Hamburg. Marcel Halstenbergs frühere Weggefährten beim FC St. Pauli halten seinen Sprung ins Nationalteam für logisch

Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft an diesem Freitagabend (21 Uhr/ZDF Live) im Wembleystadion in London gegen das Team Englands antritt, werden viele Spieler sowie aktuelle und ehemalige Funktionäre des FC St. Pauli ein bisschen genauer hinschauen. Sie erwarten das Länderspiel-Debüt von Marcel Halstenberg, der vom Sommer 2013 bis zum 30. August 2015 für den Millerntor-Club kickte und sich dabei so sehr profilieren konnte, dass RB Leipzig ihn für 3,5 Millionen Euro verpflichtete.

Das ist für den FC St. Pauli bis heute die höchste Summe, die je ein Spieler an Ablöse eingebracht hat. Für Leipzig war es, so weiß man inzwischen, ziemlich gut angelegtes Geld. Halstenberg ist auf der Position des linken Außenverteidigers erste Wahl beim deutschen Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer. Auf sechs Millionen Euro taxiert das Portal transfermarkt.de derzeit seinen Marktwert, dabei ist die Berufung ins Nationalteam noch nicht einmal berücksichtigt.

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein Neuling in der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw schon 26 Jahre alt ist und zudem erst vor knapp 15 Monaten sein Bundesliga-Debüt gegeben hat. „Marcel hat die Geduld und Beharrlichkeit aufgebracht, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und seinen Weg zu gehen“, sagt St. Paulis früherer Spieler, Trainer und Sportchef Thomas Meggle.

Er erinnert sich an den Tag, als er Halstenberg im Frühjahr 2013 das erste Mal in seiner Funktion als Co-Trainer von Michael Frontzeck für St. Pauli gezielt beobachtete. „Marcel agierte als damals 21-Jähriger in der Dritten Liga für Borussia Dortmunds U-23-Team schon ungeheuer sicher und souverän. Er hat seinen Part so selbstverständlich heruntergespielt, als würde es ihn überhaupt nicht anstrengen. Mir war sofort klar, dass er unser Team in der Zweiten Liga auf jeden Fall verstärken würde“, erzählt Meggle. Prompt wurde der Transfer zum Millerntor vollzogen. 54 Zweitligaspiele bestritt Halstenberg danach für St. Pauli.

Rund acht Monate lang war hier auch Ewald Lienen sein Trainer. „Marcel hat sich die Chance in der Nationalmannschaft absolut verdient. Er zählt zu den besten linken Verteidigern in Deutschland. Schon bei uns hat er gezeigt, über welche Qualitäten er verfügt. Er besitzt eine ausgezeichnete Spielintelligenz, hat eine gute Flanken- und Schusstechnik und ist zudem kopfballstark“, sagt der heutige Technische Direktor des Millerntor-Clubs.

Thomas Meggle streicht zudem Halstenbergs vorbildlichen Charakter heraus, der sich vor allem offenbarte, als dieser im Sommer 2015 verschiedene lukrative Angebote vorliegen hatte. „Er sagte mir, dass er es auch akzeptieren und absolut keinen Stress machen würde, wenn wir ihn nicht gehen lassen“, berichtet der damalige Sportchef.

Für St. Paulis Abwehrchef Lasse Sobiech kam die Berufung seines früheren Mitspielers wenig überraschend. „Das war aus meiner Sicht nur eine Frage der Zeit. Er bringt wirklich alles mit, was ein guter Fußballer braucht. Spätestens in dieser Saison ist offensichtlich, dass seine Qualität nicht nur für die Bundesliga, sondern auch für die Champions League geeignet ist“, sagte Sobiech. „Ich habe Halste natürlich zur Berufung gratuliert und hoffe, dass er es auch zur WM schafft.“ Ein gelungenes Debüt am Freitag gegen England oder am kommenden Dienstag gegen Frankreich wäre ein weiterer Schritt dorthin, zumal das hiesige Angebot an starken Linksverteidigern recht überschaubar ist.