Lausanne/Essen. In Lausanne urteilt das Internationale Olympische Komitee an diesem Dienstag über Russlands Staatsdoping

Für den heutigen Dienstag um 19.30 Uhr hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) zu einer Pressekonferenz geladen. Thomas Bach, der IOC-Präsident aus Deutschland, wird im Palais de Beaulieu in Lausanne mitteilen, ob Russland an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) teilnehmen darf. Eine sporthistorische Entscheidung.

Die 14 Mitglieder der IOC-Exekutive entscheiden dann über Sanktionen gegen Russland. Nachdem eine von der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) eingesetzte Kommission unter der Führung von Richard McLaren im Juli 2016 Russland systematisches Doping bescheinigt hatte, setzte das IOC eine Untersuchung unter Leitung des früheren Schweizer Bundesrates Samuel Schmid ein. Am Dienstag wird Schmid der Exekutive sein Ergebnis vortragen, ob es in Russland wirklich ein Staatsdoping gegeben hat. Bisher sind noch keine Details an die Öffentlichkeit gelangt.

Zu den möglichen Strafen gibt es vier Szenarien. Das erste ist ein Freispruch, der ausgeschlossen werden kann. Möglichkeit zwei: Russland wird komplett von den Winterspielen in Südkorea ausgeschlossen. Möglichkeit drei: ein Start des russischen Teams unter neutraler Flagge und ohne Hymne bei Siegerehrungen. Für diesen Fall hatten russische Funktionäre im November noch mit einem Boykott gedroht. Am Dienstag kam die Kehrtwende. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow schloss einen Boykott aus. Auch dadurch scheint ein Teil-Ausschluss die wahrscheinlichste Strafe zu sein. Möglichkeit vier: Eine hohe Geldstrafe – es wird über eine Summe von 100 Millionen Dollar spekuliert. Seit der Änderung der olympischen Charta beim IOC-Kongress im September 2017 ist eine solche Strafe gestattet, aber eher unwahrscheinlich.

Behörden, Polizei und Geheimdienst sollen am Dopingsystem beteiligt gewesen sein. Laut McLaren sollen in der Zeit von 2011 bis 2015 rund 1000 russische Sportler von dem System profitiert haben. Kronzeuge ist der russische „Whistleblower“ Grigori Rodschenkow. Der frühere Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors setzte sich am 17. November 2015 in die USA ab, nachdem er befürchtete, von den russischen Behörden als Einzeltäter angeprangert zu werden. Inzwischen ist er im FBI-Zeugenschutzprogramm. Rodschenkow offenbarte, wie bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi positive Urin-Proben russischer Sportler manipuliert worden sind.

Schon jetzt ließ das IOC durch eine Kommission, die unter der Leitung des Schweizer IOC-Mitglieds Denis Oswald steht, die Proben der russischen Sotschi-Starter überprüfen. Das IOC sperrte bislang 25 russische Sotschi-Teilnehmer lebenslang für alle Funktionen bei Olympischen Spielen. Diese Sportler gewannen in Sotschi vier Gold-, fünf Silber- und eine Bronzemedaille. Die bekanntesten gesperrten Russen sind die zweimaligen Olympiasieger, Biathletin Olga Saizewa und Bobpilot Alexander Zubkow.

In Deutschland erhofft man sich von dem Urteil eine Wirkung auch für die Zukunft. „Die lebenslangen Sperren gegen russische Athleten scheinen ein ermutigendes Signal zu sein“, sagt Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Die DOSB-Athletenkommission verlangt, dass „alle Teilnehmer – belegbar und transparent – unangekündigte Dopingkontrollen in Training und Wettkampf nachweisen können.“