Hamburg. Nach dem 2:2 gegen Jahn Regensburg wartet der FC St. Pauli seit jetzt schon fast drei Monaten auf einen Sieg im Millerntor-Stadion

Alexander Berthold

Als Schiedsrichter Florian Heft nach 93 Minuten abpfiff, ließ sich Mats Möller Daehli einfach nur noch auf den Rücken fallen und blieb gefühlt minutenlang in dieser Position liegen. Körperlich war der Offensivspieler des FC St. Pauli zweifellos erschöpft, aber noch viel mehr hatte ihm der Frust über das fünfte Heimspiel ohne Sieg in Folge die letzte Kraft geraubt. Beim 2:2 gegen Jahn Regensburg hatte sein Team nach dem frühen 0:2-Rückstand zwar Moral bewiesen und war noch in der ersten Halbzeit zum Ausgleich gekommen, doch es fehlte die Entschlossenheit, das Momentum und die sich bietenden Chancen im zweiten Abschnitt zum Siegtreffer zu nutzen.

„Es ist einfach nur ärgerlich. Das Spiel müssen wir gewinnen. Ich bin 0,0 Prozent zufrieden mit dem Punkt, vor allem wenn man sieht, was wir investiert haben und wie viele Chancen wir hatten“, sagte nach dem Spiel St. Paulis Innenverteidiger Lasse Sobiech. Der Abwehrchef hatte mit seinem Tor zum 1:2-Anschlusstreffer (40. Minute) selbst ein deutliches Zeichen gesetzt. Mit reichlich Wut im Bauch drosch er den Ball nach einem kurzen Haken am Regensburger Torwart Philipp Pentke vorbei ins Tor. Die Willenskraft, die in diesem Treffer steckte, hätte man sich für viele seiner Mitspieler gerade vor dem gegnerischen Tor auch gewünscht. Doch stattdessen waren die meisten der 15 Torschüsse ungenau und halbherzig.

Sobiechs Wut bei seinem Tor rührte daher, dass seine Mannschaft in den ersten 35 Minuten lethargisch und verunsichert aufgetreten und daher gegen den Aufsteiger aus der Oberpfalz auch konsequenterweise mit 0:2 in Rückstand geraten war. Jahns Stürmer Marco Grüttner (21. Minute) per Kopf nach einem Eckball und Sargis Adamyan (24.) mit einem harten Direktschuss nach einer Kopfballvorlage von Jonas Nietfeld waren die Torschützen. St. Paulis Fans skandierten anschließend völlig konsterniert „Aufwachen, aufwachen“.

Vor Sobiechs Anschlusstor hatte auch St. Paulis Trainer Olaf Janßen mit einem Doppelwechsel in der 35. Minute ein Signal gesetzt, als er mit Aziz Bouhaddouz für Waldemar Sobota und Johannes Flum für den nach einem Foul an der Wade verletzten Kapitän Bernd Nehrig ins Spiel brachte. „Wir haben in den ersten 35 Minuten neben uns gestanden. Die Jungs wirkten von Minute zu Minute unsicherer und haben keine Lösungen gefunden. Daher musste ich frühzeitig Veränderungen vornehmen“, begründete St. Paulis Trainer seine Maßnahme.

Auch Sportchef Uwe Stöver redete Tacheles über die wieder einmal schwache Anfangsphase in einem Heimspiel. „Die ersten 30 Minuten waren desolat von uns“, prangerte er an. Die Spieler selbst zeigten sich einigermaßen ratlos, warum es ihnen nach einer zwei Wochen langen Pause und der entsprechend ausgiebigen Vorbereitung auf den Gegner wieder nicht gelungen war, von Anfang an engagiert und mit Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten ins Spiel zu gehen. „Ich habe dafür auch keine Erklärung parat. Wir sind erst in der 30. Minute aufgewacht“, sagte Torwart Robin Himmelmann. Und Lasse Sobiech, der von Nehrig die Kapitänsbinde übernahm, stellte klar: „Das war in der Tat schlecht, was wir in den ersten 30 Minuten gemacht haben. Der Trainer hat uns klipp und klar gesagt, wie Regensburg spielt, dass sie pressen, aber wir haben es nicht umgesetzt bekommen.“

Zusätzlich frustrierend war, dass zum fünften Mal in Folge ein Gegentor nach einer Ecke oder einem Freistoß fiel. Täglich grüßt das Murmeltier. Wenn man wieder eine Standardsituation nicht seriös verteidigt, hat man den Sieg nicht verdient“, sagte Olaf Janßen.

Nach Sobiechs Anschlusstor ließ Stürmer Sami Allagui den 2:2-Ausgleich (45.) folgen, als er eine Flanke von Daniel Buballa per Kopf verwandelte. Der Tunesier stand dabei frei vor dem Tor, aber auch deutlich im Abseits, was dem Schiedsrichtergespann entging. „Wir waren schon tot und sind wieder aufgestanden. Das hat die Mannschaft sensationell gemacht. Dann muss man aber das Momentum nutzen und den Sack zumachen“, haderte Trainer Janßen nach dem Spiel.

Er dachte dabei an diverse schlecht ausgespielte Konter, die die Regensburger zuließen. Besonders fahrlässig war dabei die Chance für Bouhaddouz, der mustergültig freigespielt den Ball weit über das Tor schoss. „Erst waren wir hinten fahrlässig, danach waren wir bei unseren Torchancen fahrlässig. Das ist heute eine gefühlte Niederlage“, sagte Uwe Stöver und stellte mit Blick auf die Ergebnisse der Aufstiegskandidaten frustriert fest: „Alle anderen haben für uns gespielt, nur wir selbst nicht.“

So hat St. Pauli jetzt fünf Punkte Rückstand auf Rang drei, aber auch nur sechs Zähler Vorsprung auf den Abstiegsrelegationsrang 16, wobei Dynamo Dresen an diesem Montag noch spielt. Gelingt es St. Pauli nicht schnell, nach fünf sieglosen Spielen wieder einen Erfolg zu landen, droht zur Winterpause sogar der Sturz ins untere Tabellendrittel.