Hamburg. Nach dem 36:24-Sieg gegen Fredenbeck gehen die HSV-Handballer als Tabellenführer der Nordstaffel in die Winterpause

Es war einmal vor gar nicht langer Zeit, da spielten zwei Handball-Bundesligisten in Frankfurt in einem Fußballstadion gegeneinander. Am 6. September 2014 ist das gewesen, und die Vereine, die da antraten, das waren die – später siegreichen – Rhein-Neckar Löwen – und der HSV Hamburg. 44.189 Zuschauer waren in die Arena gekommen, Besucher-Weltrekord für ein Handballspiel.

Nun wirft der HSV Hamburg nicht mehr in der Bundesliga mit, sondern zwei Klassen tiefer. Man hat am zweiten Weihnachtstag auch nicht etwa im Volksparkstadion gespielt, sondern in der Barclaycard Arena. Aber womöglich müssen sich die Clubverantwortlichen in naher Zukunft nach einer anderen, einer größeren Spielstätte umsehen. Wenn man schon seinen eigenen Weltrekord für ein Drittligaspiel von 8555 Fans aus dem vergangenen Jahr auf jetzt 9964 verbessern konnte in der Arena, in die rund 13.800 Zuschauern passen, wie wird das erst werden, wenn dem Club tatsächlich die Rückkehr in die Bundesliga gelingen sollte?

„Unfassbar, das ist ein unglaubliches Gefühl. Das ist ein Statement für den Sport“, betonte Vizepräsident Martin Schwalb angesichts des Zuspruchs und ergänzte: „Es zeigt, dass wir unseren Weg weitergehen müssen und wollen.“

Doch das Thema Bundesliga ist derzeit noch eine Vision, obwohl die Hamburger dem Ziel, in die Zweite Bundesliga aufzusteigen, nach dem 36:24 (17:11) gegen den VfL Fredenbeck am Weihnachtsdienstag ein Stück nähergekommen sind . Es war der elfte Sieg im 14. Spiel für das Team von Trainer Torsten Jansen und brachte der Mannschaft den inoffiziellen Titel „Herbstmeister“ – was zwar nicht der kalendarischen Jahreszeit entspricht, angesichts des tristen Wetters zuletzt aber durchaus passt.

Dabei hatten die Gastgeber schon vor dem Spiel per Musikeinlage deutlich gemacht, dass man derzeit die Nummer eins ist. Sängerin Myra Maud intonierte sinnigerweise „Simply The Best“. Anschließend folgte „O du fröhliche.“ Beim Weihnachtsklassiker durfte und sollte das Publikum mitträllern. Ein Weltrekord im Chorsingen war allerdings nicht drin, dafür hätten dann doch einige Zehntausend mehr Menschen vor Ort sein müssen.

Jene, die wie Nationalspielerin Emily Bölk („Es hat mir sehr gut gefallen“) gekommen waren, sahen zwei Teams, die von der ungewohnten Kulisse von Beginn an offenbar null beeindruckt schienen. Nach zehn Minuten hieß es 5:5, Ballverluste und Abspielfehler waren auf beiden Seiten bis dahin kaum zu verzeichnen gewesen. „Man kann sich hinterher Gedanken darum machen, wie toll es war, vor dieser Kulisse zu spielen“, hatte Jansen – natürlich nur mit Blick auf sein Team – vor dem Anpfiff gesagt und betont: „Während der Partie muss man das ausblenden.“ Die Botschaft ist angekommen.

Nach gut 20 Minuten lag der HSV mit 11:8 vorn, sehenswerten Aktionen im Angriff war der eine oder andere schwache Wurf gefolgt. Torwart Justin Rundt wiederum trug mit einigen Paraden ebenso dazu bei, die Gäste auf Abstand zu halten. Bis zur Pause war der Vorsprung auf sechs Tore gewachsen. Im Handball muss das nicht viel heißen. Zumal Rundt nach gut 35 Minuten vom Feld humpelte und durch Jan Peveling ersetzt werden musste. Andererseits schaffte es Fredenbeck kurz darauf, binnen 15 Sekunden zwei Zeitstrafen zu kassieren und sich gut 20 Sekunden vor deren Ablauf eine dritte einzuhandeln. Bis der VfL wieder vollzählig war, hatten sich die Hamburger auf 25:16 abgesetzt. Als Kapitän Lukas Ossenkopp in der 46. Minute seinen fünften Siebenmeter zum 27:17 verwandelte, war die Partie entschieden. Gut fünf Minuten später war schließlich der große Moment gekommen, die Verkündung der Zuschauerzahl.

„Es ist gigantisch, vergangenes Jahr war schon riesig. Und gerade, was heute nach dem Spiel abgegangen ist, zeigt: Hamburg hat Bock auf Handball“, sagte der insgesamt siebenmal erfolgreiche Ossenkopp, um dann nachzuschieben, dass er das, was zuvor passiert sei, eigentlich gar nicht in Worte fassen zu können. Rückraumspieler Leif Tissier, für den es eine Premiere war, wirkte derweil ausgesprochen gelassen. „Die Kulisse ist natürlich beeindruckend. Aber es geht auch hier nur um zwei Punkte.“

Im ersten Heimspiel im neuen Jahr trifft der HSV auf die HG Barmbek. Dann in der Alsterdorfer Sporthalle. Es werden wohl so um die 3000 Zuschauer kommen, Drittliga-Alltag für das aufstrebende Jansen-Team. Und sollte am Ende der Saison der Aufstieg stehen, dürfte der Weltrekord für ein Zweitligaspiel im kommenden Jahr kein Problem sein. Die Zahl von 8308 Fans, die am Pfingstmontag 2016 zu der Partie des HC Erlangen gegen TUSEM Essen pilgerten, ist jetzt schon deutlich überboten.