Hamburg. Der Hamburger Schwergewichtler boxt Freitagabend in Wilhelmsburg gegen Miljan Rovcanin. Wenn er gewinnt, steht 2018 ein EM-Kampf an

Zwei Tage vor dem Fest der Liebe noch einmal zwölf Runden fes­te Hiebe? Alexander Dimitrenko hat gegen sein vorweihnachtliches Programm nichts einzuwenden. Dass er an diesem Freitag (22.50 Uhr) auf der Boxgala des Hamburger EC-Profistalls in der edel-optics.de-Arena im Wilhelmsburger Inselpark zum Hauptkampf gegen den Serben Miljan Rovcanin (24) antritt, eröffnet dem 35 Jahre alten Schwergewichtler immerhin die Aussicht auf entspannte Feiertage. Als tiefgläubiger Mensch nimmt der auf der Krim geborene Ukrainer, der seit 2010 deutscher Staatsbürger ist, sowohl das westeuropäische (24. bis 26. Dezember) als auch das orthodoxe Weihnachtsfest (6./7. Januar) sehr ernst. Sich über die Feiertage nicht in einem Gym auf einen Kampf vorbereiten zu müssen, ist für ihn deshalb ein Segen.

Außerdem wird es höchste Zeit für den früheren Europameister, sich wieder im Ring zu präsentieren. Die Karriere des als Riesentalent vor 16 Jahren zum Hamburger Universum-Stall gewechselten Toptechnikers stand ja schon vor dem Aus, nachdem er im Oktober 2016 gegen den Neuseeländer Joseph Parker durch K. o. in Runde drei unterlegen war. Parker wurde wenige Monate später WBO-Weltmeister. Dimitrenko, der seit der Universum-Insolvenz 2012 versuchte, sich in Alleinregie durchzuschlagen, stand vor den Trümmern seiner Karriere.

Wäre Erol Ceylan nicht gewesen, der Chef des EC-Stalls, dann hätte Dimitrenko damals wohl aufgegeben. „Es ist sehr hart, wenn man sich nicht voll auf den Sport konzentrieren kann und niemanden hat, der für einen kämpft“, sagt Dimitrenko. Ceylans Angebot, sich gegen seinen schwedischen Star Adrian Granat zu beweisen, nahm der Wandsbeker deshalb als letzte Chance an. Im März knockte er Granat in Malmö in der ersten Runde aus. „Ich war totaler Außenseiter und habe mich durch­geboxt. Dieser Kampf hat mich bestärkt in meinen Hoffnungen. Er war ein Zeichen, noch nicht aufzuhören“, sagt er.

Dennoch hat es Alexander Dimi­trenko, dem viele Insider das notwendige Kämpferherz absprechen, das ein Weltmeister braucht, versäumt, sich nach dem Sieg über Granat im Blickfeld zu halten. Lange konnte er sich, auch aufgrund überzogener Börsenforderungen, nicht mit Ceylan über eine weitere Zusammenarbeit einigen. „Wir hatten verschiedene Meinungen“, sagt er, „aber wir haben uns wie erwachsene Männer ausgesprochen und arbeiten jetzt zusammen. Ich bin froh und dankbar, dass ich nun einen Promoter habe, der bewiesen hat, dass es ihm nicht nur ums Geld geht, sondern um den Sport und die Sportler. Das ist eine Erleichterung.“

Für seine Zukunft nach dem Boxen hat Dimitrenko vorgesorgt. Sein Jurastudium will er beenden. Für den Verband Protactics, der durch ein Netz aus Psychologen, Sozialarbeitern, Seelsorgern und Polizisten Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien fördert, leitet er den gesamten Sportbereich. Im Nordisch Fight Club des Hamburger Profiwrestlers Karsten Kretschmer gibt er Training. Und für seine Kirche ist er in ganz Deutschland unterwegs, um Vorträge über sein Leben zu halten.

Dennoch steht das Boxen für ihn wieder im Mittelpunkt. Vom Europa­verband EBU wurde Dimitrenko, der seinen früheren Universum-Kollegen Pavel Melkomian als Cheftrainer engagiert hat und sein Athletiktraining mit Ibo Günes absolviert, als Pflichtherausforderer für EM-Titelträger Agit Kabayel (25/Bochum) benannt. Ein Sieg am Freitag gegen Rovcanin, mit 18 Siegen aus 18 Kämpfen kein klassischer Aufbaugegner, würde den Weg zu einem Titelkampf im Frühjahr 2018 ebnen. Und liefe auch dort alles glatt, wäre ein WM-Kampf greifbar. „Ich verdiene im Moment nicht viel Geld, aber ich weiß, dass irgendwann die WM-Chance kommt. Das motiviert mich zum Weitermachen“, sagt Dimitrenko. Deshalb will er es zwei Tage vor der Stillen Nacht noch einmal richtig krachen lassen.