Hamburg. Der frühere Clubchef tritt am 18. Februar gegen Amtsinhaber Jens Meier zur Wahl als Präsident des e.V. an. Es wird eine Richtungsentscheidung

Am vergangenen Wochenende gönnte sich Bernd Hoffmann einen richtig schönen HSV-Fußballabend. Zehn Tore, einen herrlichen Sieg und Fußball satt konnte der frühere HSV-Vorstandsvorsitzende am späten Sonnabend bejubeln. Verantwortlich für den perfekten Fußballabend waren aber nicht die dilettierenden Bundesligaprofis des HSV, sondern die Futsal-Kicker der HSV Panthers. 9:1 gewannen die Hobbysportler gegen Eintracht Braunschweig in der Sporthalle Wandsbek – doch das große Gesprächsthema an dem Abend war weniger der spektakuläre Kantersieg auf dem Parkett als eher der prominente Zuschauer daneben.

Bernd Hoffmann ist wieder da. Am Sonnabend beim Futsal, am Adventssonntag beim Hallenmeeting des HSV in der Leichtathletikhalle, am 4. Dezember bei der Senioren-Weihnachtsfeier im Elysée und bei so ziemlich jeder anderen HSV-Veranstaltung, die zuletzt auf dem Programm stand. Der seit Wochen spekulierte und nach Abendblatt-Informationen nun feststehende Grund: Der frühere Vorstandsvorsitzende will neuer HSV-Präsident werden.

Auf Abendblatt-Nachfrage wollte Hoffmann seine Entscheidung zwar noch nicht kommentieren, allerdings wird der 54 Jahre alte Wahl-Eppendorfer dies bis spätestens zum 13. Januar nachholen. An diesem Tag, fünf Wochen vor der Mitgliederversammlung am 18. Februar, läuft die Bewerbungsfrist für das Präsidentenamt ab. Letzte Hürde wäre dann noch die Zustimmung des Beirats, der theoretisch noch zwei Wochen Zeit hätte, sein Veto gegen die Hoffmann-Bewerbung einzulegen. Praktisch ist ein derartiger Vorgang
allerdings kaum vorstellbar.

Hoffmann will auch Chef des AG-Aufsichtsrats werden

Somit haben die HSV-Mitglieder die Wahl: nach sieben Jahren HSV-Abstinenz ein Comeback Hoffmanns oder die Wiederwahl Jens Meiers. Der bisherige Amtsinhaber, der seit 2014 Präsident des e.V. ist, hatte am Dienstag einen Termin im Rathaus: Pressekonferenz zur Elbvertiefung. Während der Hafenchef zu Hamburgs Großprojekt jede Menge zu sagen hatte, hielt sich Meier in Bezug auf seinen neuen Konkurrenten und das HSV-Großprojekt vornehm zurück. Dabei ist das Duell Meier gegen Hoffmann mehr als nur ein Zweikampf. Sowohl Verteidiger als auch Herausforderer würde es nur im Paket geben. Und während das Paket Meier mit Vizepräsident Henning Kinkhorst und Schatzmeister Ralph Hartmann feststeht, macht Hoffmann um die Besetzung seines Präsidiums noch ein Geheimnis.

Mindestens genauso nebulös bleibt darüber hinaus die Besetzung des kommenden Aufsichtsrats, für den der am 18. Februar neu gewählte Präsident automatisch nominiert ist. Dabei hatte Jens Meier nach langer Suche und vielen Absagen seine Wunschbesetzung für das neue Kontrollgremium gerade erst verkündet. Demnach sollen neben ihm selbst erneut auch Noch-Chef Andreas Peters und Felix Goedhart sowie die „Neuzugänge“ Marcell Jansen, der bisherige KPMG-Vorstand Michael Krall und Max-Arnold Köttgen (Vorstandsmitglied beim Recycling-Unternehmen Remondis) auf der noch nicht terminierten Hauptversammlung im ersten Quartal 2018 bestätigt werden. Der Hintergrund: Auf der Hauptversammlung, die ursprünglich an diesem Montag hätte stattfinden sollen, hat der e.V. mit dem Präsidenten als Mehrheitsaktionär die alleinige Entscheidungsgewalt.

So weit, so gut, so überholt. Denn klar ist, dass Hoffmann im Falle einer Wahl zum Präsidenten auch den Vorsitz des Aufsichtsrats für sich beanspruchen würde, um dann, mit aller Macht ausgestattet, die seit Jahren in Schieflage befindliche HSV AG komplett auf links zu drehen. Und spätestens an dieser Stelle wird es kompliziert: Denn noch steht gar nicht fest, wann die Hauptversammlung und die Wahl des kommenden Aufsichtsrats stattfinden soll.

Szenario eins: Die Hauptversammlung wird auf die Zeit nach der Mitgliederversammlung verlegt, damit der zukünftige HSV-Präsident bei der Zusammensetzung des künftigen Kontroll- gremiums das letzte Wort hat. Sollte Meier gewählt werden, bleibt alles beim Alten. Sollte aber Hoffmann gewählt werden, könnte und würde sich dieser einen eigenen Aufsichtsrat zusammenstellen. Szenario zwei: Meier drückt auf die Tube und setzt seinen Wunsch-Aufsichtsrat noch vor der Mitgliederversammlung durch. In diesem Fall soll Hoffmann bei einer Wahl zum Präsidenten in Erwägung ziehen, das Kon­trollgremium um drei Mitglieder aufzustocken, um nicht von einem „Meier-Rat“ blockiert zu werden.

Was nach – im wahrsten Sinne des Wortes – Vereinsmeierei klingt, ist in Wahrheit nicht mehr und nicht weniger als die größte Richtungsentscheidung des HSV seit der Ausgliederung 2014. Auf der einen Seite Jens Meier, dem man als e.V.-Präsident eine gute Arbeit attestiert, der aber gleichzeitig als AG-Aufsichtsrat das HSV-Finanzdebakel der vergangenen Jahre mitzuverantworten hat. Auf der anderen Seite Bernd Hoffmann, der den HSV als Vorstandschef unter die Top 20 Europas geführt hatte, dabei aber so sehr polarisierte wie kein anderer zuvor. Hier Meier, der vor allem den e.V. im Blick hat und keine gravierenden Änderungen bei den Bundesligaprofis plant. Dort Hoffmann, der die Doppelfunktion als Präsident und Aufsichtsratschef nutzen wollen würde, um die HSV Fußball AG rundzuerneuern. Dabei ist die ganze Geschichte am Ende denkbar einfach: Die HSV-Mitglieder haben die Qual der Wahl.

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