Hamburg. Jens Meier und Klaus-Michael Kühne ringen um eine Beilegung ihres Konflikts. Ex-Chef Bernd Hoffmann glaubt an Lösung mit Kühne

Am Montagmorgen hatte Fiete87 genug von dem Theater. „Es kann doch nicht sein“, schrieb der HSV-Fan in einem dieser zahlreichen Internetforen, „dass Jens Meier und Klaus-Michael Kühne nicht zu einer gemeinsamen Lösung für den HSV kommen.“ Fiete87 garnierte sein Unverständnis mit drei Ausrufezeichen und schloss sein Wort zum Montag mit einer Frage ab: „Weiß jemand, wie weit Meier und Kühne überhaupt auseinanderliegen?“

Die Antwort ist viel einfacher, als man denkt: 650 Meter. Zu Fuß braucht man genau acht Minuten, um von der Hamburg Port Authority im Wandrahm 4 (Meier) bis zur Firmenzentrale von Kühne und Nagel im Großen Grasbrook 11 (Kühne) zu gelangen. Und so darf man es durchaus als Laune des Schicksals bezeichnen, dass die beiden Männer, die seit Tagen um die zukünftige Ausrichtung des HSV kämpfen, nur ein paar Freistöße voneinander entfernt sitzen.

Zueinander haben sie zwar noch nicht endgültig gefunden, dennoch haben die beiden Kontrahenten dem Vernehmen nach miteinander kommuniziert und sich merklich angenähert. Die Hoffnungen von Fiete87 auf eine gemeinsame Lösung scheinen vor der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch nicht mehr vergebens. Dann sollen die bisherigen Räte (Meier, Bernd Bönte, An­dreas Peters, Karl Gernandt, Dieter Becken und Felix Goedhart) über die Zusammensetzung des kommenden Kontrollgremiums informiert werden.

Wer am Ende auf der Liste steht, scheint noch völlig offen, da es am Montag die erste Absage eines potenziellen Kon­trolleurs gegeben hat. „Hiermit bestätigen wir, dass Karl J. Pojer nicht für die Position im Aufsichtsrat des HSV zur Verfügung stehen wird“, erklärte die Presseabteilung von Hapag-Lloyd Cruises. Meiers Liste der Kandidaten, die bislang festzustehen schienen, ist damit auf fünf zusammengeschmolzen: HEK-Chef Jens Luther, Ex-Profi Marcell Jansen, Felix Goedhart, Andreas Peters und Meier selbst. Kandidat Nummer sechs soll wieder offen sein. Kühnes Vertrauter Karl Gernandt jedoch wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht.

Auch ein Name, der in den vergangenen Wochen hinter vorgehaltener Hand gehandelt wurde, steht nicht auf der Liste: Bernd Hoffmann. „Ich habe keine Ambitionen hinsichtlich einer Position beim HSV. Weder in der AG, noch im e. V.“, sagte Hoffmann dem Abendblatt – und verriet dabei womöglich nur die Hälfte. Denn wie diese Zeitung erfahren hat, soll der frühere Vorstandschef des HSV sehr wohl in Erwägung ziehen, ob er nach dem Theater der vergangenen Woche nicht selbst das Ruder übernehmen sollte. Als Präsident des e. V. – auch wenn er offiziell abwiegelt: „Das steht doch überhaupt nicht zur Debatte. Es geht um den Aufsichtsrat“, sagt er: „Grundsätzlich verfolge ich den HSV sehr interessiert und unterstütze den HSV, wo immer es geht.“

Zu diesem unausgesprochenen „aber“ passt auch, dass Hoffmann in den vergangenen Wochen häufiger bei HSV-Veranstaltungen zu sehen war, zuletzt vergangene Woche am Montag beim Treffen der Senioren. Einen potenziellen Stolperstein hat der 54 Jahre alte Wahlhamburger aus dem Weg geräumt: Hoffmann, der in den vergangenen Jahren als Spielerberater tätig war, gibt seine Agenturanteile zum Ende des Jahres ab. Einen Interessenkonflikt, den man Hoffmann bei einer Bewerbung zum Präsidenten nachsagen könnte, gibt es demnach nicht mehr.

Bevor aber die Wahl zum Präsidenten in den Vordergrund rückt, steht zunächst einmal die Wahl des Aufsichtsrats am 18. Dezember an. „Entscheidend für den Erfolg des HSV der nächsten zehn Jahre ist die Aufstellung des Aufsichtsrats, die aktuell vom Präsidium des HSV e. V. verantwortet wird und mit der Wahl des HSV-Präsidenten im Fe­bruar ihren Abschluss findet“, sagt Hoffmann, dem die Streitigkeiten der vergangenen Tage zwischen Meier und Kühne nicht verborgen geblieben sind.

Kurioserweise war es einst Hoffmann selbst, der den Geist Kühne aus der Flasche ließ. 2010 vereinbarten die beiden die Partnerschaft „Anstoß hoch drei“, aus der die ewige Ziemlich-beste-Feinde-Beziehung zwischen Club und Clubinvestor gewachsen ist. Dabei ist Hoffmann offenbar noch immer davon überzeugt, dass es auch eine Lösung mit Kühne geben kann. „Hapag-Lloyd zeigt doch, wie es mit einem 19-Prozent-Gesellschafter Kühne gehen kann. Es ist ein sehr heterogener Inhaberkreis, der neben Kühne auch die Stadt, südamerikanische und arabische Gesellschafter umfasst“, sagt er: „Aus einer existenzbedrohenden Schifffahrtskrise kommt dieses Unternehmen offensichtlich jetzt gestärkt hervor. Mit einem Aufsichtsratschef, der aus dem Unternehmen kommt, die Branche in- und auswendig kennt, und Vertretern aller relevanten Anteilseigner.“ Zum Beispiel auch Meier-Gegner Karl Gernandt.

Doch auch ohne HSV-Kontrolleur Gernandt und ohne HSV-Kontrolleur Hoffmann dürfte es im Hinblick auf den Aufsichtsrats-Showdown am Mittwoch spannend bleiben. Schlusswort Hoffmann: „Der HSV schafft es leider seit Jahren nicht, die wichtigen Strömungen des HSV im Aufsichtsrat zu versöhnen.“

Nächste Folge: am Mittwoch.