Belfast. DFB-Trainer fordert Umdenken: „Haben nicht die besten Talente in der Bundesliga“

Eigentlich, so begann Joachim Löw seine Ausführungen, sei der Zeitpunkt falsch gewählt. Doch er konnte wohl nicht anders. Einen Tag vor dem WM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Nordirland (Do., 20.45 Uhr, RTL) hat sich der Bundestrainer in Belfast besorgt zur desaströsen Europapokal-Woche der deutschen Bundesligisten geäußert. Diese hatten in sechs Spielen in der Champions League (Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig) und der Europa League (Hertha BSC, 1899 Hoffenheim und 1. FC Köln) nicht nur keinen Sieg geholt, sondern sogar keinen einzigen Punkt.

„Sechs verlorene Spiele sind ein wenig alarmierend. Wenn man alle Spiele verliert, dann muss man sich Gedanken machen. Ob das eine Tendenz ist, muss man abwarten. Es wäre verfrüht, jetzt ein Fazit zu ziehen, denn Dortmund und Bayern München haben zum Beispiel noch gute Chancen weiterzukommen“, begann der Bundestrainer einigermaßen zurückhaltend, um sich dann aber doch ein wenig in Rage zu reden. Offenbar sah er die Gelegenheit, ein aus seiner Sicht weit verbreitetes Urteil zu widerlegen.

„Wenn man zurückgeht in diesem Jahrhundert, muss man sagen, dass deutsche Clubs im internationalen Vergleich nicht allzu viele Titel geholt haben. Jeder, der behauptet, die deutsche sei die beste Liga überhaupt, sollte sich hinterfragen, ob das auch stimmt. Das ist ein Trugschluss.“ Die spanischen Clubs hätten in der gleichen Zeit „eine ganze Reihe an Titeln geholt“.

Es gebe Gründe dafür, dass die Ergebnisse so ausfallen, wie sie ausfallen. Was man besser machen könne, „darüber mache ich mir nicht erst seit der vergangenen Woche Gedanken“, sagt Löw. Die Eindrücke, die er und seine Trainer und Scouts in Südamerika, in Spanien oder Frankreich erhielten, gäben keineswegs dazu Anlass zu glauben, dass es eine solche Menge an Talenten nur in Deutschland gebe. „Zu sagen, wir in Deutschland hätten die besten Talente überhaupt, ist falsch.“

Auch in anderen Ländern gebe es „überragende Spieler“, warnte Löw vor zu viel Hochmut in den eigenen Reihen ob einer Fülle von talentierten Spielern, mit denen Löw im Sommer in Abwesenheit vieler Stars den Confed Cup gewann. „Aber jetzt“, sagte Löw zum Ende seiner Ausführungen zu diesem Thema, „ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu reden.“