Köln. Einen Tag nach dem 2:2 beim FC Schalke 04 beurlaubte der 1. FC Köln den Erfolgscoach – Wirbel um Beiersdorfer-Verhandlungen

Die Markenbotschaft des 1. FC Köln lautet: spürbar anders. In der ganzen Stadt klebt dieser Slogan an Litfaßsäulen, an Häuserwänden oder an Straßenbahnen. In den vergangenen Jahren hatte der Traditionsclub dieses Leitbild erfolgreich mit Leben gefüllt, weil er sich von einem Sorgenkind zu einem Musterschüler mauserte, weil er nach 25-jähriger Abstinenz erstmals wieder im Europapokal spielte und dafür nur einen Trainer brauchte, der so lange an der Außenlinie der Kölner stand wie keiner vor ihm: Peter Stöger.

Diese Ära ist nun vorbei. Nach 1636 Tagen muss der Österreicher gehen. Die Clubführung gab Sonntagmittag die Trennung bekannt. Auf einer Pressekonferenz erklärte Präsident Werner Spinner: „Bis zuletzt haben wir gehofft, dass wir es in der Konstellation mit Peter, seinem Team und der Mannschaft schaffen können. Leider ist diese Überzeugung jedoch trotz des positiven Resultats auf Schalke nicht mehr ausreichend vorhanden. Deshalb halten wir es in der aktuellen Situation für unabdingbar, auf der Trainerposition ein Zeichen zu setzen, auch wenn uns diese Entscheidung sehr schwerfällt und wehtut.“

Es war – vielleicht ist das ja auch dem Kölner Slogan geschuldet – eine spürbar andere Trennung.

Bereits am vergangenen Freitag wusste Stöger, dass die Partie bei Schalke 04, dem der abgeschlagene Tabellenletzte nach großem Kampf ein 2:2 abtrotzte, gleichzeitig auch sein Abschiedsspiel sein wird. „Am Freitag war klar, dass das Spiel auf Schalke unser letztes sein wird“, bekannte der Fußballlehrer am Sonntag.

Nach dem Abpfiff marschierte Stöger deshalb auch in die Fankurve, zog seine Mütze und verneigte sich vor den FC-Anhängern. Bereits auf der Rückfahrt von Gelsenkirchen nach Köln wanderte Stöger im Mannschaftsbus durch die Sitzreihen, um sich von jedem einzelnen Profi und sogar dem Busfahrer per Handschlag zu verabschieden.

Sonntagvormittag tauchte er noch am Trainingsgelände am Geißbockheim auf, um den Auflösungsvertrag zu unterschreiben. Stöger, dessen Vertrag bis 2020 lief, soll dem Vernehmen nach 750.000 Euro Abfindung erhalten.

Kölns Clubbosse gaben bekannt, dass Amateurtrainer Stefan Ruthenbeck und Ex-Profi Kevin Mc Kenna die Mannschaft, die mit drei Punkten aus 14 Spielen weit abgeschlagen Tabellenletzter ist, bis zur Winterpause übernehmen werden.

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer nicht für möglich gehaltenen Talfahrt eines Vereins, der vor vier Monaten noch so erfolgreich war wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Eines Clubs, dessen vorbildliche Arbeit allseits gelobt wurde.

Nun steht der 1. FC Köln vor einem Scherbenhaufen. Nach dem Abgang von Manager Jörg Schmadtke ist nun auch der Trainer weg. Irritierend bis verstörend sind die Begleitumstände.

Das Stöger-Aus sickerte bereits vor der Partie am Sonnabend gegen Schalke durch, weil Ruthenbeck am Vormittag in einer Ansprache an seine U-19-Mannschaft verriet, dass Stöger entlassen werde und er für ihn einspringen würde. Es ist eine kleine Panne, die allerdings zu dem bedenklichen Bild passt, das der FC in diesen Tagen abgibt.

Beim Werben um Manager Horst Heldt legten sich die Kölner mit Hannovers Clubchef Martin Kind an. Das führte dazu, dass der anvisierte Wechsel platzte. Daraufhin stritten sich die FC-Bosse mit Heldt um die Frage, wer wen zum ersten Mal kontaktiert habe.

Nun flog ein Treffen von Clubvertretern mit Hamburgs ehemaligem Manager Dietmar Beiersdorfer auf. Die Zusammenkunft, die eigentlich geheim bleiben sollte, fand mitten im Weihnachtstrubel in der Kölner Innenstadt in einem beliebten und hochfrequentierten Hotel statt.

„Vielleicht war er ja da, um den Weihnachtsmarkt zu besuchen“, frotzelte Präsident Spinner, dem immer stärker die Kontrolle über den Club zu entgleiten scheint.

Auch das Geheimnis des potenziellen Stöger-Nachfolgers scheint kein Geheimnis mehr zu sein. Markus Anfang, Trainer des Zweitligaspitzenreiters Holstein Kiel, soll die Kölner in der Winterpause übernehmen, heißt es. Der 43-Jährige stieg mit Kiel gerade erst auf und führt überraschend die Tabelle an. Eine Bestätigung gab es noch nicht. Kiels Geschäftsführer Ralf Becker erklärte, dass es noch keine Anfrage aus Köln gäbe.

Angesichts der jüngsten fürchter­lichen Entwicklungen ist in der fußballverrückten Stadt die Sorge groß, dass der 1. FC Köln wieder zu einem führungsschwachen Club wird, in dem das Chaos herrscht.