München. Der 72-jährige Jupp Heynckes soll die Mannschaft des FC Bayern bis Saisonende trainieren – angeblich kein Platzhalter für Nagelsmann

Jupp Heynckes will es noch einmal wagen. Mit einem kühnen Comeback-Plan um den gefeierten Tri­ple-Trainer hofft der FC Bayern, sein schwächelndes Star-Ensemble wieder titelfähig zu kriegen. Die kurz vor dem Abschluss stehende und wohl befristete Rückholaktion des 72 Jahre alten Fußball-Rentners soll den Bossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zudem die nötige Zeit verschaffen, die Nachfolge des vor einer Woche gefeuerten Carlo Ancelotti in Ruhe zu regeln. Nur noch Detailfragen sind zu klären.

Noch vor dem Wochenende könnte der Deal fix gemacht werden. Der für die Trendwende Auserkorene gab sich noch zurückhaltend. „Es ist noch nichts klar oder in trockenen Tüchern“, sagte
Heynckes der „Rheinischen Post“. Dabei bestätigte er aber, dass die Clubführung ihm einen Vertrag bis Sommer 2018 angeboten hat.

Vor einer insgesamt vierten Zusage in München wollte der Ex-Profi „das Ganze zunächst mal analysieren“. Seit seinem Weggang 2013 als gefeierter Triple-Macher in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League seien schließlich viereinhalb Jahre vergangen, „und der Fußball hat sich weiter verändert“. Er selbst sei aber „topfit“.

Eine Reaktivierung des Routiniers vom Niederrhein soll für die Bayern um Heynckes-Freund Hoeneß, der als Präsident und Aufsichtsratschef wieder intensiv in das Tagesgeschäft eingreift, viele Vorteile haben: Vor allem könnten die Bosse ohne Zeitdruck bis zur nächsten Saison einen Chefcoach für die Zukunft suchen.

Der öffentlich heiß gehandelte Hoffenheimer Julian Nagelsmann muss keineswegs 2018 in München landen. Wie vom FC Bayern zu hören war, ist der Heynckes-Deal keine vorbereitende Maßnahme, die automatisch zu einer Verpflichtung des großen Trainertalents führen soll. Spekulationen, Heynckes sei nur Platzhalter für den mehr als 40 Jahre jüngeren Coach, entbehrten jeglicher Grundlage, hieß es. Auch soll es keine Absprachen zwischen Bayern-Präsident Hoeneß und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp geben.

Die Kraichgauer gaben sich „extrem entspannt“. Es gebe keinerlei Anfragen der Bayern, sagte ein Sprecher und verwies auf den bis 2021 laufenden Vertrag von Nagelsmann. Zuletzt hatte dieser seine persönliche Vision als Chefcoach publik gemacht. „Der FC Bayern spielt in meinen Träumen schon eine etwas größere Rolle“, sagte er.

Andererseits wird Heynckes als Bayern-Kenner auch kurzfristig zugetraut, die verunsicherte und durch Missstimmung geschwächte Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. In der Bundesliga hat der Titelverteidiger fünf Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Dortmund. In der Champions League setzte es ein 0:3 bei Paris Saint-Germain. Nach der Schlappe musste Coach Ancelotti in der vergangenen Woche gehen, auch weil sich etliche Spieler wie die erfahrenen Arjen Robben und Franck Ribéry bei den Bossen massiv beschwert haben sollen.

Heynckes kennt einige Profis noch aus seiner Zeit an der Säbener Straße, darunter neben Robben und Ribéry auch Thomas Müller und Manuel Neuer. Jérome Boateng war von Heynckes wie gewünscht in die Innenverteidigung versetzt worden. Den Chilenen Arturo Vidal hatte der Coach zuvor lange in Leverkusen trainiert. Als Co-Trainer soll der früherer Assistent Peter Herrmann (64) kommen. Doch der steht noch in Düsseldorf unter Vertrag.