Sarasota. Das deutsche Paradeboot holt bei der Ruder-WM in Florida den einzigen Sieg. Naske im Einer Sechster

Nach der grandiosen Goldfahrt des Deutschland-Achters waren sogar die gefräßigen Alligatoren vergessen: In hohem Bogen warf die jubelnde Mannschaft von Bundestrainer Uwe Bender ihren Steuermann Martin Sauer ins kalte Wasser, immerhin war keines der Raubtiere in Sicht. Zu Feiern gab es genug: Auf den Tag genau sechs Jahre nach dem bisher letzten WM-Titel ruderte das deutsche Paradeboot in Florida endlich wieder zu Gold.

„Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Ich bin über die Ziellinie gefahren und habe gedacht: Das kann doch nicht wahr sein, jetzt bin ich auf einmal vorne“, sagte Schlagmann Hannes Ocik nach dem souveränen Sieg vor Gastgeber USA und Italien: „Ich bin super glücklich und immer noch voller Adrenalin. Es wird dauern, das zu realisieren.“ Bei Temperaturen von erneut um die 30 Grad Celsius behielt das Flaggschiff der Deutschen Ruderverbandes (DRV) in einem spannenden Rennen kühlen Kopf. Nach einem ordentlichen Start übernahm die Crew die Kontrolle, zog Zentimeter um Zentimeter davon und ließ bis zum Ziel nichts mehr anbrennen. Nach 2000 Metern und 5:26,85 Minuten lag das „deutsche Traumschiff“ etwa eine halbe Bootslänge vor dem geschlagenen Achter der USA.

„Das ist das i-Tüpfelchen auf eine ganz tolle Saison“, sagte Trainer Bender über seine im gesamten Jahr 2017 ungeschlagene Mannschaft und fügte an: „Ich bin sehr stolz. Wir wollten das Rennen in die Hand nehmen, wollten den anderen Mannschaften Druck geben, damit sie hohes Tempo gehen müssen. Das haben wir geschafft.“

Mit dem Triumph in Sarasota endete eine lange Durststrecke: 2013, 2014 und 2015 hatte sich das deutsche Team jeweils mit WM-Silber begnügen müssen, auch bei Olympia 2016 in Rio reichte es „nur“ zu Rang zwei – immer hinter Großbritannien. Der ewige Konkurrent von der Insel hat die vielen Neubesetzungen nach Olympia aber längst nicht so gut verkraftet wie das deutsche Boot, in Florida scheiterte der Titelverteidiger schon im Halbfinale.

Ganz anders die deutsche Mannschaft, die mit einer Mischung aus jungen Wilden und alten Hasen ihr Jahr krönte. Dem Team könnte nun eine Erfolgs-Ära bevorstehen. Die aktuelle Mannschaft erinnere ihn „stark an die vier Jahre von 2009 bis 2012, als wir dreimal hintereinander Weltmeister und in London auch noch Olympiasieger wurden“, hatte zuletzt Richard Schmidt gesagt. Schmidt muss es wissen, er sitzt seit neun Jahren im Achter.

„Ein absoluter Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte auch der Hamburger Torben Johannesen (RC Bergedorf). „Heute wird gefeiert. Die Drucksituation war unbeschreiblich. Wir hatten in dieser Saison jedes Rennen gewonnen – und dann musst du hier solange warten, bis endlich dieses Finale ist. Es ist unbeschreiblich.“ Der Deutschland-Achter hatte nach seinem Vorlaufsieg fünf Tage Pause. Mit Blick auf seinen Bruder Eric (29) sagte der 23-Jährige: „Wir sind die beste Familie. Jetzt fehlt nur noch das wir zusammen in einem Boot sitzen. Das kommt vielleicht nächstes Jahr. Das würde noch mal alles toppen.“ Seine Analyse des Rennens: „Wir haben versucht, von Anfang an gut rauszukommen. Die Neuseeländer sind stark mitgegangen, da mussten wir unseren Rhythmus halten. Über die Mitte konnte dann keiner unser Tempo mehr halten, und hintenraus hat es einfach gereicht.“

Insgesamt fiel die deutsche WM-Bilanz dennoch mager aus. Der Hamburger U-23-Weltmeister Tim Ole Naske (RG Hansa) belegte zum Abschluss im Einer den sechsten Rang, damit blieb der Achter-Titel die einzige deutsche Medaille. Naske: „Ich war mit meinen Kräften am Ende.“ Nur einen Podestplatz in den 14 Olympiaklassen hatten der DRV zuletzt bei den Titelkämpfen 1982 geholt. Der nicht mehr olympische Leichtgewichts-Vierer ohne Steuermann holte immerhin Bronze so wie der Zweier mit Steuermann mit dem Hamburger Malte Großmann (RC Favorite Hammonia).

„Ich muss leider sagen: Es gibt international kein nacholympisches Jahr mehr. Da macht keiner mehr Pause, alle geben weiter Vollgas. Das haben wir nicht gemacht“, hatte Cheftrainer Marcus Schwarzrock schon vor der WM gesagt. Das große, alles überstrahlende Ziel der jungen deutschen Mannschaft sei ohnehin schon jetzt Olympia 2020 in Tokio. „Da wollen und werden wir wieder vorne dabei sein“, sagte Schwarzrock. Zumindest der Achter ist schon jetzt voll auf Kurs.