Hamburg. Fans des FC St. Pauli leiden verstärkt unter ungünstigen Ansetzungen. „Ein Diktat der TV-Rechte-Inhaber“

Die Fans des FC St. Pauli sind mehrheitlich sicher keine Anhänger deutscher Schlager aus den 70er-Jahren. Für den Cindy-und-Bert-Hit „Immer wieder sonntags“ könnten sie jedoch Sympathie entwickeln, wenn es denn auf die von ihnen immer wieder zu Tausenden besuchten Auswärtsspiele ihres Teams zuträfe.

Doch davon kann keine Rede sein. Das Motto ist vielmehr „immer wieder montags“. So ist es auch kommenden Spieltag, wenn St. Pauli am Montagabend um 20.30 Uhr im knapp 600 Kilometer entfernten BWT-Stadion am Hardtwald in Sandhausen anzutreten hat. „Zu dieser Ansetzung erübrigt sich jeder Kommentar“, heißt es auf der Homepage des St.-Pauli-Fanladens, der dennoch eine Busfahrt vom Millerntor anbietet. Abfahrt ist am Montag um 10 Uhr, geplante Rückkehr am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr.

„Ich rechne damit, dass allein aus Hamburg zwischen 500 und 800 Fans nach Sandhausen fahren. Dazu kommen dann noch viele Fans unseres Vereins, die im Süden wohnen. Daher werden wohl an die 2500 Anhänger unser Team am Montagabend unterstützen“, sagt Tilman M. Brauns vom Fanclub-Sprecherrat des FC St. Pauli.

Aus dieser Reiselust zu schließen, den St.-Pauli-Fans sei die Terminansetzung egal oder passe sogar gut in ihren Wochenplan, wäre allerdings eine falsche Interpretation. Es herrscht vielmehr eine Art resignativer Unmut. Schon seit etlichen Jahren ist der FC St. Pauli weit überdurchschnittlich an den Montagsspielen der Zweiten Liga beteiligt, die vor 24 Jahren ihre Premiere feierten. Am 18. Oktober 1993 trafen – natürlich – der FC St. Pauli und der damalige Tabellenführer VfL Bochum aufeinander. Das Spiel endete 1:1, knapp 4000 der damals 22.000 zur Verfügung stehenden Plätze blieben leer. Bei den Bochumer spielte übrigens Uwe Stöver, seit heute Sportchef des FC St. Pauli, in der Verteidigung.

Jetzt ist Sandhausen für St. Pauli bereits das dritte Auswärtsspiel dieser noch jungen Saison, das an einem Montagabend stattfindet. Es begann mit der Pokalpartie in Paderborn Mitte August, darauf folgte das Match in Nürnberg im September. Zudem gab mit dem Heimspiel gegen Dresden noch ein weiteres Montagsspiel für St. Pauli.

„Von den Versprechen der Deutschen Fußball-Liga, bei den Montagsspielen Rücksicht auf die Entfernung zu nehmen, ist sehr wenig übrig geblieben“, sagt Brauns. Und weiter: „Es liegt auf der Hand, dass die Ansetzungen für die Montagsspiele ein Diktat der TV-Rechte-Inhaber sind. Wir haben es mit einer Sport-Industrie zu tun. Sky will möglichst vielen Abonnenten gerecht werden und den Stadionbesuchern.“

Brauns räumt allerdings ein, dass derzeit mit einem konsequenten Protest der Fans, wie etwa einem geschlossenen Reiseboykott, nicht zu rechnen ist. „Das ist auch ein Ausdruck der Resignation. Uns ist klar geworden, dass die DFL kein Interesse an einem echten Dialog mit den Fans hat“, sagt er.

Zu den drei Montagsspielen auf fremden Plätzen kamen für die St.-Pauli-Anhänger seit Ende März auch noch fünf Auswärtsspiele am Freitagabend, was für die mitreisenden Fans auch meist bedeutet, einen Urlaubstag nehmen zu müssen, und das Dienstagsmatch bei Holstein Kiel. An einem Sonnabend oder Sonntag fanden seither nur ganze zwei Auswärtsspiele statt – ein krasses Missverhältnis.

Andreas Rettig, der kaufmännische Geschäftsführer des FC St. Pauli, geht unterdessen davon aus, dass sich die Häufung von Auswärtsspielen an Wochentagen so nicht fortsetzen wird. „Zur gesamten Problematik stehen wir natürlich im Dialog mit der DFL“, sagt er und empfiehlt, jeweils eine gesamte Saison zu betrachten. Dafür hat er St. Paulis Auswärtsspiele der vergangenen Spielzeit mit denen der ebenfalls attraktiven Clubs Union Berlin und 1. FC Nürnberg verglichen. „Mit acht Auswärtsspielen an einem Freitag oder Montag hatte Nürnberg eines mehr als wir und Union. Hier lässt sich also keine Schlechterstellung ableiten“, sagt er. Fakt ist aber auch, dass der SV Sandhausen seit seinem Zweitligaaufstieg 2012 genau ein Punktspiel an einem Montagabend bestreiten musste.

„Wir können es gar nicht hoch genug bewerten, dass wir – egal an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit – immer auf unsere Fans zählen können. Da kann man sich nur bei jedem Einzelnen bedanken. Spiele am Montag oder Freitag stellen unsere Fans auch aufgrund der geografischen Lage Hamburgs vor große Herausforderungen“, sagt Rettig.

Etwas Entspannung ist in Sicht. St. Paulis Spiele in Berlin und Fürth finden an einem Sonnabend und Sonntag statt, ehe es an einem Freitag nach Bielefeld geht. Wie es 2018 weitergeht, ist noch das Geheimnis der DFL.