Melbourne. Australian Open: Auch Alexander Zverev steht in Melbourne in der zweiten Runde

Auf den großen Tennisbühnen haben Andrea Petkovic­ längst andere die Schau gestohlen. Angelique Kerber, ihre einst gute Freundin, die sich bis auf Platz eins der Weltrangliste und zu zwei Grand-Slam-Triumphen katapultierte. Oder auch Julia Görges, die andere ehemalige Verbündete, die gerade in der Form ihres Lebens nach höchsten Zielen Ausschau hält. Kerber, Nummer 16 der Welt, und Görges, Nummer 12, sind die Mitfavoritinnen beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres.

Petkovic-Spiele sind denkwürdige Duelle

Und Petkovic? Sie gewann 2017 nur ein einziges Grand-Slam-Match. Inzwischen steht die einstige Spiel- und Wortführerin des deutschen Fräuleinwunders nur noch auf Platz 98 in der Weltrangliste. Aber trotzdem: Was kann spannender sein als eine dieser typischen Tennis-Achterbahnfahrten mit Petkovic? Es war ein denkwürdiger Thriller, den die Zuschauer mit ihr am zweiten Wettkampftag in Melbourne erlebten – vom Nachmittag bis in den frühen Abend hinein, über zwei Stunden und 52 Minuten. Eine stolze Andrea­ Petkovic verwandelte letztendlich ihren vierten Matchball zum 6:3, 4:6, 10:8-Sieg über die zweimalige Wimbledonsieger Petra­ Kvitova aus Tschechien. „Es ist nur eine Momentaufnahme. Aber es ist schon eine große Genugtuung nach dem vergangenen Seuchenjahr“, sagte sie.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kerber, die Wiederfavoritin und Ex-Siegerin, mit einem souveränen 6:0, 6:4-Sieg über Landsfrau Anna-Lena Friedsam in die zweite Runde vorgespielt, da begann die schrille Tennis-Oper mit Drama-Queen Petkovic in der Hauptrolle und Petra Kvitova. Es war eine wilde Aufführung in drei Akten. Es war auch ein Nervenkrieg in all den Turbulenzen und Schwankungen, in den immer neuen Drehungen und Wendungen des Drehbuchs. „Ich weiß selbst nicht, wie ich den Kopf oben gehalten habe“, sagte Petkovic nach dem Spiel, „ich dachte nur immer wieder: ,Denk nicht so viel‘. Und irgendwie hat es geklappt.“

In der Tat, ihre Coolness konnte schon erstaunen. Vor allem, weil Petkovic in vergleichbaren Grand-Slam-Lagen schon schlimme emotionale Zusammenbrüche erlebt hat – regelrechte Kollapssituationen. Doch dieses Mal ging alles gut. Weil sie nie aufgab, „nicht jammerte und heulte“, obwohl sie die dicksten Gelegenheiten zum Prestigeerfolg verhaute, im dritten Satz sogar einen 4:0 und 40:15-Vorsprung zusammenschmelzen ließ, kurze Zeit später drei Matchbälle vergab und plötzlich wieder mit beinahe leeren Händen dastand. „Eine unglaubliche Energieleistung“, erkannte da zu Recht die Damen-Abteilungsleiterin beim DTB, Barbara Rittner.

Umso mehr, da Petkovic mehrfach selbst der gallenbitteren Niederlage ins Auge blickte, und zwar, als die kraftvolle Kvitova jeweils bei 6:5 und 8:7 zum Sieg servierte. Ganz am Ende musste Petkovic dann freilich gar nichts mehr tun, um einen sehr speziellen Sieg zu feiern: Mit Kvitovas zehntem Doppelfehler senkte sich der Vorhang für diesen Krimi mit deutschem Happy End.

Vorerst geht die Grand-Slam-Reise also weiter für die Darmstädterin, die noch immer von einem Comeback in der Weltspitze träumt. „Auf die Dauer um Platz 100 zu stehen würde mich nicht befriedigen. Das wäre nicht mein Ding“, sagt sie. Innerlich habe sie sich „die Pistole auf die Brust gesetzt“: „Wenn ich sehe, dass es für bestimmte Ziele nicht reicht, dann ist es auch gut. Dann könnte ich loslassen.“

Kerber, die Frau, die von Petkovic­ einst selbst vor einem Rücktritt bewahrt wurde, hat in Melbourne jetzt ein besonderes Rendezvous vor Augen. Denn am Donnerstag, an ihrem 30. Geburtstag, muss die Kielerin aufpassen, dass sie nicht versehentlich mit ihrem engsten, langjährigen Mitarbeiter Kontakt in der Trainerloge aufzunehmen versucht. Torben Beltz, der ewige Mann an ihrer Seite, der Itzehoer Coach, der sie zur Nummer eins gemacht hat, ist nach der Trennung zum Jahresende 2017 nun der Coach einer gewissen Donna Vekic. Und die Kroatin ist Kerbers Zweitrundengegnerin, vermutlich dann sogar auf dem Centre-Court. „Ich werde das ausblenden“, sagt Kerber.

Bruderduell der Zverevs fällt aus – Mischa gibt auf

Auch Hamburgs Alexander Zverev überstand seine Erstrundenaufgabe ohne großen Nervenkitzel. Er trifft nach dem 6:1, 7:6 (7:5), 7:5 über den Italiener Thomas Fabbiano nun auf den Münchner Peter Gojowczyk. „Ich hoffe nicht, dass es ein Match wird wie FC Bayern gegen den HSV, dann sieht es nicht so gut aus für mich“, scherzte Zverev.

Das mögliche Bruderduell zwischen Alexander und Mischa Zverev wird es nicht mehr geben. Mischa musste gegen den Südkoreaner Hyeon Chung beim Stand von 2:6, 1:4 wegen eines Infekts und einer Knochenhautentzündung im Oberarm aufgeben. Der Viertelfinalist der Vorjahres wird in der Weltrangliste aus den Top 50 fallen. Noch gar kein Spiel in diesem Jahr gewann Carina Witthöft. Die Hamburgerin scheiterte an der Weltranglistenachten Caroline Garcia aus Frankreich mit 5:7, 3:6.