Zagreb. Andreas Wolff und Silvio Heinevetter gelten als bestes Torhüter-Gespann der EM – heute gegen Slowenien

Sein Gang war noch etwas unrund, aber immerhin lief Andreas Wolff mit einem breiten Lächeln durch das Mannschaftshotel in Zagreb. „Alles gut, das wird schon“, sagte der Torwart der Handball-Nationalmannschaft und streckte den Daumen nach oben.

15 Stunden zuvor, am Sonnabendabend, hatte Wolff humpelnd das Spielfeld verlassen. Die Deutschen hatten ihr Auftaktspiel bei der Europameisterschaft gegen Montenegro mit 32:19 (17:9) gewonnen, es war der zweithöchste Sieg der deutschen EM-Geschichte. Ein Bilderbuchstart in das Turnier in Kroatien. Ein Erfolg, der auf der Vielseitigkeit im Angriff und einer starken Defensive basierte. Und auf der Dominanz der Torhüter. Vor allem auf der von Andreas Wolff, der als Mann des Spiels ausgezeichnet wurde – mit dick bandagiertem Knöchel.

Am Sonntagmorgen gab es die Entwarnung, es ist nur eine leichte Prellung. Wolffs Einsatz an diesem Montag gegen Slowenien (18.15 Uhr/ARD) ist nicht in Gefahr. Bundestrainer Christian Prokop kann weiter auf sein Torhüterduo Wolff und Silvio Heinevetter bauen. Auf das wohl beste Gespann dieser EM.

Beide Torhüter wissen, dass sie nur gemeinsam Erfolg haben

Eigentlich wollte der Bundestrainer seinen zweiten Torhüter im Spiel gegen völlig überforderte Montenegriner schon viel früher bringen, damit auch der Spielpraxis in der Arena von Zagreb sammeln kann. Allerdings war Wolff mit einer Quote von 46 Prozent vereitelter Torchancen einfach zu gut. Bis zur 50. Minute war der 26-Jährige im Einsatz, dann wurde er wegen seiner Fußverletzung ausgewechselt. Heinevetter brachte die Partie zu Ende, wohlwissend, dass „Montenegro kein Gradmesser war“.

Das Torhüterduo ist eine Art Team im Team. Als dicke Freunde gelten Wolff und Heinevetter allerdings nicht. Beide sind Alphatiere, beide wollen viel spielen. Allerdings wissen beide auch, dass sie nur gemeinsam eine erfolgreiche EM absolvieren können. Sie müssen in diesem bis zu zweieinhalb Wochen langen Turnier zusammenhalten, für Eitelkeiten ist kein Platz. „Der Trainer stellt die Mannschaft auf, und am Ende ist wichtig, was für Deutschland herauskommt. Für den Titelgewinn brauchen wir zwei starke Torhüter“, sagt Wolff. Heinevetter sagt nur: „Alles ist gut zwischen uns.“

Es ist eine Gratwanderung: Zwei starke Torhüter können einander beflügeln. Stimmt das Verhältnis aber nicht, kann das Auswirkungen auf die Leistung des ganzen Teams haben. Gezeigt haben dies in den jüngsten Monaten die Unruhen um Andreas Wolff. Als der im Jahr 2015 seinen Vertrag beim deutschen Rekordmeister THW Kiel unterschrieben hatte, war er noch nicht der EM-Held von 2016, als der er wenige Monate später das Kieler Trikot überzog. Dass dann Trainer Alfred Gislason in wichtigen Partien häufig dem Dänen Niklas Landin den Vorzug gab, sorgte für Frust und Wechselabsichten. Für 2019 hat Wolff nun beim polnischen Meister KS Kielce unterschrieben. Allerdings: Je näher die EM rückte, umso stärker wurde auch Wolff wieder. Im Dezember war er in der Bundesliga wieder der Alte: ein unüberwindbares Hindernis, das den Gegnern alleine durch seine Bodybuilder-Statur mit den breiten Schultern und der immensen Spannweite Respekt einflößt. Rechtzeitig zur EM war Wolff wieder in Bestform – und auch Silvio Heinevetter.

Der 33-Jährige geriet 2015 in eine Formkrise, die in der Nicht-Nominierung für die EM 2016 in Polen gipfelte. Doch Heinevetter grub sich selbst aus dem Loch heraus, zeigt seitdem wieder starke Leistungen beim Tabellenzweiten Berlin. Mit seiner recht unkonventionellen Spielweise, seinen schnellen Reflexen und akrobatischen Bewegungen. Auch auf Psychospielchen mit den Gegnern versteht sich der Berliner bestens. So sehr, dass die Fans nach dem jüngsten Bundesligasieg der Füchse gegen SC Magdeburg diskutierten: Sind die verbalen Scharmützel im Rahmen? Oder schon unsportlich? Heinevetter war das egal. Wie Wolff polarisiert auch er gerne. „Mir ist es egal, was andere über mich denken“, sagt Wolff. Auch in diesem Punkt dürften sich die Torhüter einig sein.

Wenn es am Montag gegen Slowenien geht und Deutschland sich mit einem Sieg sicher für die Hauptrunde qualifizieren kann, wird das Duo weitaus mehr gefragt sein als gegen Montenegro. „Die Slowenen sind sehr schnell und dynamisch“, glaubt Heinevetter.