Hamburg. Dem FC St. Pauli fehlen heute Abend insgesamt acht Profis im Spiel beim oft unterschätzten Tabellenfünften

Wer sich die Heimbilanz des SV Sandhausen anschaut, kann im Grunde gar nicht auf die Idee kommen, dieses Teams aus dem Rhein-Neckar-Kreis auf die leichte Schulter zu nehmen. Und doch halten es die Trainer des jeweiligen Gegners für nötig, immer wieder explizit auf die Stärken des seit Jahren meist unterschätzten Teams der Zweiten Liga hinzuweisen.

Dies praktizierte am Sonntag auch St. Paulis Cheftrainer Olaf Janßen, dessen Mannschaft an diesem Montagabend (20.30 Uhr, Sky live und Liveticker bei abendblatt.de) im gerade einmal 15.414 Zuschauer fasssenden BWT-Stadion am Hardtwald anzutreten hat. Dabei ist es nicht nur die geringe Größe der Spielstätte, die zudem längst nicht ausverkauft sein wird, sondern auch das gesamte, provinziell anmutende Umfeld, das die Auswärtsmannschaften immer wieder zu einer gefährlichen und oft folgenschweren Überheblichkeit verleitet. „Dem Ganzen sind schon viele Mannschaften auf den Leim gegangen“, sagte denn auch Olaf Janßen am Sonntag und dachte dabei etwa an die Niederlagen der personell prominenter besetzten Teams wie FC Ingolstadt 04 und Union Berlin (jeweils 0:1) allein in dieser Saison. Überhaupt ist es in der aktuellen Spielzeit nur Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf mit dem 2:1-Erfolg gelungen, in Sandhausen mit Torschüssen erfolgreich zu sein und zu punkten.

„Man muss die besondere Situation in Sandhausen sehen. Wenn man mit dem Mannschaftsbus dahin fährt, durch den Wald kommt und dann das Stadion wahrnimmt, kann es leicht passieren, dass man nicht mit der hundertprozentigen Spannung auf das Spielfeld geht“, beschreibt St. Paulis Trainer Janßen. „Es kann leicht das Gefühl aufkommen, dass das eine Dorfmannschaft ist und dies alles dort mit Bundesliga nicht viel zu tun hat.“

St. Paulis Chefcoach ist allerdings davon überzeugt, dass seine Mannschaft dieser Leichtfertigkeit diesmal nicht erliegen wird. „Wir haben uns in der ganzen Woche genau darauf vorbereitet. Wir werden den Gegner so wahrnehmen, wie er in der Tabelle steht“, sagt der 51-Jährige. Tatsächlich steht der SV Sandhausen als Fünfter zwei Plätze besser da als der punktgleiche FC St. Pauli (je 17). Nur wer das Spiel gewinnt, kann Anschluss an den vom 1. FC Nürnberg (22) besetzten dritten Tabellenrang halten. Der Verlierer ist dann vorerst dem Mittelfeld der Liga zuzurechnen.

Nach bereits vier Auswärtssiegen in dieser Saison können die Hamburger durchaus mit einem gewissen Maß an Selbstvertrauen die Aufgabe in Sandhausen angehen. Allerdings fehlen jetzt inzwischen acht Profis wegen Verletzung. Nachdem sich zuletzt beim 1:1 gegen Kaiserslautern der flinke Cenk Sahin einen Bänderanriss zugezogen hatte, erwischte es jetzt auch noch im Training Mittelfeldspieler Richard Neudecker im Training mit einem Bänderriss im linken Fuß. Auch wenn der Bayer nicht zwingend für die Startelf vorgesehen gewesen wäre, hätte er doch eine gute Alternative als Einwechselspieler dargestellt. „Unsere Verletztensituation entwickelt sich leider nicht so, wie es sich der Trainer wünscht“, sagte Janßen am Sonntag. „Aber dieser Herausforderung müssen wir uns ja nicht erst seit heute stellen. Das macht die Mannschaft bisher auch gut. Wir haben auch in der Breite einen Kader, der das auffangen kann.“ Es gelte einfach, sich zu schütteln und nach vorn zu schauen.

Dennoch sorgt die hohe Zahl von Verletzungen für ein wenig Ratlosigkeit bei den Verantwortlichen. „Wir haben seit dem Saisonstart 16 Spieler, die vier Wochen oder länger ausgefallen sind“, resümierte Janßen. Darunter seien sieben Bänder- und Fußverletzungen sowie zwei Knieverletzungen, dazu unter anderem noch Blessuren am Schädel und an der Bandscheine sowie auch ein Sehnenabriss. „Dabei haben wir uns nachweislich in allen Bereichen – Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft, Koordination, Beweglichkeit – messbar deutlich verbessert. Das ist die beste Prophylaxe vor Verletzungen. Wir suchen daher jetzt nach Möglichkeiten, die Prophylaxe noch weiter zu verbessern, zum Beispiel die Stabilität im Fuß noch stärker zu trainieren. Wir schauen auch, welche Schuhmodelle die Spieler tragen“, referierte der Cheftrainer weiter.

Überhaupt nicht zielführend sei es hingegen, die Intensität im täglichen Training zu reduzieren. „Wir brauchen ja die Zweikampfhärte und das Spiel unter Druck am Wochenende. Darauf müssen wir uns vorbereiten“, stellte Olaf Janßen klar.

Ein wenig hat sich die Personalsituation bei St. Pauli immerhin noch rechtzeitig zum Spiel in Sandhausen entspannt. Innenverteidiger Christopher Avevor konnte seit Freitag wieder trainieren, ohne dass sein zuvor gereiztes Knie eine negative Reaktion gezeigt hätte. Dazu ist Offensivakteur Mats Möller Daehli sogar wieder eine Option für die Startelf. Der Norweger aber werde nicht volle 90 Minuten durchhalten können, sagte Janßen. „Also könnte er entweder im Laufe des Spiels von der Bank kommen, oder er spielt von Anfang an und dann eben so lange die Füße tragen.“