Hamburg. Am Wochenende wird ein neues Präsidium gewählt. Mit Mona Küppers könnte ihm erstmals eine Frau vorstehen

Mona Küppers trägt ihr Herz auf der Zunge. Das macht man so, wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt. In dieser Region wird den Menschen Freimütigkeit sozusagen in die Wiege gelegt. Nicht überall kommt diese Eigenschaft an, doch bei den Seglern, einem kernigen Männersport mit Frauenbeteiligung, ist klare Kante ein Qualitätsmerkmal – und die wird Küppers (63) am Wochenende auch brauchen.

Die kommissarische Leiterin des Deutschen Segler-Verbands (DSV) in Hamburg will sich an diesem Wochenende in München zur Präsidentin wählen lassen. Ein historischer Moment wäre das. In der fast 130-jährigen Geschichte des Verbands wäre sie die erste Frau an der Spitze des obersten Gremiums des DSV. Eine Marke hat sie bereits gerissen. Als sie im Dezember 2015 das Amt als Vizepräsidentin übernahm, war sie auch dabei die Erste.

„Für mich ist die Geschlechterfrage ohne Bedeutung“, sagt Küppers. „Gleichberechtigung ist eine Selbstverständlichkeit.“ Das muss sie so sagen, denn Küppers, die Marketing-Fachfrau, ist derzeit als Vorsitzende des deutschen Frauenrats eine der wichtigen Figuren in der Politik. Zuletzt war sie neben Kanzlerin Angela Merkel auf dem W-20-Gipfel mit anderen weiblichen Führungspersonen aus aller Welt zu sehen und zu hören.

Doch natürlich klafft auch bei den Seglern wie überall in der Gesellschaft die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Als die Präsidiumswahlen in Papenburg im Emsland vor zwei Jahren anstanden, wurde sie gefragt, ob sie sich das Amt als Vizepräsidentin für Fahrtensegeln, Freizeit- und Breitensport überhaupt zutraue. Die Replik der Kandidatin: „Haben Sie das den männlichen Gegenkandidaten auch gefragt?“

Konkurrenz gibt es auch diesmal. Oliver Kosanke (57), Vorsitzender des Mühlenberger Segelclubs und Vize im Hamburgischen Landesverband, bewirbt sich ebenfalls um das ehrenamt­liche Mandat. Im Hauptberuf ist er Steuerberater und Buchprüfer und hat als DSV-Kassenprüfer die finanzielle Schieflage des Verbands, die am Ende zum Rücktritt des langjährigen Präsidenten Andreas Lochbrunner führte, begleitet. Die Rede ist von Missmanagement, finanzieller Fehlplanung und Mittelverschwendung. Mehr als 1,5 Millionen Euro sollen angeblich fehlen, um den traditionellen Verband in eine moderne Zukunft führen zu können und auch den Leistungssportbereich international konkurrenzfähig aufzustellen. Es gilt, sowieso schon verspätet, noch die Weichen für Tokio 2020 mit den Olympischen Sommerspielen zu stellen.

Insider sprechen von einem Show-down bei diesen Wahlen, einem Zweikampf um die Macht, doch beide Bewerber verweigern, zumindest offiziell, diese Zuspitzung. „Die Delegierten der 1287 Segelvereine in Deutschland werden entscheiden“, bringt es Küppers auf den Punkt. Basisdemokratie eben.

Als sich zu Beginn des Jahres die Situation im Verband nach dem Rücktritt von Lochbrunner zuspitzte, da war es Küppers, die die Ärmel aufkrempelte und mit ihrem pragmatischen Übergangsplan dem kriselnden Führungsgremium kommissarisch Gesicht und Hirn gab. „Wir befinden uns in turbulenten Zeiten“, sagt sie. „Ich habe schlicht und ergreifend mit der Arbeit begonnen, von der ich glaube, dass sie in diesen Zeiten erforderlich ist.“ Für das Amt als Präsidentin hat sie eine Vision. „Wir wollen ein attraktiver Dachverband sein mit einer engen Verbindung zur Basis.“ Dass das nicht nur Wortgeklingel ist, muss sie noch beweisen.