Mexiko-Stadt. Beim Großen Preis von Mexiko reicht dem Briten ein fünfter Platz, um Weltmeister zu werden. Konkurrent Sebastian Vettel plant längst für die nächste Saison

Wer über die Chancen des Fast-Weltmeisters Lewis Hamilton schreibt, der kommt nicht an Sebastian Vettel vorbei. Zum Auftakt des Großen Preises von Mexiko, bei dem dem Briten schon ein fünfter Platz zum vierten Titel reicht, darf der bereits vierfache deutsche Champion noch einmal erklären, welche unglaublichen Fortschritte Ferrari gemacht habe in diesem Jahr, dass er die letzten drei Rennen gewinnen könne und dass es schon einen Plan gebe, wie die Schwächen 2018 ausgemerzt werden.

Als der Heppenheimer dann noch versuchte, Ferrari quasi als erfolgreichen Außenseiter zu positionieren, war das dann aber doch ein bisschen dick aufgetragen. Natürlich muss man auch mit 66 Punkten Rückstand an seine Chance glauben, gerade bei einem technischen Sport. Vettels Annahme, dass die Scuderia nach den drei weggeworfenen Rennen in Asien gestärkt aus der Krise hervorgehen werde, mag stimmen. Das ist das Prinzip, das Vorbild Mercedes nach jeder der – in der Hybrid-Ära eher seltenen – Schlappen perfektioniert hat.

Hamiltons Mercedes hatte noch keinen Ausfall

So stapelt Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff tief, er erwarte in der dünnen Luft von Mexiko und beim hohen Anpressdruck der Rennwagen ähnliche Probleme wie in Malaysia. Da war Red Bull dem Mercedes vor die Nase gefahren. Vielleicht spielt der weiterhin wegen seiner Überholaktion und der rüden Wortwahl von Austin umstrittene Max Verstappen das Zünglein an der Waage? Hamilton sagt, wie Vettel, dass er auch die letzten drei Rennen gewinnen kann (er ist der einzige Fahrer im Feld, der alle 999 Runden bestritten hat). Ohne Ausfall durchzukommen ist sein großes Saisonziel.

In jedem Rennen seit der Sommerpause habe Lewis Hamilton auf jeder Strecke das letze Quäntchen Leistung aus dem Mercedes herausholen können, unter jeder Bedingung – so sachlich bewertet der finnische Beifahrer Valtteri Bottas das, was man wohl eher „die Form seines Lebens“ nennen kann. Auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff hat den Megastar der Formel 1 noch nie so stark erlebt, obwohl er schon die letzten drei Jahre in Silber je zehnmal gewonnen hat. In dieser Saison liegt er bisher bei neun Einzelerfolgen. „Die hohe Geschwindigkeit von Lewis ist spektakulär, ebenso sein Verständnis für die Reifen und der Umgang mit dem Auto, wenn es mal schwierig zu fahren ist“, schwärmt Wolff, sonst eher ein Realo. In Austin hat Hamilton nach dem verlorenen Start eines der raren Überholmanöver gegen den deutschen Rivalen landen können. In diesem Moment ahnte Vettel wohl schon, dass es nix wird mit dem Titel.

Darauf will sich Wolff noch nicht verlassen, und Hamilton wird sicher auf Angriff fahren, weil er gar nicht anders kann. Da kann ein von der BBC bemühter Wissenschaftler noch so davor warnen, dass die Umstellung auf vegane Ernährung vor ein paar Wochen die Testosteronausschüttung verringern könne. Anzeichen dafür waren bislang keine festzustellen. „Ich habe mich noch nie so stark gefühlt“, sagt Hamilton. Allein diese Ausstrahlung scheint wie ein Schutzschild zu wirken. Dabei schien Hamiltons Ego nach dem Finale von 2016 nicht mehr zu Mercedes zu passen. Das Team beschwerte sich, dass der Brite in Führung liegend bremste, damit die Verfolger zum späteren Weltmeister Nico Rosberg auflaufen konnten.

Doch dann trat Nico Rosberg zurück. Keine Rede mehr von einer Disziplinarstrafe für Hamilton, stattdessen fand er sich zu einem langen Küchengespräch zu Hause bei Toto Wolff ein. „Da haben wir wieder zueinandergefunden, die ganzen Fragen und Frustrationen rausgelassen“, sagt Hamilton. Ebenso entscheidend wie der Männerabend war die Tatsache, dass Rosberg das Team verlassen hatte. Für Hamilton hat der das Klima im ganzen Team vergiftet. Deshalb ist 2017 ein Befreiungsschlag, auch wenn er wieder einen Deutschen als Gegner hat.