Hamburg. Der Verein „Wir für Yannic“ will in Jahr zwei seines Bestehens stärker über psychische Erkrankungen aufklären.

Kürzlich hat sich Lars Wichert wieder einmal über den Profifußball gewundert. Bei rund 60 Prozent der Vereine in den Bundesligen, so das Ergebnis einer Umfrage, werden die Spieler nicht angemessen psychologisch betreut. Nun ist Wichert kein Mediziner, sondern Ruderer, mithin einer der besten, die Hamburg hat. Aber seit der 31-Jährige im vergangenen Jahr begann, sich für den Verein „Wir für Yannic“ zu engagieren, hat er großes Interesse für das Thema „Psychische Erkrankungen im Leistungssport“ entwickelt. Und deshalb fällt es ihm schwer zu verstehen, warum im reichen Profifußball ausgerechnet an psychologischer Betreuung der unter hohem Druck stehenden Kicker gespart wird.

Zumal diese Einstellung auch dem entgegensteht, was Wichert und seine Mitstreiter erleben. „Nicht nur, dass das Interesse am Thema Depression sehr groß ist. Auch die Bereitschaft, Depressionen nicht mehr zu stigmatisieren, sondern als Krankheit anzuerkennen, wächst deutlich“, sagt der WM-Fünfte im Leichtgewichtseiner des vergangenen Jahres, der für den RC Allemannia startet. Er weiß das aus Gesprächen, die er führt, kann das aber auch an dem Engagement ablesen, das die rund 150 Mitglieder des Vereins im abgelaufenen ersten Jahr des Bestehens in die Arbeit gesteckt haben.

Arbeit des Vereins läuft zweigleisig

Antrieb für die Vereinsgründung war das traurige Schicksal von Wicherts ehemaligem Zweier-Partner Yannic Corinth. Der 26-Jährige war am 6. Juni 2016 in seiner Heimat Friedrichstadt aus dem Leben geschieden, mutmaßlich unter dem Eindruck einer schweren Depression. Um die Erinnerung an den Teamkameraden am Leben zu erhalten und um anderen Betroffenen helfen zu können, schlossen sich Wichert und Philipp Birkner, der mit Yannic Corinth in Freiburg studiert und zusammen gewohnt hatte, mit Mitgliedern aus Yannics Familie im Verein „Wir für Yannic“ zusammen.

Die Arbeit des Vereins, dem auf Facebook mittlerweile gut 1400 Freunde folgen, läuft zweigleisig. Zum einen wird in Zusammenarbeit mit Fachleuten Aufklärung zum Thema Depression geleistet. Birkner, der Arzt ist und sich auf dem Gebiet weitergebildet hat, wird in diesem Jahr selber Vorträge vor jugendlichen Ruderern halten. Zum anderen treten die Vereinsmitglieder in kleinen Gruppen bei verschiedenen Sportveranstaltungen an. Mit einheitlichen Trikots und Armbändern, auf denen das von Yannics früherem Teamkollegen Lars Hartig gestaltete Vereinslogo zu sehen ist, machen die Teams auf die Arbeit des Vereins aufmerksam.

Mehr Aufklärungsarbeit

„Diese Präsenz ist uns wichtig, weil sie betont, dass wir die Menschen über den Spaß am Sport erreichen wollen und nicht über die Tristesse, die dem Thema Depression anhaftet“, sagt Lars Wichert. Er selbst war 2017 mit Birkner beim Cape Epic in Südafrika, dem härtesten Mountainbikerennen der Welt, gestartet. Zudem war das Team „Wir für Yannic“ beim Arlberg-Giro (Radrennen in den österreichischen Alpen), dem Ironman in Roth, dem Ratzeburger Seenlauf und mehreren Ruderwettbewerben am Start. Für 2018 sind all diese Stationen erneut geplant, dazu starten Wichert und Birkner am 20. Januar bei einem Skilanglaufrennen im Engadin.

Die Ziele für das zweite Jahr des Bestehens sind klar: mehr finanzielle Unterstützung generieren, um das sportliche Engagement ausweiten und dadurch mehr Aufklärungsarbeit leisten zu können. Vor allem aber: gemeinsam Spaß haben­ und so dazu beitragen, dass sich irgendwann niemand mehr über mangelhafte psychische Betreuung im Leistungssport wundern muss.

Informationen zum Verein und zur Mitgliedschaft im Internet unter www.wirfueryannic.de