Moskau. Bundestrainer Joachim Löw über die Vorrundengegner Mexiko, Schweden und Südkorea – WM-Quartier wahrscheinlich in Moskau

Joachim Löw (57) plauderte im Moskauer Kreml entspannt mit seinen Trainerkollegen aus aller Welt, die WM-Auslosung hatte den Bundestrainer nicht aus der Ruhe gebracht. Mexiko, Schweden und Südkorea – mit den Gegnern, die ihm die „Losfeen“ Diego Maradona, Cafu und Fabio Cannavaro in dieser Reihenfolge zuteilten, konnte Löw zufrieden sein. Der Weg zum fünften Stern wird für den Weltmeister 2018 in Russland damit kein Spaziergang, es hätte aber auch weit schlimmer kommen können.

„Erschrocken bin ich sicher nicht“, sagte Löw im Moskauer Machtzentrum über die „sportlich sehr interessanten Gegner“. Als Weltmeister müsse sein Team aber „egal, in welcher Gruppe wir sind, weiterkommen. Das ist unser Anspruch.“ Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sprach von „reizvollen Aufgaben“ in Staffel F. Und der verletzte Kapitän und Nationaltorhüter Manuel Neuer meinte: „Es sind alles ernstzunehmende Gegner, bei denen es aber unser klares Ziel sein muss, uns als Gruppenerster durchzusetzen. Und es sind Gegner, die uns nicht unbekannt sind. Das ist mir immer am liebsten, wenn wir wissen, was auf uns zukommt. Mexiko spielt einen aggressiven Fußball. Auf die Schweden können wir uns gut einstellen. Da sie sich gegen Italien durchgesetzt haben, werden wir sie sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen. Südkorea ist bekannt spielstark. Es ist eine interessante Gruppe mit drei Gegnern von drei Kontinenten.“

Auch der weitere Verlauf steht fest: Brasilien, Schweiz, Serbien oder Costa Rica könnten im Achtelfinale warten. Im Viertelfinale wären England, Polen oder Belgien mutmaßliche Gegner. Ein Treffen mit den weiteren WM-Favoriten Spanien, Frankreich oder Vizeweltmeister Argentinien gäbe es frühestens im Halbfinale.

Die deutschen Vorrundengegner nahmen ihr Los mit gemischten Gefühlen auf. In Schweden, das noch auf ein Comeback von Superstar Zlatan Ibrahimovic (36/Manchester United) hofft, beklagte die Zeitung „Expressen“ eine „Albtraumgruppe“. Das „Aftonbladet“ meinte: „Es gab drei bis vier Mannschaften, die man nicht haben wollte, eine davon ist Deutschland.“ HSV-Profi Albin Ekdal teilte die Einschätzung: „Natürlich ist Deutschland ein Team, das ich nicht unbedingt in unserer Gruppe haben wollte. Sie sind eine der drei besten Mannschaften bei der WM, es wird sehr schwer, sie zu schlagen. Korea und Mexiko werden die Spiele sein, die wir gewinnen können. Es hätte insgesamt schwerer kommen können, aber auch durchaus leichter.“ Ähnlich urteilte Südkoreas Trainer Tae-Yong Shin: „Deutschland ist die beste Mannschaft, aber wir spielen zuerst gegen Schweden, das könnte schon die entscheidende Begegnung sein, ob wir weiterkommen. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns zu sehr auf Deutschland zu konzentrieren.“ Mexikos mutiges National-team twitterte dagegen: „Wir haben vor nichts und niemandem Angst!“

Die deutsche Elf startet am 17. Juni (17 Uhr/MESZ) im Moskauer Luschniki-Park gegen Mexiko, das im Sommer im Halbfinale des Confed Cups 4:1 geschlagen wurde, ins WM-Turnier. Am 23. Juni (20 Uhr) ist in Sotschi Italien-Schreck Schweden der zweite Gegner, zum Abschluss der Gruppenphase geht es am 27. Juni (16 Uhr) in Kasan gegen Südkorea um den früheren Leverkusener und HSV-Profi Heung-Min Son. „Jetzt“, sagte Löw, „kennen wir auch unseren Weg durchs Turnier“ – und der würde als Gruppensieger über Sankt Petersburg und Samara zu Halbfinale und Endspiel zurück ins Luschniki führen. Weil der Fahrplan steht, wird der DFB in Kürze die Quartiersfrage klären. Die Tendenz könnte gen Moskau gehen – in Sotschi am Schwarzen Meer spielt der Weltmeister nur einmal.

