Eine Weltkarriere ging 2017 zu Ende. Wladimir Klitschko eroberte von Hamburg aus das Box-Universum. Doch es gab auch Rückschläge.

Er hat in seinen 41 Lebensjahren mehr Titel und Preise gesammelt, als in eine Regalwand passen würden. Dennoch war der 16. November ein besonderer Tag für Wladimir Klitschko. Bei der Verleihung der Bambi-Awards im Berliner Stage Theater wurde der langjährige Schwergewichts-Boxweltmeister mit dem Ehrenpreis in der Kategorie Sport ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Joachim Löw. „Für einen Boxweltmeister besteht das Leben nur aus Finalkämpfen. Davor habe ich allergrößten Respekt. Du bist eine inspirierende Persönlichkeit für uns alle“, sagte der Fußball-Bundestrainer.

Wladimir Klitschko bei Youtube

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„Solche Worte von einem Vorbild, das Herr Löw nicht nur für mich, sondern für sehr viele Menschen in Deutschland und der Welt ist, zu hören, das hat mich sehr berührt“, sagte der Ukrainer, der seine Karriere Anfang August dieses Jahres nach 69 Profikämpfen mit 64 Siegen beendet hatte.

Das Box-Drama im letzten Kampf

Ende April hatte er für einen der Gänsehautmomente des Sportjahres gesorgt, als er im Londoner Wembleystadion vor 90.000 Fans von seinem würdigen Nachfolger, dem Briten Anthony Joshua (28), durch technischen K.o. in Runde elf bezwungen wurde. Die Art und Weise, wie er sich von schweren Niederschlägen erholte, Joshua selbst einmal zu Boden schlug und letztlich erhobenen Hauptes den Ring verließ, hatte viele Millionen Fans fasziniert.

Einer davon war Löw, der sagte: „Wladimir ist als Gewinner gegangen, obwohl er den Kampf verloren hatte.“ Und genau diese Einstellung, den richtigen Moment dafür zu finden, den Schlussstrich unter eine Weltkarriere zu ziehen, obwohl ihm ein Rückkampf mit Joshua 20 Millionen Euro hätte einbringen können, machte Klitschko, der mit der US-Schauspielerin Hayden Panettiere eine dreijährige Tochter hat, endgültig zu einem der größten Sportler, die die Welt jemals erlebte.

Zwei Niederlagen beendeten fast die Karriere

Klitschko und sein Bruder Vitali (46), einst selbst Schwergewichtschampion und heute Bürgermeister von Kiew, waren nach Wladimirs Olympiasieg von 1996 nach Hamburg gekommen, um beim Universum-Stall von Klaus-Peter Kohl Profi zu werden. Im Oktober 2000 wurde der promovierte Sportwissenschaftler gegen Chris Byrd (USA) zum ersten Mal Weltmeister, verteidigte den WBO-Titel sechsmal erfolgreich, ehe er im März 2003 gegen den Südafrikaner Corrie Sanders schwer k.o. ging.

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Ein Jahr später vergab er gegen den US-Amerikaner Lamon Brewster die Chance, den Titel zurückzuholen, unter mysteriösen Umständen, als er in Führung liegend nach vier Runden körperlich zusammenbrach und anschließend den Vorwurf erhob, ihm seien heimlich K.-o.-Tropfen verabreicht worden.

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Es folgten harte Jahre des Neubeginns, in denen nicht nur Bruder Vitali zum Karriereende riet. Doch der Wahl-Hamburger blieb standhaft – und wurde im April 2006 mit seinem zweiten Sieg über Chris Byrd wieder Weltmeister, diesmal beim Verband IBF. Im Februar 2008 kam durch einen Punktsieg gegen den Russen Sultan Ibragimow der WBO-Gürtel dazu, im Juli 2011 besiegte er in Hamburg den britischen WBA-Champion David Haye und war fortan Dreifachweltmeister. Ein Status, den er bis zum November 2015 hielt – dann kam der Brite Tyson Fury und beendete die elfeinhalb Jahre währende Siegesserie in Düsseldorf, als er die Sportwelt mit seinem Punktsieg schockte.

Wladimir Klitschko machte Stadien zur Boxarena

Acht seiner 29 WM-Kämpfe bestritt Klitschko in Fußballarenen, erstmals 2009 in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen, danach in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Bern und zum Abschluss in London. „Diese Stadionkämpfe sind etwas ganz Besonderes, weil sie eine unvergleichliche Atmosphäre haben“, sagte er. Natürlich werden sie ihm fehlen, diese Bühnen; und fraglos hat sein Abgang eine große Lücke ins Profiboxen gerissen. Das Schwergewicht mag von der neuen Spannung profitieren, aber in Deutschland ist mittelfristig niemand zu sehen, der in die Fußstapfen des Superstars treten kann.

