Hamburg. Cenk Sahin fällt wochenlang aus. Trainer Janßen bewertet 1:1 gegen Kaiserslautern überraschend positiv

Die schlechteste Nachricht des Wochenendes ereilte die Spieler und Verantwortlichen des FC St. Pauli erst rund 20 Stunden nach dem ernüchternden 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern. Eine Untersuchung bei den Mannschaftsärzten Sebastian Schneider und Volker Carrero am Sonnabend ergab, dass sich Cenk Sahin im Heimspiel am Freitagabend einen Innenbandanriss im linken Knie zugezogen hat. Der schnelle und technisch starke, offensive Außenbahnspieler wird damit rund vier Wochen ausfallen. Eine Rückkehr ins Team ist frühestens nach der nächsten Länderspielpause zum Heimspiel gegen den SSV Jahn Regensburg am 19. November realistisch.

Sahin, dessen Aktionen auf dem Spielfeld oft zwischen genial und verheerend schwanken, hatte zuletzt vor allem mit seinen Treffern gegen Fortuna Düsseldorf und bei Eintracht Braunschweig gezeigt, dass er für St. Pauli überaus wertvoll sein kann. Auf jeden Fall trifft sein Ausfall das Team vom Millerntor schwer in einer Saisonphase, in der es darum geht, sich bis zur Winterpause im oberen Tabellendrittel festzusetzen und den drohenden Sturz ins Mittelmaß zu vermeiden.

Schon am Freitagabend hatte es die Mannschaft von Trainer Olaf Janßen verpasst, im Heimspiel gegen ihren bisher schwächsten Gegner dieser Saison einen Heimsieg zu landen und sich in der Tabelle vor den nächsten Gegner, den SV Sandhausen, zu setzen, der seinerseits am Sonnabend 0:2 beim VfL Bochum verlor.

Die Bewertung des 1:1 gegen den abstiegsgefährdeten 1. FC Kaiserslautern war unterdessen bei den Beteiligten einigermaßen unterschiedlich. „Heute bin ich ein sehr zufriedener Trainer“, sagte Olaf Janßen am Sonnabendvormittag, nachdem er die in Nachtarbeit von Andrew Meredith erstellte Videoanalyse der Partie angeschaut hatte. „Ich habe 17:1 positive Aktionen Richtung Tor gesehen“, sagte Janßen in der Nachbetrachtung. Daraus resultierten allerdings in den 90 Minuten plus Nachspielzeit nur ganze fünf Torschüsse – gerade in einem Heimspiel gegen eine limitierte und aufgrund ihrer Situation verunsicherte Mannschaft ist dies ein magerer Wert. Wirklich nennenswert waren am Ende nur das erste Saisontor von „Königstransfer“ Sami Allagui, eine zuvor vom Torschützen vergebene Großchance sowie ein abgefälschter Torschuss des eingewechselten Mats Möller Daehli, bei dem Kaiserslauterns Torwart Marius Müller herausragend reagierte.

„Wir dürfen nicht vergessen, woher wir kommen“, betont Trainer Janßen immer wieder, wenn er aufkommende Unzufriedenheit mit dem in dieser Saison bisher Erreichten spürt. „Vor einem Jahr hatten wir nach zehn Spielen fünf Punkte“, sagte er jetzt. Nach dem 1:1 gegen Kaiserslautern stehen nun 17 Zähler, also mehr als das Dreifache, auf dem Konto. Ob es jedoch sinnvoll ist, die verheerende und indiskutable sportliche Situation der ersten 14 Spiele der vergangenen Saison (Platz 18 mit nur sechs Punkten) jetzt ernsthaft als Maßstab und Vergleichswert heranzuziehen, liegt nicht gerade auf der Hand.

Auf die immer wieder bemühte Frage, woher das derzeitige Team des FC St. Pauli denn komme, liegt als Antwort allein schon zeitlich die vergangene Rückrunde mit dem Rekordergebnis von 34 Punkten aus 17 Spielen viel näher. Vor allem in der Schlussphase der vergangenen Spielzeit hatte das Team, das maßgeblich auch schon vom damals offiziell noch als Co-Trainer fungierenden Olaf Janßen eingestellt worden war, mit sechs Siegen aus den letzten sieben Spielen sein Potenzial weit mehr entfaltet, als dies jetzt in den Heimspielen gelingt. Hatten sich die St. Paulianer bei den Heimniederlagen gegen Ingolstadt (0:4) und Düsseldorf (1:2) durch Schläfrigkeit schon in der Anfangsphase einen Rückstand eingehandelt, so gelang es weder beim 2:2 gegen Dresden noch jetzt gegen Kaiserslautern (1:1), eine Führung zu verteidigen oder auszubauen. Aus den bisher fünf Heimspielen steht nur der buchstäblich in letzter Sekunde sichergestellte 1:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim zu Buche. Das ist nun schon wieder knapp zwei Monate her.

Vor diesem Hintergrund hatten nach dem Unentschieden gegen Kaiserslautern einige Spieler, wie etwa Kapitän Bernd Nehrig, von einer „gefühlten Niederlage“ gesprochen. „Für unseren Anspruch, den wir mittlerweile haben, war das Unentschieden zu wenig. An unserem Spiel habe ich wenig auszusetzen, aber das Ergebnis tut weh“, sagte auch Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann, der diesmal bei seinem ersten Startelfeinsatz nach seiner Verletzungspause ohne Treffer oder Torvorlage blieb.

Diese selbstkritische Haltung seiner Profis, die auch am Sonnabend noch zu spüren war, sieht Olaf Janßen mit gemischten Gefühlen. „Wenn uns so ein Spiel auch am Tag danach noch so herunterzieht, was passiert denn dann, wenn man mal zwei Spiele hintereinander verliert?“, fragte er. „Auf der anderen Seite möchte ich natürlich so eine Einstellung sehen, dass wir damit nicht zufrieden sind, sondern hungrig bleiben und jeder einzelne von sich selbst mehr erwartet“, sagte der Cheftrainer weiter.

„Jetzt fahren wir eben nach Sandhausen und müssen die weghauen“, sagte Christopher Buchtmann voller Trotz und mit dem Blick nach vorn. Es wäre schon der fünfte Auswärtssieg dieser Saison. Dass dies auch ohne den jetzt verletzten Cenk Sahin möglich ist, hat St. Pauli bei den 1:0-Erfolgen in Nürnberg und Kiel schon bewiesen.