Fehlende Selbstkritik. In diesen zwei Worten verdichten sich die Klagen vieler Amateurfußballvereine über unverständliche Verbandsentscheidungen. Sie speisen sich aus der nicht nur im Sport verbreiteten Empfindung, „die da oben“ klüngelten miteinander, was das Zeug hält. Das mögliche Ausscheiden des Titelverteidigers Eintracht Norderstedt am grünen Tisch aus dem Oddset-Pokal – dessen Gewinn dem Verein in den vergangenen beiden Jahren die Teilnahme am lukrativen DFB-Pokal und jeweils mehr als 120.000 Euro Einnahmen garantierte – offenbart zweierlei: Erstens sind die Klagen zum Teil nachvollziehbar. Zweitens existieren im Hamburger Fußball-Verband (HFV) durchaus mutige Funktionsträger. Solche, die eben nicht jeden scheinbar geschickten Schachzug legitimieren.

Einer dieser mutigen Männer heißt Christian Koops. Der Vorsitzende des HFV-Sportgerichts urteilte nüchtern, Norderstedts Philipp Koch sei beim Pokalsieg nach Elfmeterschießen in Niendorf nicht spielberechtigt gewesen. Koch sah in der Regionalliga Nord drei Tage zuvor die Rote Karte. Die Eintracht telefonierte daraufhin mit Uwe Dittmer, dem Sportgerichtsvorsitzenden des Norddeutschen Fußball-Verbandes (NFV). Dittmer erteilte Koch die Freigabe. HFV-Sportrichter Koops erinnerte seinen Kollegen beim höher gestellten NFV nun an dessen eigene Statuten.

Denen zufolge ist ein des Feldes verwiesener Spieler bis zu einem Urteil in sämtlichen Pflichtspielen gesperrt. Das Urteil fällte der NFV aber erst zwei Tage nach dem Pokalspiel. Dittmer war außerdem als Einzelperson nicht entscheidungsbefugt. Ein Sportgericht ist ein Gremium, keine One-Man-Show. Schon zuvor hatte Dittmer auf Nachfrage des Abendblatts die Rechtsgrundlage seiner Entscheidung nicht benennen können – und damit die faustdicke Blamage für seinen Verband zementiert.

Tragisch ist die Rolle von Eintracht Norderstedt in diesem Desaster. Es ist sicher legitim, sich zu informieren. Wer aber nicht selbst in die Spielordnung guckt und auf telefonische Auskünfte pocht, darf anderseits nicht allzu viel Mitleid erwarten. Koops’ Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das letzte Wort hat das HFV-Verbandsgericht. Möge es ein faires Urteil sprechen. Und ein mutiges.