Die größten Kämpfe von Wladimir Klitschko

69 Kämpfe, 64 Siege. Von Oktober 2000 bis März 2003 und dann noch einmal von April 2006 bis November 2015 Weltmeister im Schwergewicht. Die Profikarriere von Wladimir Klitschko (41), die nach dem Olympiasieg 1996 in Atlanta begann, hatte viele Höhe- und einige Tiefpunkte. Eine kurze Zeitreise durch 21 Jahre Boxgeschichte.
69 Kämpfe, 64 Siege. Von Oktober 2000 bis März 2003 und dann noch einmal von April 2006 bis November 2015 Weltmeister im Schwergewicht. Die Profikarriere von Wladimir Klitschko (41), die nach dem Olympiasieg 1996 in Atlanta begann, hatte viele Höhe- und einige Tiefpunkte. Eine kurze Zeitreise durch 21 Jahre Boxgeschichte. © imago/Eibner
16. November 1996: In der Sporthalle Wandsbek bestreitet Klitschko gegen Fabian Meza sein Profidebüt. Nach 95 Sekunden ist der Mexikaner k.o. und der Einstieg geschafft.
16. November 1996: In der Sporthalle Wandsbek bestreitet Klitschko gegen Fabian Meza sein Profidebüt. Nach 95 Sekunden ist der Mexikaner k.o. und der Einstieg geschafft. © Witters/WilfriedWitters
5. Dezember 1998: Nach 24 Siegen in Folge der Schock. Klitschko verliert in Kiew gegen den US-Amerikaner Ross Puritty durch Aufgabe in Runde elf, weil er sich vor heimischem Publikum völlig überanstrengt hat.
5. Dezember 1998: Nach 24 Siegen in Folge der Schock. Klitschko verliert in Kiew gegen den US-Amerikaner Ross Puritty durch Aufgabe in Runde elf, weil er sich vor heimischem Publikum völlig überanstrengt hat. © imago/Uwe Kraft
25. September 1999: Der erste große Titel. In der Köln-Arena besiegt Klitschko den deutschen Star Axel Schulz durch technischen K.o. in Runde acht und ist Europameister. Beim Walk-in wird der Außenseiter ausgebuht, nach dem Kampf lautstark gefeiert.
25. September 1999: Der erste große Titel. In der Köln-Arena besiegt Klitschko den deutschen Star Axel Schulz durch technischen K.o. in Runde acht und ist Europameister. Beim Walk-in wird der Außenseiter ausgebuht, nach dem Kampf lautstark gefeiert. © imago/Uwe Kraft
14. Oktober 2000: Die Rache des Bruders gelingt. Klitschko schafft in Köln einen Punktsieg gegen den US-Amerikaner Chris Byrd, der ein halbes Jahr zuvor seinem Bruder Vitali den WBO-WM-Titel entrissen hatte, und ist zum ersten Mal Weltmeister.
14. Oktober 2000: Die Rache des Bruders gelingt. Klitschko schafft in Köln einen Punktsieg gegen den US-Amerikaner Chris Byrd, der ein halbes Jahr zuvor seinem Bruder Vitali den WBO-WM-Titel entrissen hatte, und ist zum ersten Mal Weltmeister. © imago/Uwe Kraft
8. März 2003: Nach fünf erfolgreichen Titelverteidigungen verliert Klitschko in Hannover völlig überraschend gegen den Südafrikaner Corrie Sanders. Nach vier Niederschlägen und nicht einmal dreieinhalb Minuten Kampfdauer ist er seinen WM-Titel los. Ein Jahr später gelingt Bruder Vitali Klitschko die Revanche gegen Sanders
8. März 2003: Nach fünf erfolgreichen Titelverteidigungen verliert Klitschko in Hannover völlig überraschend gegen den Südafrikaner Corrie Sanders. Nach vier Niederschlägen und nicht einmal dreieinhalb Minuten Kampfdauer ist er seinen WM-Titel los. Ein Jahr später gelingt Bruder Vitali Klitschko die Revanche gegen Sanders © imago/Moritz Müller
10. April 2004: Die geplante Rückkehr auf den Thron wird zur schlimmsten Niederlage seiner Karriere. In Las Vegas muss ein völlig ausgepumpter Klitschko im Duell um den vakanten WBO-Titel gegen Lamon Brewster (USA) nach Runde fünf aufgeben. Bis heute sind die Umstände, die zum totalen Zusammenbruch führten, ungeklärt.
10. April 2004: Die geplante Rückkehr auf den Thron wird zur schlimmsten Niederlage seiner Karriere. In Las Vegas muss ein völlig ausgepumpter Klitschko im Duell um den vakanten WBO-Titel gegen Lamon Brewster (USA) nach Runde fünf aufgeben. Bis heute sind die Umstände, die zum totalen Zusammenbruch führten, ungeklärt. © imago/T-F-Foto
24. September 2005: Der Tag, der den Wendepunkt in Klitschkos Karriere markiert. In Atlantic City muss der Ukrainer gegen Samuel Peter (USA) zwar viermal zu Boden, siegt jedoch nach Punkten und erkämpft sich dadurch einen neue WM-Chance.
