster und Wortmann), in den vergangenen Monaten signifikant verbessert. Mit Torwarttrainer Jimi Lewis und Vereinscoach Tomek Laskowski hat sie an ihrer Sprungkraft gefeilt, um ihre Körpergröße von 162 Zentimetern besser zu kompensieren. Zudem hat sie ihr Stellungsspiel verändert, um ihr Rauslaufverhalten zu optimieren. Auf der Linie war sie mit ihren Reflexen stets herausragend, nun ist sie auf dem Weg zur kompletten Torhüterin ein großes Stück vorangekommen.

Was sie besonders auszeichnet, ist die Fähigkeit, im Spiel Nebengeräusche auszublenden. „In der Halle, wo alles viel schneller geht, musst du in jeder Sekunde den Ball im Blick behalten. Das gelingt nur, wenn du dich nicht ablenken lässt“, sagt sie. Die WM-Chance will sie aber nicht ausblenden. „Es ist seit meiner Kindheit ein Traum, die Hallen-WM zu spielen, deshalb ist sie immer in meinem Kopf. Aber das stört mich nicht.“

Die Erfahrung aus mittlerweile fünfeinhalb Jahren Bundesliga hilft ihr ebenso wie die Unterstützung von HTHC-Teamkollegin Franzisca Hauke, die als langjährige A-Kader-Spielerin wichtige Ratschläge erteilt. Das Spiel in der Halle, das die Torhüter deutlich mehr fordert und einbindet, liegt Rosa Krüger mehr als das auf dem Feld. Dennoch ist auch die Feld-WM in London Ende Juli ein Ziel, das sie nicht abgeschrieben hat. „Ich habe jetzt die Chance, mich dem Bundestrainer zu präsentieren. Wenn es mir gelingt, die beste Leistung abzurufen, dann werden wir sehen, was möglich ist“, sagt sie. Selbstvertrauen statt Selbstzweifel ist jedenfalls ein probates Rezept, um Träume zu realisieren.