Alhaurín el Grande. Athletiktrainer Valentin Lay spricht über die Probleme der extrem kurzen Vorbereitungsphase in diesem Winter

„Kommt, kommt, kommt“, ruft Athletiktrainer Valentin Lay und klatscht in die Hände. In Wollmütze und langen Leggins sprinten die Spieler des FC St. Paulis bei knackigen zehn Grad über den Rasen. Am fünften Tag des Wintertrainingslagers im spanischen Alhaurín el Grande (3. bis 12. Januar) kämpft sich die Sonne nur selten durch die Wolkendecke. Es ist der bisher kälteste Morgen der zehntägigen Reise. Die Kiezkicker dehnen sich. Nach 25 Minuten beendet Lay das Aufwärmprogramm.

Nicht alle Bundesligaclubs bereiten sich wie St. Pauli im Ausland auf die Rückrunde vor. So sind im Oberhaus mit Leipzig, Leverkusen, Hannover, Mainz, Gladbach, Berlin, Köln und Hoffenheim gleich acht Mannschaften zu Hause geblieben, in der Zweiten Liga sind Regensburg und Greuther Fürth die einzigen Campverweigerer. Die Frage liegt nahe: Wie notwendig ist so ein Wintertrainingslager überhaupt?

„Das ergibt aus zwei Gründen Sinn“, sagt St. Paulis Fitnesscoach Lay, „zum einen werden die Spieler optimal auf die Rückrunde vorbereitet; zum anderen ist es eine super Möglichkeit, sich noch besser kennenzulernen und gemeinsam Spaß zu haben.“ Zur kalten Jahreszeit gebe es in Hamburg eben keine idealen Bedingungen. „In Spanien hingegen scheint die Sonne, es herrschen angenehme Temperaturen und der Rasen ist in einem besseren Zustand“, erklärt der 27-Jährige. Zumindest im Normalfall. Vor dem vergleichsweise eisigen Sonntagmorgen bewegten sich die Temperaturen in Andalusien um die 20 Grad Celsius.

Derzeit trainieren neben dem Kiezclub 13 weitere Zweitligateams auf der iberischen Halbinsel. Der Spanien-Boom hat sich parallel zur sicherheitspolitischen Krise in der Türkei entwickelt. Noch bis vor zwei Jahren absolvierte St. Pauli viermal in Folge seine Vorbereitung in der südtürkischen Trainingslager-Hochburg Belek. Das war einmal.

Der entscheidende Faktor, wie lange und ob überhaupt ein Wintercamp stattfindet, ist der Zeitpunkt des Rückrundenbeginns. Die Erstligisten starten im Gegensatz zum Unterhaus schon am 12. Januar in die zweite Saisonhälfte. Die erste Jahrespartie des Kiezclubs ist fast zwei Wochen später am 25. Januar (20.30 Uhr) bei Dynamo Dresden angesetzt. Schuld an dem straffen Zeitplan der Ersten Liga ist die Weltmeisterschaft im Juni in Russland.

Übrigens: Auch St. Paulis kommender Gegner weilt in Spanien. Das Team von Dynamo Dresden trainierte während des Testspiels zwischen dem Kiezclub und dem VfL Wolfsburg (1:3) am Freitagnachmittag auf einem der Nachbarplätze des Marbella Football Centers.

Fakt ist: Nicht nur das Klima grenzt die Sommer- und die Wintervorbereitung von­einander ab. „Es ist ein Unterschied, ob die Spieler in der Sommerpause vier bis sechs Wochen keine fußballspezifische Belastung hatten oder im Winter nur zwei Wochen“, sagt Lay. Der gebürtige Bonner hatte den Spielern für den Weihnachtsurlaub einen Fitnessplan mitgegeben. „Es war mir wichtig, dass sie in einem guten Zustand zum Trainings­lager anreisen. Jetzt geht es um die Feinarbeit“, erklärt er. Das bedeutet: Die verloren gegangene Kraft wird wieder aufgebaut und die Ausdauer gesteigert.

Seit 2015 macht Valentin Lay die Spieler bei St. Pauli fit. Bis vor einem Jahr hieß der studierte Sportwissenschaftler noch Lange mit Familiennamen. Mit der Heirat seiner Freundin Giulia hat er ihn abgelegt. „Sie wollte gerne ihren Nachnamen behalten. Mir war das nicht so wichtig“, erzählt Lay. Viel Freizeit mit seiner Frau und Mischlingshund Malu, den das Paar aus dem Hamburger Tierheim gerettet hat, bleibt ihm neben dem Job kaum. „Auswärtsfahrten, Heimspiele und die Betreuung der verletzten Spieler nehmen viel Zeit in Anspruch.“

Bereits am Sonnabend hatte die Mannschaft bis auf das morgendliche Auslaufen einen freien Tag – ungewöhnlich früh. „Die Spieler sind die hohen Belastungen noch nicht wieder gewöhnt, deswegen haben wir relativ am Anfang einen regenerativen Tag eingelegt“, erklärt Lay. Es sei normal, dass es in der Winterpause einen leichten Leistungsabfall geben würde. „Aber die Spieler haben ihre Hausaufgaben gemacht. In zwei bis drei Wochen kann man sie wieder auf ihr Ausgangsniveau bringen.“

Während der Nachmittagseinheit des Teams am Sonntag trainiert Lay individuell mit dem länger verletzten Mats Möller Daehli. Für den Norweger stehen Steigerungsläufe auf dem Programm – in kurzen Hosen.