gelsenkirchen. Zwei individuelle Fehler führen trotz ordentlichen Spiels zum 0:2 bei Schalke 04 – fünfte Auswärtsniederlage in Folge

Als die Kiste mit dem gekühlten Siegerbier gerade in die Schalker Kabine gebracht wurde, hatten sich die HSV-Protagonisten ganz nüchtern auf das Wort zum Sonntag geeinigt: unnötig. „Wirklich unnötig“ wäre die 0:2-Niederlage auf Schalke gewesen, sagte Sportchef Jens Todt kurz nach dem Abpfiff. Als „total unnötig“ fasste Aaron Hunt die 90 Minuten zusammen. Und für Mergim Mavraj war das Geschehen in der ausverkauften Veltins Arena sogar „absolut unnötig“.

Schlägt man das Wort des Tages im Synonymlexikon nach, erhält man gleich elf Treffer: überflüssig zum Beispiel. Nicht mehr und nicht weniger war der Ballverlust von Tatsuya Ito nach einer Viertelstunde, der wenige Sekunden später zu Gideon Jungs Foul – unnötig oder auch unsinnig – im eigenen Strafraum führte. „Die Ballverluste haben uns das Genick gebrochen“, analysierte Innenverteidiger Mavraj treffend.

So auch Douglas Santos’ unnötiger (beziehungsweise nutzloser oder unzweckmäßiger) Ballverlust vor dem 0:2, der die Niederlage beim neuen Tabellenzweiten der Bundesliga eine Viertelstunde vor dem Abpfiff besiegelte. „Irgendwie bringen wir uns immer selbst auf die Verliererstraße“, sagte Aaron Hunt, der kurz zuvor noch die größte Chance des Spiels ungenutzt gelassen hatte. „Den muss ich irgendwie reinkriegen“, räumte der Mittelfeldmann selbstkritisch ein. „Das wäre das 1:1 gewesen – und so verlieren wir am Ende noch mit 0:2.“

Nach dem ersten Saisondrittel (und rechtzeitig vor dem Derby gegen Borussia Dortmund) darf sich Schalke nun sogar darüber freuen, als Tabellenzweiter erster Bayernjäger zu sein. „Über die Tabelle habe ich vor dem Spiel nicht eine Sekunde lang nachgedacht“, relativierte Schalkes Trainer Domenico Tedes­co brav, gab dann aber doch zu: „Natürlich bringt der Blick auf die Tabelle jetzt Spaß.“ Der HSV steht als Viertletzter und damit inoffizieller Abstiegsplatzjäger wieder da, wo der Club so oft steht: ziemlich weit unten.

Allzu viel Bedeutung wollte HSV-Trainer Markus Gisdol der königsblauen Momentaufnahme oder dem blau-weiß-schwarzen Zwischenfazit nach dem ersten Saisondrittel allerdings nicht beimessen. „Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt“, sagte der enttäuschte Coach kurz nach der Partie. „Ich habe heute zwei Mannschaften gesehen, die ähnlich stark und ähnlich diszipliniert waren. Es gab nur einen Unterschied: Schalke hat seine Bälle zweimal ins Tor geschossen, wir nicht. Deswegen hat Schalke heute gewonnen. Und deswegen haben wir keinen Punkt mitgenommen.“ Nach 24 Sekunden war Gisdols Ratzfatz-Analyse vorbei. Nur ein letztes Wort noch an die Medienvertreter: „Danke.“

Etwas undankbar dürfte nach Gisdols Ausführungen der Blick auf den Statistikbogen gewesen sein, der den Gastgeber entgegen der landläufigen Gästemeinung sehr wohl als verdienten Sieger auswies: 12:7 Torschüsse, 51:49 Prozent Ballbesitz und 52:48 Prozent Zweikampfquote waren nicht mehr und nicht weniger als die nackten Zahlen, die die Theorie der unverdienten Niederlage widerlegten. Oder auch nicht.

So brauchte Sportchef Todt zunächst einmal eine kurze Zigarettenpause, um dann doch seinem ersten Impuls zu folgen und Trainer Gisdol zuzustimmen. „Das war ein richtig guter Auftritt von uns. Ich habe viel Gutes gesehen“, sagte der Manager, der das Wort „unnötig“ in seinen Ausführungen gleich mehrfach benutzte. „Spielerisch war das ein großer Schritt nach vorne“, sagte der Manager noch, ehe er dann doch ein trauriges Fazit zog: „Es ist einfach wahnsinnig schade, dass wir hier keinen Punkt mitnehmen.“

Mindestens einen, besser sogar drei Zähler sollten die Hamburger nun am kommenden Sonntag im Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim mitnehmen. Gelingt das nicht, würde nach Bremens Sieg am Sonntagabend gegen Hannover sogar das erstmalige Abrutschen in dieser Spielzeit auf einen direkten Abstiegsplatz drohen.

„Wir dürfen einfach nicht so viele unnötige Niederlagen kassieren“, mahnte noch Hunt, als die Kiste mit gekühltem Gerstensaft in Schalkes Kabine längst die Runde gemacht hatte. „Das ist ja nicht unsere erste unnötige Niederlage. Wenn ich kurz darüber nachdenke, dann fällt mir auch die Partie in Mainz ein. Und auch gegen Bremen haben wir unnötig Punkte liegen gelassen.“

Unterm Strich bleibt zu konstatieren, dass der HSV nach dem 3:1 in Köln fünfmal in Folge auswärts verloren hat (0:2 in Hannover, 0:3 in Leverkusen, 2:3 in Mainz, 1:2 in Berlin, 0:2 bei Schalke). Viel zu oft hat sich der HSV dabei mit seinen Fehlern selbst bestraft. Und das ist doch wirklich – genau – unnötig.