Hamburg . Trainer Olaf Janßen hadert mit der Unentschiedenserie, sieht den Club aber in aussichtsreicher Situation

Auch am Tag nach dem 1:1 gegen Erzgebirge Aue war die Stimmung bei den Spielern und sportlich Verantwortlichen des FC St. Pauli noch reichlich getrübt. Wieder kein Heimsieg, wieder zwei Punkte liegen gelassen und wieder die gute Chance nicht genutzt, den Rückstand auf die Aufstiegsplätze zu verkürzen. „Täglich grüßt das Murmeltier“, hatte Trainer Olaf Janßen schon kurz nach dem Spiel am Freitagabend gesagt und damit das Gefühl beschrieben, das er und seine Spieler nun schon im dritten Match in Folge verspürten.

Dabei spielte die direkte Konkurrenz an diesem Wochenende durchaus für den Tabellenfünften St. Pauli. Holstein Kiel und Union Berlin kamen ebenfalls über ein 1:1 nicht hinaus, der 1. FC Nürnberg und der SV Sandhausen verloren sogar.

Dreimal in Folge 1:1 zu spielen, sieht ja auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. An Punkten hat diese „Serie“ dem FC St. Pauli allerdings genauso viel eingebracht wie zwei Niederlagen und ein Sieg. Das Ganze ist vor allem deshalb so ärgerlich und fühlt sich „beschissen“ (Torschütze Jeremy Dudziak) an, weil St. Pauli in den drei Spielen gegen Schlusslicht Kaiserslau-tern, in Sandhausen und nun auch gegen Aue die jeweils spielerisch bessere und auch aktivere Mannschaft war, sich aber durch eine inkonsequente Chancenverwertung und jeweils eine Nachlässigkeit bei einem gegnerischen Eckball ein Gegentor einhandelte.

In der Nachbetrachtung des Unentschiedens gegen Aue drückte es Torwart Robin Himmelmann, seit dem Sommer Betriebswirt, so aus: „Bei uns ist das Verhältnis von zugelassenen Chancen und Gegentoren im Vergleich zu herausgespielten Chancen und erzielten Toren einfach schlecht.“ Kurz gesagt: Es mangelt in der Offensive an der nötigen Effektivität, die in einer insgesamt ausgeglichenen Liga schon genügen würde, um ganz oben mitzuspielen. Und in der Defensive fehlte es zuletzt an der hundertprozentigen Konzentration über die gesamte Spielzeit.

Die Einschätzung von Trainer Janßen, allein in den jüngsten drei Spielen insgesamt sechs Punkte liegen gelassen zu haben, mag vielleicht ein wenig vermessen klingen, trifft aber doch den Punkt, wenn man die jeweiligen spielerischen Vorteile in diesen Partien zugrunde legt. „Vor diesen drei Unentschieden gab es Spiele, in denen wir vom Verlauf her im Nachteil waren, die wir eher glücklich gewonnen haben. Danach haben wir gesagt, dass wir besser spielen müssen. Dann spielen wir tatsächlich besser, aber holen die Punkte nicht. Das ist schon paradox“, sagte Torwart Himmelmann.

Fakt ist, dass es St. Pauli in den ersten zwölf Spielen dieser Saison nicht gelungen ist, nahtlos an die Rückserie der vergangenen Spielzeit anzuknüpfen, als das Team die clubinterne Rekordzahl von 34 Punkten aus den 17 Partien ergatterte. Vor allem die in der Schlussphase der vergangenen Saison an den Tag gelegte Effektivität ist im Zuge der spielerischen und auch taktischen Weiterentwicklung abhandengekommen. „Uns fehlt vor allem im vorderen Drittel noch die letzte Entschlossenheit und Brutalität, um ein Spitzenteam zu sein“, hat Trainer Janßen erkannt.

Dabei ist es in dieser Saison, in der es in der Zweiten Liga im Gegensatz zu den Vorjahren keine finanziell und personell übermächtigen Teams gibt, so aussichtsreich wie selten zuvor, in die Bundesliga aufzusteigen. Dies gilt zwar für rund zehn Teams, darunter aber eben auch für den FC St. Pauli mit seinem eingespielten Ensemble, in dem es im Sommer nur punktuelle Veränderungen und vor allem keine gravierenden Abgänge gab.

Dies dürfte im kommenden Sommer, sofern der Aufstieg nicht gelingt, ganz anders aussehen. Für beständige und ehrgeizige Leistungsträger wie Lasse Sobiech (26) und Christopher Buchtmann (25) dürfte es interessante Angebote von Bundesligaclubs geben. Sobiechs Vertrag läuft am Saisonende aus, Buchtmann hat einen Vertrag bis Juni 2019, würde also bei einem Wechsel dem FC St. Pauli wenigstens noch eine nennenswerte Ablösesumme in die Kasse spülen. Ideal wäre für alle Beteiligten ein Aufstieg am Ende der laufenden Saison. Dann könnten beide sicherlich von einem Verbleib beim Kiezclub überzeugt werden.

Noch ist das Rennen um einen der ersten drei Tabellenplätze für den FC St. Pauli nicht verloren. Tabellenführer Fortuna Düsseldorf (28 Punkte) hat zwar derzeit neun Punkte mehr auf dem Konto und spielt an diesem Montag noch beim VfL Bochum, doch auch die Rheinländer haben längst nicht in allen Spielen voll überzeugen können und werden aller Voraussicht auch noch Rückschläge zu verarbeiten haben. Gleiches gilt erfahrungsgemäß für einen von der Euphorie getragenen Aufsteiger, wie es derzeit Holstein Kiel (26) ist.

„In dieser Saison werden am Ende die Mannschaften glücklich sein, die mit diesen schwierigen Situationen gut umgehen. Denn das wird jedem passieren“, betonte jetzt Trainer Janßen erneut. Er sieht dabei sein Team aufgrund des mehrfach nachgewiesenen internen Zusammenhalts trotz allem in einer noch vielversprechenden Position. Dafür muss die Mannschaft aber möglichst bald wieder damit anfangen, Spiele zu gewinnen – gerade auch im heimischen Millerntor-Stadion. Hier werden bis zur Winterpause noch drei Teams aus dem unteren Tabellendrittel antreten: Regensburg, Duisburg und Bochum – eigentlich keine schlechte Perspektive.