Paris. Der Rekordmeister aus München ist in der Champions League bei der 0:3-Niederlage gegen PSG chancenlos. Neymar und Co. brillieren

Das neue Selbstbewusstsein von Paris Saint-Germain war schon vor dem Anpfiff zu spüren. „Demain l’Europe sera rouge et bleue“, morgen wird Europa rot und blau sein, stand auf einem lang gezogenen Banner in der Fankurve des Prinzenparks. Ein Ausrufezeichen sollte das Gruppenspiel gegen den FC Bayern also werden. Eine erste echte Standortbestimmung, von der ein Signal ausgeht, das den ganzen Kontinent darauf vorbereiten sollte, wie sich nicht nur die finanziellen, sondern auch die sportlichen Kräfteverhältnisse im Vereinsfußball zugunsten von PSG verschieben.

Am Ende des Mittwochabends durfte sich der aus Katar alimentierte Club fürs Erste bestätigt fühlen. 3:0 (2:0) gewann das neureiche PSG gegen den FC Bayern, für den die bisher wichtigste Prüfung der Saison ernüchternd ausgefallen war. Den Münchnern dürfte Paris eher als Stadt der Hiebe statt der Liebe in Erinnerung bleiben. Die Tore erzielten Dani Alves (2.), Edinson Cavani (31.) und Neymar (65.). Maßgeblich arrangiert worden waren alle Treffer von den bisher teuersten Spielern, von Neymar und Kylian Mbappé, die zusammen rund 400 Millionen Euro Ablöse gekostet haben. Der „altreiche“ FC Bayern, wie es Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ausgedrückt hatte, musste sich gegen diese Angriffswucht in eine Rolle fügen, die sonst der finanziell wie sportlich unterlegenen Bundesligakonkurrenz zufällt. Die Münchner müssen sich nun wohl auf weitere Debatten um die künftige Transferstrategie und vor allem um ihren Trainer Carlo Ancelotti einstellen.

Von einem „Abend der Bewährung“ war in Paris die Rede gewesen. Allerdings nicht in Bezug auf den ehemaligen PSG-Trainer Ancelotti, der in München zunehmend unter Druck steht. Es ging vielmehr um Neymar und Cavani, die mit ihrem Streit um das Vorrecht bei Elfmetern für viel Unterhaltung aus der infantilen Abteilung gesorgt hatten. Der Arbeitstitel ließ sich wegen der zunehmenden Kritik aber auch auf Ancelotti anwenden, und sogar Rummenigge hatte das anklingen gelassen. „Für uns alle sind die nächsten Wochen und Monate wichtig, nicht nur für den Trainer“, hatte er gesagt.

Umso überraschender oder mutiger fiel je nach Sichtweise Ancelottis Startformation aus. Mats Hummels saß auf der Bank, Jérôme Boateng stand gar nicht im Kader. Dafür begannen Javier Martínez und Niklas Süle in der Innenverteidigung, flankiert von Joshua Kimmich und David Alaba. Auch weiter vorne fiel Ancelottis Aufgebot abgesehen von Sturmspitze Robert Lewandowski verblüffend aus. Weder Arjen Robben noch Franck Ribéry begannen, sondern Corentin Tolisso, Arturo Vidal und Thiago Alcántara sowie Thomas Müller und James Rodríguez. Statt aufs Flügelspiel setzte Ancelotti also auf Verdichtung nach dem Tannenbaumprinzip. „Wir müssen kompakt stehen und dürfen Neymar, Cavani und Mbappé keinen Platz geben“, hatte er gesagt. Es misslang gehörig.

Keine 90 Sekunden hatte es gedauert, bis Paris den Defensivverbund der Bayern erstmals ausgehebelt hatte, und die Hauptrolle spielte dabei Neymar. Zunächst dribbelte der Brasilianer an der linken Außenlinie entlang, ehe er in die Mitte einbog und den völlig frei stehenden Alves bediente, der Torwart Sven Ulreich mit einem Schuss durch die Beine überwand. Anzulasten war das Manuel Neuers Vertreter nicht. Ursache des Gegentors war vielmehr, dass Neymar bei seinem Lauf fünf Bayern auf sich gezogen hatte, ohne dass diese in der Lage waren, den Brasilianer zu stoppen.

Paris sendet ein klares Signal an Europa: Mitfavorit auf den Titel

Danach allerdings prägten die Münchner das Geschehen. Heraus kamen auch ein paar Chancen, wie Müllers Abschluss ans Außennetz und ein Distanzschuss von Martínez. Paris agierte in dieser Phase teils abwartend, blieb bei seltenen Vorstößen aber gefährlicher. Immer wieder spielte dabei der 466-Millionen-Euro-Sturm MCN die Hauptrolle. Das galt auch fürs 2:0, als Cavani ein Zuspiel von Mbappé verwertete. Und siehe da: Sogar Neymar zählte zu den Gratulanten für Cavani.

Zur zweiten Halbzeit brachte Ancelotti Kingsley Coman und Sebastian Rudy für James und Tolisso, was Ribéry und Robben erneut überrascht haben dürfte. Paris blieb die bessere Mannschaft und durfte noch Neymars 3:0 bejubeln. Und obwohl PSG einen höheren Sieg vergab, hatte es auch so zu einem Signal an Europa gereicht.