Das Eröffnungsspiel am 14. Juni im Luschniki bestreiten Gastgeber Russland und Saudi-Arabien. In Gruppe B bekommt es Spanien mit Europameister Portugal zu tun, Argentinien trifft in der wohl schwersten Gruppe D auf Neuling Island, Kroatien und Nigeria.

Mit Highlights der WM-Geschichte, die über drei Leinwände flimmerten, und russischer Folklore wurden 1400 geladene Gäste auf die Ziehung eingestimmt. Löw, der bei seiner Ankunft gut gelaunt für Fotos posierte, verfolgte das Geschehen aus der vierten Reihe, eingerahmt von DFB-Manager Oliver Bierhoff und Grindel. Als Ehrengast Miroslav Klose die WM-Trophäe in den Saal trug, blickte er interessiert auf die Bühne. „Wenn man ihn sich so anschaut“, sagte WM-Rekordtorschütze Klose über den Pokal, „kommen so viele emotionale Bilder hoch, das hat etwas Magisches“. Geht es nach Löw, geht der Cup nur als Leihgabe nach Russland: bis zum Moskauer Finale am 15. Juli. Für Löw ist „alles unserem Ziel untergeordnet, in Russland erneut Weltmeister zu werden“. Deutschland könnte als drittes Team nach Italien 1938 und Brasilien 1962 seinen Titel erfolgreich verteidigen.

Die WM kostet Russland mindestens elf Milliarden Euro

Löw muss seine erste Personalauswahl für die WM zwei Tage nach dem letzten Bundesliga-Spieltag treffen. Bis zum 14. Mai erwartet der Weltverband Fifa die Benennung eines vorläufigen 30-Mann-Kaders von allen 32 WM-Teams. Am 4. Juni endet die Frist für die Bekanntgabe des endgültigen WM-Aufgebots mit 23 Spielern. Sollte sich ein Spieler nach der Kader-Bekanntgabe verletzen, sind Änderungen nur noch bis 24 Stunden vor dem ersten Turnierspiel jedes Teams unter Vorlage eines Attests möglich.

Der Kreml hat derweil Warnungen vor einem Verlustgeschäft für Russland mit der WM zurückgewiesen. „Wir sind mit solchen Prognosen nicht einverstanden“, sagte Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin. „Ein Zusammenrechnen ist hier falsch, das ist eine Vereinfachung des Themas und der möglichen Effekte.“ Die WM koste Russland elf Milliarden Euro und sei damit die bislang teuerste, berechnete die russische Wirtschaftszeitung „RBK“. Sie stützte sich dabei nur auf die öffentlich bekannt gemachten Ausgaben. Erfahrungsgemäß verdiene zwar die Fifa an dem Turnier, aber selten das Gastgeberland, schrieb das Blatt. Auch der verstärkte Umsatz während der WM werde das russische Bruttoinlandsprodukt nur kurzzeitig um 0,2 Prozentpunkte erhöhen, schätzten Experten. Ähnliche Werte wurden in Deutschland bei der WM 2006 errechnet.

Im Iran haben wegen eines angeblich zu knappen Kleides der der russischen Moderatorin Maria Komandnaja Millionen Fans im Staatsfernsehen IRIB nur einen Teil der Auslosungszeremonie verfolgen können. Der Sender hatte den gesamten ersten Teil der Veranstaltung zensiert. Bei IRIB sitzen sogenannte Moralwächter, die ein Live-Programm sofort unterbrechen, sobald Bilder von leicht bekleideten Frauen gezeigt werden