Mainz/Hamburg. Auch wenn die Torflaute beendet wurde, geht die Negativserie weiter. Trainer Markus Gisdol gibt sich dennoch kämpferisch

Zunächst war alles wie gewohnt im Volkspark. Am Tag nach einer erneuten Niederlage machte Markus Gisdol mit einigen HSV-Profis eine Radtour durch den Volkspark, während die restlichen Stammkräfte am Sonntagvormittag locker joggten und die Ersatzspieler auf dem Platz trainierten. Im Anschluss der regenerativen Einheit war dann aber doch etwas anders als in den vergangenen Wochen. Gisdol hatte noch immer an dem unnötigen 2:3 in Mainz zu knabbern und trat mit finsterer Miene vor die wartenden Medienvertreter. „Es fällt mir schwer, diese Niederlage zu akzeptieren. Ich wäre selbst mit einem Unentschieden unzufrieden gewesen“, sagt der Trainer.

Dass es nicht mal mehr zu einem Punkt bei den keinesfalls besseren Mainzern reichte, lag vor allem an individuellen Nachlässigkeiten vor dem eigenen sowie dem gegnerischen Tor. Es dauerte nicht mal mehr 120 Sekunden, da musste HSV-Torhüter Christian Mathenia an alter Wirkungsstätte bereits das erste Mal hinter sich greifen. Alexandru Maxim vollstreckte nach einer schier endlosen Fehlerkette der Hamburger Defensive zur frühen Führung für die Gastgeber. Es dauerte allerdings nur wenige Minuten, bis der HSV die passende Antwort parat hatte. Aaron Hunts eigentlich verunglückter Freistoß wurde erst durch die Verlängerung des Mainzer Innenverteidigers Christian Bell gefährlich, der unfreiwillig mit dem Kopf für Walace ablegte (9.). Mit seinem Treffer beendete der Brasilianer auch das ewige Minutenzählen nach 458 torlosen Zeigerumdrehungen.

Es folgte eine Phase, in der die Hanseaten dem 2:1 näher waren als die Heimelf. Doch weder Bobby Wood (15.) noch André Hahn (42.), der aus sechs Metern nur die Latte traf, brachten den Ball im Tor unter. Unmittelbar zuvor versäumte es Aaron Hunt, den Querschläger des Ex-Hamburgers René Adler auszunutzen (42.).

Gisdol machte Hahns und Hunts Blackouts zu den Schlüsselfaktoren der Partie aus. „Wir können aus Spielen, in denen wir mindestens auf Augenhöhe sind, nur etwas mitnehmen, wenn Situationen wie die von Hahn zum Tor führen“, sagt der Coach. „Auch Adler ist kurz davor, der Verlierer des Spiels zu sein.“ Statt in Führung zu gehen, ging es in die Pause mit einem 1:1, das allerdings nicht lange währte, denn wieder verschlief der HSV die Anfangsphase. Der bei Standards für Bell eingeteilte Mavraj ließ den Abwehrspieler mit reichlich Sicherheitsabstand eine verlängerte Mainzer Ecke über die Linie drücken (52.). Im direkten Gegenzug vergab Tatsuya Ito frei stehend den möglichen Ausgleich, ehe der wie schon gegen Bremen von Krämpfen geplagte Japaner den Platz verließ. „Es hilft uns nicht weiter, wenn er zweimal in Folge nach 50 Minuten runter muss. Das ist kein Bundesliganiveau“, meint Landsmann Gotoku Sakai, dessen Ansicht nicht von seinem Trainer unterstützt wurde. „Ich kann den Jungen nur in Schutz nehmen“, sagt Gisdol. „Er war ein Jahr verletzt und muss sich erst an das Tempo gewöhnen. Jede Minute, die er auf dem Platz war, hat uns gutgetan.“

In seinen ersten Minuten nach fünfwöchiger Verletzungspause musste Filip Kostic, der für Ito kam, mit ansehen, wie ein unplatzierter Distanzschuss von Danny Latza durch die Hände von Mathenia rutschte (58.). Und wie reagierten die Hamburger? Erst einmal gar nicht. Aufbäumen? Fehlanzeige. Mit seinem verwandelten Elfmeter in der Nachspielzeit betrieb der eingewechselte Sejad Salihovic nur noch Ergebniskosmetik. „Die Niederlage war total unnötig. Wir wollten heute die Wende unserer Negativserie schaffen“, sagt Sportchef Jens Todt.

Doch nach nur einem Punkt aus den vergangenen sechs Spielen stellt sich die Frage, gegen wen der HSV punkten will? Schon zu einem frühen Zeitpunkt der Saison deutet sich an, dass der HSV sich wieder auf eine lange Saison im Abstiegskampf einstellen kann. Nur Gisdol will von diesem Szenario noch nichts wissen: „Für Panik bin ich sowieso der falsche Ansprechpartner. Ich mache meinen Job mit Freude und Leidenschaft. Wir haben hier schon schwierigere Situationen gemeistert.“

An dem von Clubboss Heribert Bruchhagen ausgegebenen Ziel, bis zur Winterpause 18 Punkte zu holen, will Gisdol festhalten. „Ich halte diese Vorgabe für realistisch.“ Den Bock umstoßen will der Trainer gegen keinen geringeren als Bayern München. Danach geht es zur Hertha nach Berlin, wo die Hamburger seit fünf Jahren punkt- und torlos sind. „Wir müssen anfangen zu punkten, egal, gegen wen.“

Der Druck wächst – für den HSV und auch für Gisdol persönlich.