Großaspach. Das üppig finanzierte Nationalteam muss wieder Erfolge liefern – sonst könnten Kürzungen die Folge sein

Kaum ein Team unter Obhut des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) produziert in Eigenregie so viele fröhliche Bilder und Beiträge wie die Frauen-Nationalmannschaft. Für die Vermarktung taugen Offenheit und Bodenständigkeit der Protagonisten bestens, die sich der Vereinnahmung längst nicht mehr widersetzen. Im Gegenteil. Die meisten Nationalspielerinnen sind in den sozialen Netzwerken selbst rege unterwegs, und daher wird das Facebook-Profil „DFB-Frauen“ gerne bedient. Mehr als 340.000 Follower gibt es, aber „gefällt mir“ sagen gerade die wenigsten. Obwohl die Stürmerin Svenja Huth in einem Video zum Wochenende für die Island-Blamage nach Erklärungen rang („man zerbricht sich den Kopf: warum weshalb, wieso?“) und Versäumnisse einräumte („als Spielerin für Deutschland muss man sich mehr reinhauen“), konnte das viele Nutzer nicht mehr besänftigen. In den Kommentaren hagelte es teils herbe Kritik.

An der Spielweise. Aber auch an der Bundestrainerin. Selbst bei der treuen Anhängerschaft droht in der Causa Steffi Jones die Stimmung zu kippen. Die verbandseigene Kommunikation ist vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer Inseln (heute um 16.10 Uhr/ARD) in Großaspach sehr darauf bedacht, die angezählte Trainerin aus der Schusslinie zu bekommen. Auch Huth lud die Verantwortung für Verbesserungen auf die Schultern der Spielerinnen: „Wenn ich eingeladen werde, muss ich vor Motivation brennen. Wenn das stimmt, werden wir auch wieder eine andere Leistung zeigen.“ Doch das erwartete Torfestival gegen ein Entwicklungsland des Frauenfußballs wird nicht die Grundsatzprobleme lösen.

Ein Kantersieg gegen die Faröer ist heute Pflicht

Der Imageschaden, den erst das überflüssige Scheitern im Viertelfinale der EM und nun eine hochnotpeinliche Niederlage in der WM-Qualifikation ausgelöst haben, ist bereits gewaltig. In den Niederlanden warfen Dzsenifer Marozsan und Co. mit ihrer nachlässigen Haltung leichtfertig die Chance weg, ein prestigeträchtiges EM-Halbfinale gegen Österreich mit einer Millionen-Einschaltquote zu spielen. Nun droht im allerschlimmsten Fall die WM 2019 in Frankreich ohne Deutschland stattzufinden. Das wäre der Mega-Gau. Ohne die öffentliche Aufmerksamkeit eines solchen Turniers stünde auch die opulente Förderung auf dem Prüfstand.

Rückblickend war es vielleicht eine kluge Idee, dass sich Alexandra Popp oder Simone Laudehr vergangene Woche an den Debatten ihrer Kolleginnen aus Dänemark und Norwegen nicht beteiligen wollten. Die einen streikten gerade, weil ihnen vom Verband nicht ausreichend Geld zufließt, die anderen hatten zuvor einen Kompromiss erwirkt, der dieselben Zahlungen von Verbandsseite an Frauen wie Männern vorsieht. Deutsche Führungsspielerinnen bekannten, sie hätten allenfalls die Überschriften dieser Artikel gelesen. Gleichberechtigung beim Geld werden sie nicht verlangen. Bei ihnen gebe es nämlich keinen Grund zur Klage.

Von allen Topnationen wird der Frauenfußball beim DFB auf höchstem Niveau gefördert – mit einem zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr. Im jüngsten DFB-Finanzbericht ist die Bilanz jeder einzelnen Nationalmannschaft ausgewiesen: Während das A-Team der Männer in 2016 ein Plus von mehr als 50 Millionen Euro erwirtschaftete, machten die Frauen ein Minus von fast vier Millionen. Einem Ertrag von 1,9 Millionen stand ein Aufwand von knapp 4,9 Millionen gegenüber. Ähnlich sieht es bei den Wettbewerben und dem Spielbetrieb der Frauen aus. Die üppige Quersubventionierung ist aber nur bei adäquaten Gegenleistungen unstrittig.

Zu jedem Frauen-Länderspiel wird für die Akteure, die überdies an den Werbemaßnahmen wirtschaftlich beteiligt sind, ein Rundherum-Sorglos-Paket geschnürt. Charterflüge zu Auswärtspartien (bei Überseereisen in der Business Class), eine medizinische Abteilung mit vier Physiotherapeuten, ein eigener Koch und Ernährungsberater: All das ist inzwischen – neben der Förderung der dualen Karriere – selbstverständlich geworden.

Bei der vergangenen EM war das Team hinter dem Team größer als der Spielerkader. 24 Personen von der Bundestrainerin bis zum Busfahrer, vom Videoanalysten bis zum Yoga-Trainer, kümmerten sich um 23 Fußballerinnen. Zwei Mitarbeiter sind übrigens überwiegend damit beschäftigt, für die sozialen Kanäle und DFB-TV möglichst positive Bilder und Beiträge zu produzieren. Auch heute vom Pflichtsieg gegen die Färöer Inseln – ein Land, das laut dem Uefa-Report Frauenfußball über genau eine professionelle Spielerin verfügt.