Hamburg. Hauptversammlung befasst sich mit der Rückkehr des Regenbogens als gesellschaftspolitisches Signal

St. Paulis früherer Präsident Stefan Orth hat einmal gewettert: „Wir sind hier doch kein Politbüro!“ Diese Einschätzung kann und will sein seit drei Jahren amtierender Nachfolger Oke Göttlich so auf keinen Fall teilen. „Fußball ist politisch“, betont der Vereinschef, der sich an diesem Donnerstag den Mitgliedern zur Wiederwahl stellt, immer wieder. Tatsächlich ist der FC St. Pauli unter den deutschen Fußball-Proficlubs derjenige, der sich seit Jahren am offensivsten gegen Faschismus und Homophobie positioniert. Auch das Angebot, Demonstranten während des G-20-Gipfels Schlafplätze im eigenen Stadion anzubieten, war ein politisches Statement des Kiezclubs, der sich auch in der Stadtteilpolitik einbringt.

Auf der Versammlung am Donnerstagabend (19 Uhr) in der Messehalle A3 werden sich die Mitglieder neben der Neuwahl des gesamten Präsidiums, des Ehrenrats und eines Kassenprüfers auch mit drei Anträgen zu befassen haben, die getrost als politisch einzuordnen sind. Dabei geht es zum einen um die Verbannung jeglicher Einwegbecher aus dem Millerntor-Stadion und dem Umfeld. Bisher werden während der Heimspiele die Getränke bereits zu einem Großteil, aber nicht überall in Pfandbechern ausgeschenkt. Vor allem an den Ständen vor dem Stadion sind Einwegbecher aus Plastik noch an der Tagesordnung und verursachen eine erhebliche Müllmenge.

In einem zweiten Antrag wird die Einrichtung einer abschließbaren Fahrradgarage mit Ladestation für E-Bikes am Stadion gefordert. So sollen noch mehr Zuschauer animiert werden, nicht mit dem Auto zu den Spielen zu fahren. Ziel sei die Entlastung der Umwelt. Dieses gilt auch für die Forderung, der Vorstand solle sich für die Errichtung von Ladestationen für E-Autos auf dem als Parkplatz genutzten Heiligengeistfeld einsetzen. Als dritten Punkt fordert Antragsteller „Christian“, dass an den Kiosken im Stadion nur noch Bioprodukte verkauft werden. Dies sei ein Statement gegen die Massentierhaltung.

Noch spektakulärer ist allerdings der Antrag von „Andreas“. In diesem Fall soll die Mitgliederversammlung beschließen: „Der Regenbogen soll von der Saison 2018/19 an Teil des Trikots des FC St. Pauli sein.“ Bekanntlich war das Regenbogensymbol, das als Signal für Toleranz und sexuelle Freiheit und damit gegen Homophobie gilt, in der Saison 2015/16 am Ärmel der weißen Auswärtstrikots eingewebt.

Dies fand allerdings in der vergangenen und auch in dieser Saison keine Fortsetzung. „In einer Zeit, in der die Gesellschaft nach rechts rückt und in der Gewalt gegen Homosexuelle zunimmt, halte ich es für wichtiger denn je, in diesem Punkt klar Stellung zu beziehen“, schreibt der Antragsteller in seiner Begründung.

So ungewöhnlich es ist, dass Mitglieder eines Proficlubs über das Design der Trikots abstimmen, so unrealistisch dürfte auch die Umsetzung eines Beschlusses in diesem Punkt sein. Die Gestaltung der Spieltrikots haben in der Regel eine Vorlaufzeit von rund 18 Monaten vom ersten Entwurf bis zur offiziellen Präsentation und dem jeweils zeitgleichen Verkaufsstart. Auch wenn es noch als strenges Geheimnis gehütet wird, steht damit schon längst fest, in welchem Dress der FC St. Pauli in der kommenden Saison auflaufen wird. Das Votum am Donnerstag könnte also bestenfalls in das Design der Trikots für die Spielzeit 2019/2020 einfließen. Es sein denn, Ausrüster Under Armour hat das Symbol schon von sich aus als Element für die Hemden der kommenden Saison wiederbelebt.