Hamburg. Flüchtlingskinder müssen den Verein verlassen. Hintergrund ist kein Rassismus-Skandal, sondern eine Fifa-Regel.

Menschenhandel, Real Madrid und Altona 93. Wie passt das zusammen? Alle drei Schlagworte sind in einem Schreiben an die Trainer von Altona – das dem Abendblatt vorliegt – gefallen. Darin heißt es, dass der Club seinen Flüchtlingskindern empfiehlt, den Verein zu verlassen.

Was zunächst einen Rassismus-Skandal vermuten lässt, hat einen völlig anderen Hintergrund. Denn: Eine Regelung der Fifa verbietet den Wechsel von minderjährigen Spielern aus dem Ausland zu Vereinen der obersten vier Spielklassen. Für Altona bedeutet das konkret: Durch den diesjährigen Aufstieg in die vierte deutsche Liga darf der Club keine ausländischen Jugendlichen mehr aufnehmen.

„Das Problem war niemandem von uns bewusst“, erklärt Wolfgang Oesert, Jugendleiter bei Altona 93. Erst als die Beantragung der Spielerpässe der betroffenen Jugendlichen ungewöhnlich lange gedauert habe, sei man darüber gestolpert. „Das Verfahren geht normalerweise schnell“, sagt Carsten Byernetzki, stellvertretender Geschäftsführer beim Hamburger Fußball Verband. Hätte Altona keine Mannschaft in den obersten vier Spielklassen, würde die Beantragung nur wenige Wochen dauern – so sind es Monate.

Das steckt hinter der Fifa-Regel

Das Ziel des Fifa-Reglements ist es, Vereine wie Real Madrid oder den FC Barcelona an Spielerwechseln zu hindern, die dem Menschenhandel ähneln. Erst 2014 wurde der spanische Spitzenclub Barcelona vom Fußball-Weltverband wegen des Transfers von Minderjährigen zu einem Transferverbot von einem Jahr verurteilt. Eigentlich handelt es sich um eine sinnvolle Idee der Fifa im ausufernden Millionengeschäft. Allerdings nicht im Fall von Altona 93.

Die betroffenen Flüchtlingskinder sind im Breitensport aktiv. Die einzige Möglichkeit, um ohne Ausnahmegenehmigung am offiziellen Spielbetrieb teilzunehmen, ist ein Wechsel in einen tieferklassigen Verein. „Auf Empfehlung des DFB in Frankfurt sind wir mit Nachbarclubs im Gespräch. Wir sehen keinen anderen Ausweg“, sagt Jugendleiter Oesert. Bei Altona 93 wolle man keinen politischen Streit führen. „Das Wichtigste ist, dass die Kinder schnell spielen können“, sagt Oesert.

Son durfte noch zum HSV wechseln

Neben Altona sind auch Viertligist Eintracht Norderstedt und die beiden Bundesligisten HSV und St. Pauli von den Fifa-Statuten betroffen. Gerade in Zeiten der Flüchtlingszuwanderung gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung. Aber auch europäische Ausländer schließt das Reglement ein. Allerdings existiert es erst seit 2010. Talente wie der Südkoreaner Heung-Min Son, der 2008 im Alter von 16 Jahren vom FC Seoul zum HSV wechselte, waren noch nicht betroffen. Auch würden Ausländer, die schon einmal für einen Verein des DFB gespielt haben, eine Berechtigung erhalten.

Die minderjährigen Hobbyspieler zunächst an Nachbarvereine abzugeben und sie nach der Beantragung der Spielerpässe zurückzuholen, ist keine Lösung. Dieses Verfahren ist durch die Fifa verboten.