Hamburg. Am Sonnabend treffen die Floorballer von Eimsbüttel und Schenefeld erstmals in der Bundesliga aufeinander.

45 Minuten lang haben sie fast ohne Pause erzählt über den Sport, den sie lieben. Aber dann kommt diese eine Frage, die Flemming Kühl und Lasse Schmidt verstummen lässt. Ob es denn fiese Spitznamen gebe, die aus der Rivalität ihrer Vereine heraus für den jeweiligen Gegner gebraucht würden, war die Frage gewesen. Die gebe es, aber für die Zeitung seien sie nicht gedacht, lautet die etwas verdruckste Antwort.

Muss man so hinnehmen – und am besten genau hinhören, wenn an diesem Sonnabend (18 Uhr, Sporthalle Hoheluft, Lokstedter Steindamm) die ETV Piranhhas – ja, wirklich mit zwei h, aus Verbundenheit zur Hansestadt Hamburg – Aufsteiger Blau-Weiß 96 Schenefeld zum ersten Hamburger Lokalderby in der Geschichte der Floorball-Bundesliga empfangen. Auch wenn Schenefeld streng genommen natürlich zum Kreis Pinneberg zählt.

Bisher nur Testspiele

Dass die Rivalität groß ist zwischen den Vereinen, die sich zwar regelmäßig zu Testpartien treffen, aber tatsächlich noch nie ein Pflichtspiel gegeneinander bestritten haben, das verhehlen die beiden Kapitäne nicht. „Aber früher“, sagt Schenefelds Lasse Schmidt, „war das noch viel schlimmer, da hatte man das Gefühl, dass sich die Spieler wirklich nicht leiden konnten.“ Heute, bestätigt Eimsbüttels Flemming Kühl, beschränke sich die Gegnerschaft auf die 60 Spielminuten. „Abseits des Feldes verstehen wir uns untereinander gut“, sagt er.

Alles andere wäre ja auch kontraproduktiv, schließlich kämpfen sie für dieselbe Sache: ihrem Sport, den sie in Deutschland mit seinen 13.000 organisierten Spielern für gnadenlos unterbewertet halten, zu größerer Aufmerksamkeit zu verhelfen. „Wenn sie unsere langen Schlägertaschen sehen, fragen die Leute meist, ob wir Schützen sind“, sagt Flemming Kühl. Und wenn der 19-Jährige erklärt, dass er Floorball-Nationalspieler ist, hilft das vielen auch nicht weiter, denn dann muss noch die Erläuterung folgen, dass Floorball wie Eishockey ist, nur ohne Eis, und mit Ball statt Puck.

Schenefelds Aufstieg sorgt für höhere Aufmerksamkeit

Insofern betrachten Schmidt und Kühl das Lokalderby vor allem aus Marketinggesichtspunkten als Geschenk. Zwischen 200 und 300 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Spielen der beiden Teams, zum Derby hoffen sie auf bis zu 500 Fans. „Man spürt deutlich, dass die Aufmerksamkeit für unseren Sport größer geworden ist, seit Schenefeld aufgestiegen ist“, sagt Flemming Kühl, der aus eigener Erfahrung weiß, wie es sich anfühlt, mit Floorball im Mittelpunkt zu stehen. Nach dem Abitur hatte der rechte Flügelspieler ein Jahr als Profi in der Schweiz gespielt, die neben Finnland, Schweden und Tschechien zu Europas Topnationen zählt. Dort heißt der Sport noch immer Unihockey, was in Deutschland 2009 geändert wurde, um sich als Floorball international unverwechselbar vermarkten zu können. In diesem Sommer wechselte Kühl, der beim TSV Tetenbüll in Nordfriesland als Elfjähriger mit seinem Sport begann, zum ETV, weil er sich die Lebenshaltungskosten in der Schweiz nicht mehr leisten konnte.

Rasantes Spiel

Wenn sie die Faszination ihres Sports beschreiben sollen, ist Geschwindigkeit das Wort, das am häufigsten fällt. Der Laie denkt, dass Floorball dem in Hamburg so populären Hockey verwandt ist und deshalb vielleicht in dessen Schatten steht. Weit gefehlt: Eishockey sei am ehesten mit ihrem Sport zu vergleichen. Es gibt sehr viel harten Körperkontakt, das Spiel wird kaum unterbrochen, weil das ganze Feld von einer Bande umgeben ist und auch hinter dem Tor weitergespielt wird. „Fürs Publikum ist es spannend, weil es so rasant ist. Selbst ein Zweitorevorsprung eine Minute vor Schluss bedeutet noch gar nichts, die Spiele können sich extrem schnell wenden“, sagt Lasse Schmidt. Der 22 Jahre alte Psychologiestudent hatte in seiner Heimat Stade als 13-Jähriger erstmals den Schläger in der Hand und im Jugendbereich lange für den ETV gespielt, ehe er vor vier Jahren an den westlichen Stadtrand wechselte und seitdem in Blau und Weiß auf dem linken Flügel wirbelt.

ETV kämpft um die Play-offs, Schenefeld gegen den Abstieg

Dass ihr Sport mittelfristig den Weg aus der Nische findet, glauben Kühl und Schmidt nicht. Immerhin jedoch haben ihre Clubs ausreichend Sponsoren, um die Auswärtsreisen zu finanzieren. „In der Zweiten Liga mussten wir noch eine Reisekostenpauschale zahlen“, sagt Schmidt. Kühl kennt das aus der Nationalmannschaft, wo er für die Teilnahme an zwei Junioren-Weltmeisterschaften in Schweden je rund 700 Euro draufzahlte. Seit 2014 ist der Floorball-Verband aber Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund und hat kürzlich einen Antrag auf Förderung gestellt.

Mit einem rasanten Derby wollen Eimsbütteler und Schenefelder nun am Sonnabend für Floorball werben. Die Piranhhas sind als Tabellenvierter und Gastgeber Favorit und haben die direkte Play-off-Qualifikation (mindestens Rang sechs) als Ziel. Blau-Weiß kämpft als Achter gegen den Abstieg, der dem Zehnten direkt blüht und den Neunten in Relegationsspielen erwischen kann.

Auf die Abschlussfrage wollten die beiden Kapitäne wieder gern antworten. Warum sie das erste Derby gewinnen werden? „Weil wir die Spiele gewinnen, in die wir extrem motiviert gehen“, sagt Lasse Schmidt. „Weil wir erfahrener sind und zu Hause spielen“, sagt Flemming Kühl. Emotion gegen Routine – es dürfte krachen am Sonnabend.