Frankfurt/Main. Der Mainzer Sportmediziner Perikles Simon kehrt der Doping-Forschung den Rücken

Der letzte Auftritt von Perikles Simon als Anti-Doping-Experte geriet zur harschen Abrechnung. „Doping-Tests sind ideologische Maßnahmen. Wir wissen nicht, wie effektiv sie sind“, befand der Sportmediziner und Neurobiologe aus Mainz beim Anti-Doping-Workshop der Deutschen Triathlon-Union in Frankfurt/Main.

„Die Doping-Analytik ist nur postfaktisch ein scharfes Schwert“, stellte Simon fest. „Athleten können das ganze Jahr vollgestopft zu Wettbewerben antreten.“ Die Biochemiker in den Kon­trolllabors führten einen fast aussichtslosen Kampf zur Überführung von Dopern, wenn diese neue Designermittel oder Testosteron mit tierischen Molekülen nutzten. Ein weiteres Problem: Bei neuen Medikamenten ließen sich die Pharma-Unternehmen auch die Nachahmerprodukte patentieren.

„Da hat man einen Pool von 200 Produkten, die man in China herstellen kann. Diese Spielwiese an Doping-Präparaten kann nicht nachgewiesen werden“, erklärte Simon. Lächerlich sei es deshalb, ein „Zentrum für Präventive Dopingforschung in Köln“ einzurichten.

Die Jahresstatistiken der Welt-Anti-Doping-Agentur stützen seine Kritik: 2014 waren von 283.000 Tests 1,36 Prozent auffällig, 2015 nur 1,1 Prozent. Auch eine Befragung der Starter der Leichtathletik-WM 2011 nährte seine Zweifel. Fast ein Drittel der Athleten gab anonym zu, zu dopen.

Für ihn sind die aber nicht die Mängel des Kontrollsystems und der Analytik der entscheidende Grund, der Dopingforschung den Rücken zu kehren. Vielmehr hat Simon auch resigniert, weil die Verantwortlichen im Anti-Doping-Kampf – WADA oder die Nationale Anti-Doping-Agentur – aus seiner Sicht wissenschaftliche oder ethische Kritik oft abblockten, ignorierten, sogar diskreditierten oder Informationen und Daten zurückhielten, um das Kontrollsystem nicht zu gefährden.

„Die Leute, die für diesen Job bezahlt werden, halten es nicht für notwendig, unsere Publikationen durchzulesen. Von der NADA gab es keinen einzigen Versuch, mich an den Tisch zu bringen“, sagte Simon. „Das ist genau das, was ich in den zehn Jahren Anti-Doping-Kampf mitgenommen habe.“

Besonders entsetzt Simon aber der Umgang mit den sauberen Athleten. „Ich würde mir wünschen, dass man Athleten und ihre Eltern super aufklärt“, sagte er. Schließlich müssten sie auf Persönlichkeitsrechte durch Meldepflicht und die in die Intimsphäre reichenden Doping-Tests verzichten.