Kaiserslautern . Deutsche Nationalmannschaft beendet WM-Qualifikation für 2018 mit einem 5:1-Sieg über Aserbaidschan

Thomas Gassmann

Der Abschied geriet dann doch sehr versöhnlich. Gegen Ende dieses heiteren Fußballspiels schwappte sogar die Welle der Begeisterung über die Tribünen im ehemals berühmten und berüchtigten Stadion am Betzenberg in Kaiserslautern. Und mit freundlichem Applaus wurden die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach ihrem Dienstende verabschiedet. Einen erwarteten 5:1 (1:1)-Sieg hatte der Weltmeister gegen den Außenseiter Aserbaidschan im letzten WM-Qualifikationsspiel zustande gebracht und damit die Bestmarke der Spanier aus dem Jahr 2009 überboten. Zehntes Spiel, zehnter Sieg, astronomisches Torverhältnis von 43:4. Wunderbare Zahlen. Weltrekord! Der Rest an diesem Abend? War nicht durchgehend begeisternd. Mit Ankündigung.

Ständig neu erfinden müsse sich der Weltmeister, hatte Bundestrainer Joachim Löw am Tag vor dem Spiel gesagt. Er meinte: Ständig alles auf den Prüfstand stellen, um Nachlässigkeiten keinen Raum zu geben. Für den Sonntagabend hieß neu erfinden: auszutauschen. Löw ließ von der Mannschaft, die am Donnerstag die WM-Teilnahme perfekt gemacht hatte, so gut wie nichts übrig. Auf sieben Positionen veränderte er seine Startformation im Vergleich zum 3:1-Sieg in Nordirland und sagte wohl auch deshalb, dass es sein könne, nun ja, dass vielleicht, eventuell seine Mannschaft nicht ganz so flüssig spielen werde, dass sich der schwarz-rot-goldene Zauber ein wenig in Grenzen halten könne. Und, wie soll man sagen? Er hatte zunächst nicht zu wenig versprochen.

Zumindest galt das für die erste Halbzeit, die aus deutscher Sicht einigermaßen erschütternd verlief. Offenbar mit dem Willen angetreten, für Unterhaltsames zu sorgen, versuchten sich die deutschen Spieler an einer fast schon unübersichtlichen Anzahl an Hackentricks, die mitunter sogar ihren Zweck erfüllten. Sehr sehenswert zum Beispiel in der achten Minute, als der Schalker Leon Goretzka nach einer Ecke zum Abschluss kam. Mit einer Art Hackentrickdropkick beförderte er den Ball aus fünf Metern hoch ins Tor. Auch die zweite deutsche Chance im ersten Durchgang wurde mit der Hacke eingeleitet, die von Thomas Müller. Sandro Wagner kam frei vor dem Tor zum Schuss, der Ball sprang vom Torwart an den Pfosten, zurück an Wagners Knie und ins Toraus (31.). Pech. Pannen gab es aber auch reichlich.

Nach einem Fehlpass von Niklas Süle musste Richard Almeida eigentlich schon den Ausgleich erzielen, doch der Ball trudelte am Pfosten vorbei (13.), Torwart Bernd Leno verursachte mit einem verunglückten Befreiungsschlag Gefahr (21.), ehe die Unannehmlichkeiten erstaunliche Ausmaße annahmen. Wegen einer Oberschenkelverletzung brach Shkodran Mustafi ein Laufduell ab, Ramil Sheydaev zog mit dem Ball los, tanzte Antonio Rüdiger gleich zweimal aus und gegen den indisponierten Leno ins kurze Eck (32.). Mustafi musste verletzt ausgewechselt werden, Niklas Süle ging es vorher schon genau so. Die Verunsicherung hatte nun auch jene ergriffen, die sonst mit dem Ball umgehen können. Die Folge: Fehlpässe, misslungene Ballannahmen, unfreiwillige Komik gar. Und ein beständiges Raunen auf dem Betzenberg in Kaiserslautern, der eigentlich vom hiesigen Zweitligisten größten Kummer gewohnt sein müsste.

Aber zumindest besserte sich das Bild in der zweiten Halbzeit, weil die Nationalelf mit mehr Elan aus der Kabine kam und die Ängstlichkeit abstreifte. Die erneute Führung erzielte Sandro Wagner. Der Stürmer köpfte eine Brandt-Flanke nachweislich ins Tor (54.). Im ersten Moment bestanden Zweifel, weil Javid Hüseynov knapp hinter der Linie klärte, das Hawk Eye bestätigte den Treffer. Es war Wagners fünftes Tor im fünften Länderspiel. Eine Quote, die der Hoffenheimer gern weiter pflegen würde.

Doch es waren zunächst andere Spieler, die sich am dann doch überforderten und müder werdenden Gegner laben durften. Lars Stindl traf zunächst von der Strafraumgrenze aus nur den Pfosten (61.), ehe der nächste Treffer fiel. Antonio Rüdigers Kopfball nach einem Eckball lenkte Badavi Hüseynov ins eigene Tor (64.). Leon Goretzka machte mit seinem Treffer nach Hereingabe von Sané weiteren aserbaidschanischen Widerstand im Sinne einer Überraschung zwecklos (66.). Der in der ersten Halbzeit überforderte Emre Can ließ mit einem sehenswerten Fernschuss das 4:1 folgen (81.). Ein standesgemäßer Sieg – mit einigem Anlauf.

Deutschland: Leno – Kimmich, Mustafi (36. Ginter), Süle (22. Rüdiger) – Can – Brandt, Müller (69. Younes), Goretzka, Sané – Wagner, Stindl. Schiedsrichter: Treimanis (Lettland). Tore: 1:0 Goretzka (8.), 2:1 Wagner (54.), 3:1 Badawi Hüsejnow (64., Eigentor), 4:1 Goretzka (66.), 5:1 Can (81.). Zuschauer in Kauserslautern: 37.613.