Kaiserslautern. Aus 40 Spielern muss der Bundestrainer die 23 Besten für die WM wählen

Das ist ein guter Ort, um den Blick in die Ferne zu richten. Vom Fußballstadion auf dem Betzenberg ist die Aussicht auf die Stadt Kaiserslautern und das, was sie so umgibt, beträchtlich. Aber Joachim Löw blickte, als es Nacht geworden war, weit über die Pfalz hinaus, bis nach Russland. „Bei einer WM warten ganz andere Gegner“, sagte der Bundestrainer nach dem 5:1-Sieg gegen Aserbaidschan und machte zum wiederholten Male klar, dass das alles sehr respektabel sei – die mit Bestmarke von zehn Siegen aus zehn Spielen gesicherte Qualifikation, die vielen Tore, die tollen Talente –, aber dass jetzt der Augenblick gekommen sei, sich auf das Großturnier im nächsten Sommer vorzubereiten.

„Brutal hart“ werde es, den Titel zu verteidigen, die Spieler müssten „den unbedingten Hunger“ für den Coup am besten schon jetzt zu züchten beginnen, müssten sich bereit machen, in „jeder Sekunde ihre Topleistung abrufen zu können“. Nur Deutschland, der Weltmeister, habe etwas zu verlieren. Löws Rhetorik in den vergangenen Tagen ließ keine Zweifel, dass er längst in den WM-Modus geschaltet hat, und er dies auch dringend seinen Spielern rät. Von denen hat er reichlich. 37 setzte er in der Bewerbungsphase ein, mehr als je zuvor. Aus einem Kandidatenkreis von mehr als 40 Spielern muss er die besten 23 im Mai auswählen. Den größten Konkurrenzkampf seiner mittlerweile zwölfjährigen Amtszeit hatte er vor Wochen ausgerufen.

Bis zur Nominierung des vorläufigen WM-Kaders im Mai sind es nur noch vier Länderspiele, zwei im November (Gegner: Niederlande und vermutlich Frankreich) und zwei im März (Brasilien und Spanien). „Da will ich einiges testen“, sagt Löw, „die Einspielphase für ein Turnier beginnt immer erst im Mai.“

Zu tun ist bis dahin noch genug. Noch, sagt Löw, verfüge er mit Joshua Kimmich lediglich über einen einzigen Außenverteidiger von internationalem Format. Und er wird Härtefälle moderieren müssen. Was wird aus den Weltmeistern Benedikt Höwedes, André Schürrle oder Sami Khedira? Ihr Status ist – auch wegen Verletzungen – ungeklärt. Torwart Bernd Leno gefährdete mit Fehlern zuletzt sein WM-Ticket. Und: Wer darf von den jungen Wilden mit? Julian Brandt? Leroy Sané? Serge Gnabry? Auch will Löw auf Männer wie Ilkay Gündogan (vom Kreuzbandriss genesen) und Marco Reus (fällt mit Kreuzbandteilriss bis zum Frühjahr aus) setzen. „Die Tür ist natürlich offen. Manchmal kommt der eine oder andere dazu, mit dem man noch nicht rechnet“, sagt Löw.