24. September 2005: Der Tag, der den Wendepunkt in Klitschkos Karriere markiert. In Atlantic City muss der Ukrainer gegen Samuel Peter (USA) zwar viermal zu Boden, siegt jedoch nach Punkten und erkämpft sich dadurch einen neue WM-Chance. © picture-alliance/ dpa/dpaweb
22. April 2006: In Mannheim besiegt Klitschko Chris Byrd, der damals den IBF-Titel hielt, erneut. Der technische K.-o.-Sieg in Runde sieben wird zur triumphalen Rückkehr an die Spitze.
22. April 2006: In Mannheim besiegt Klitschko Chris Byrd, der damals den IBF-Titel hielt, erneut. Der technische K.-o.-Sieg in Runde sieben wird zur triumphalen Rückkehr an die Spitze. © imago/Contrast
23. Februar 2008: Zum ersten Titelvereinigungskampf reist Klitschko nach New York und holt sich in einem absolut langweiligen Duell mit dem Russen Sultan Ibragimow den WBO-Titel zurück.
23. Februar 2008: Zum ersten Titelvereinigungskampf reist Klitschko nach New York und holt sich in einem absolut langweiligen Duell mit dem Russen Sultan Ibragimow den WBO-Titel zurück. © imago/UPI Photo
20. Juni 2009: Zum ersten Mal in sei-ner Karriere bestreitet Klitschko ei-nen Kampf im Fußballstadion. 61.000 Fans in der Arena auf Schalke sehen den Abbruchsieg gegen den Usbeken Ruslan Chagaev vom Hamburger Universum-Stall.
20. Juni 2009: Zum ersten Mal in sei-ner Karriere bestreitet Klitschko ei-nen Kampf im Fußballstadion. 61.000 Fans in der Arena auf Schalke sehen den Abbruchsieg gegen den Usbeken Ruslan Chagaev vom Hamburger Universum-Stall. © imago/Marianne Müller
2. Juli 2011: Der als „Megakampf“ an-gekündigte Showdown mit WBA-Superchampion David Haye (England) gerät im Hamburger Volksparkstadion zur Farce. Haye läuft ab Runde vier nur vor Klitschko davon und erklärt nach seiner Punktniederlage, der Bruch seines kleinen Zehs habe ihn sehr behindert.
2. Juli 2011: Der als „Megakampf“ an-gekündigte Showdown mit WBA-Superchampion David Haye (England) gerät im Hamburger Volksparkstadion zur Farce. Haye läuft ab Runde vier nur vor Klitschko davon und erklärt nach seiner Punktniederlage, der Bruch seines kleinen Zehs habe ihn sehr behindert. © imago/Sven Simon
28. November 2015: Mehr als elf Jahre hatte Klitschko nicht verloren, dann kam Tyson Fury. Der Brite entnervt den Dreifachchampion in Düsseldorf mit seinem unorthodoxen Kampfstil und gewinnt etwas zu hoch, aber verdient nach Punkten. Das mehrfach angesetzte Rematch kommt wegen Furys psychischer Erkrankungen nicht zustande.
28. November 2015: Mehr als elf Jahre hatte Klitschko nicht verloren, dann kam Tyson Fury. Der Brite entnervt den Dreifachchampion in Düsseldorf mit seinem unorthodoxen Kampfstil und gewinnt etwas zu hoch, aber verdient nach Punkten. Das mehrfach angesetzte Rematch kommt wegen Furys psychischer Erkrankungen nicht zustande. © imago/Norbert Schmidt
29. April 2017: Das Beste zum Schluss. In einem unglaublich intensiven Duell wird Klitschko vor 90.000 begeisterten Fans im Londoner Wembleystadion von IBF-Weltmeister Anthony Joshua (England) in Runde elf ausgeknockt. In Runde fünf stand er nach einem schweren Niederschlag bereits vor dem K.o., hatte dann aber seinerseits Joshua in Runde sechs am Boden.
29. April 2017: Das Beste zum Schluss. In einem unglaublich intensiven Duell wird Klitschko vor 90.000 begeisterten Fans im Londoner Wembleystadion von IBF-Weltmeister Anthony Joshua (England) in Runde elf ausgeknockt. In Runde fünf stand er nach einem schweren Niederschlag bereits vor dem K.o., hatte dann aber seinerseits Joshua in Runde sechs am Boden. © imago/PanoramiC
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Für seine persönliche Zukunft hat Wladimir Klitschko vorgesorgt, er hat den Weg in die nächste Karriere als Unternehmer über Jahre geebnet. An der Elite-Universität in St. Gallen leitet er den Studiengang „Change und Challenge Management“, doziert dort über seine Erfahrungen im Sport. Mit seiner in Hamburg ansässigen Klitschko Management Group will er die Digitalisierung des Mittelstands vorantreiben. Er schreibt Bücher, entwirft Sportschuhe und engagiert sich mit der Klitschko Foundation in diversen sozialen Projekten. Und auch Boxkämpfe will er trotz aller zeitlicher Einschränkungen weiterhin besuchen. Aber nur noch als Zuschauer.