Hamburg. Trotz der 1:0-Führung durch Papadopoulos verloren die Hamburger noch mit 1:2gegen Eintracht Frankfurt – schlimme Abwehrfehler

Am Ende eines langen Dezemberabends wurde es im ziemlich leeren Volksparkstadion noch einmal richtig laut: Mit wütenden „Niemals Zweite Liga, niemals!“ feuerten die wenigen HSV-Anhänger ihre Mannschaft noch einmal nach vorne, ehe Hamburgs einstiger Lieblings-Relegationsschiedsrichter Manuel Gräfe dann doch die 1:2-Heimniederlage besiegelte. Oh, du Schreckliche so kurz vor Weihnachten.

Die Zuschauer, die trotz Schneeregen, Rushhour und gesperrten Parkplätzen gekommen waren, dürften zumindest aus Unterhaltungsgründen ihren Besuch im Volkspark allerdings nicht bereut haben. Gerade einmal 40.983 Zuschauer – darunter auch die ehemaligen HSV-Trainer Thomas Doll und Mirko Slomka – zählten die HSV-Verantwortlichen. So wenige Fans und Ex-Trainer waren schon seit 13 Jahren nicht mehr in die HSV-Arena gepilgert. Damals, am 27. Oktober 2004, verirrten sich im 57.000-Mann-Stadion 37.967 Anhänger, die einen berauschenden 4:0-Sieg gegen den SC Freiburg bejubeln durften.

Durchaus spektakulär startete auch der Dienstagabend. Nicht einmal fünf Minuten mussten die Besucher warten, ehe Kyriakos „Papa“ Papadopoulos höchstpersönlich für den ersten Jubel sorgte. Kleiner Schönheitsfehler: Weil der Ball bei Filip Kostics Hereingabe bereits die Auslinie überquert hatte, entschied Gräfe zu Recht auf Abstoß statt Anstoß. Es sollte allerdings nicht einmal vier weitere Minuten dauern, ehe Papadopoulos dann doch für klare Jubelverhältnisse sorgte. Ecke Aaron Hunt, Kopfball Papadopoulos, Tor – und diesmal auch ganz in echt.

Die HSV-Abwehr präsentierte sich in Hälfte eins vogelwild

Wer nach drei Partien in Folge ohne Gegentor und unzähligen Lobhudeleien auf die angeblich neue HSV-Stabilität nun dachte, dass ein aus Hamburger Sicht vorweihtnachtlicher Festtag bevorstünde, der sollte sich gewaltig irren.

Erst kam Walace im eigenen Strafraum einen Schritt zu spät, dann zog Frankfurts Marius Wolf einfach mal ab und schließlich wurde der zuletzt kaum geprüfte HSV-Torhüter Christian Mathenia auch noch auf dem falschen Fuß erwischt. „Den darf man halten“, sagte Thomas Doll, der mit dieser Meinung sicherlich nicht alleine gewesen sein dürfte. So stand es nach gerade mal 15 Minuten bereits 1:1, nachdem zuletzt in 180 Minuten gar keine Tore gefallen waren.

Hamburgs erstes Gegentor seit 23 Tagen war aber nur der Anfang – eine Art Büchsenöffner des Grauens. Denn nicht einmal neun Minuten später musste Mathenia bereits erneut hinter sich greifen. Diesmal waren es Wolf, Timothy Chandler und schließlich Mijat Gacinovic, die Hamburgs zuletzt so sattelfeste Hintermannschaft austanzten und für Frankfurts Tor zum 1:2 sorgten.

Was nun folgte, hatte man in der Festung Volkspark a.D. in dieser Form schon lange nicht mehr gesehen. Hamburgs Defensive war fortan vogelwild, ließ so genannte Hundertprozentige im Minutentakt durch. Alleine Luka Jovic hatte in nur sechs Minuten (26./29./32.) dreimal die Chance, für die Vorentscheidung zugunsten der Frankfurter sorgen.

So gab es aus Hamburger Sicht nach 45 außergewöhnlichen Minuten lediglich zwei gute Nachrichten: dass der HSV „nur“ mit einem Tor hinten lag – und dass Trainer Markus Gisdol den völlig überforderten Walace bereits nach 36 Minuten erlöst und durch Albin Ekdal ersetzt hatte. Dolls unverbesserlich optimistisches Halbzeitfazit bei Sky: „Bei dem Publikum ist noch alles möglich.“

Um es kurz zu machen: Doll hatte recht – zumindest in der Theorie. Denn wenn hinten mal pfui, dann eben vorne hui. Tatsächlich kamen die im ersten Durchgang taumelnden Hamburger wie verwandelt aus der Kabine. Ein Volleyschuss von Fiete Arp (49.), ein Abseitstor vom historischen Nicht-Torschützen Dennis Diekmier (54.) und ein Chancenfeuerwerk durch Papadopoulos (57.), Ekdal (59.), Waldschmidt (60.) und erneut Ekdal (68.) verwandelten den spärlich besuchten und frostigen Volkspark innerhalb von wenigen Minuten in einen echten Hexenkessel.

Ganz praktisch sollte Dolls heraufbeschworener Hexenkessel am Ende allerdings nicht reichen. Und noch schlimmer: Durch Freiburgs zeitgleichen Überraschungssieg gegen Gladbach rutschte der HSV sogar auf den Relegationsplatz ab, kann an diesem Mittwoch sogar noch von Werder Bremen überholt werden. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten…