Hamburg. Hamburger Polizist will am Sonntag mit EM-Titel von der Profibühne abtreten

Den Schlussstrich unter seine Krankheitsgeschichte, den hat Dima Weimer am 14. August gezogen. Es war der Tag, an dem seine erste Tochter gesund zur Welt kam, und weil eine Hodenkrebserkrankung vor zwei Jahren einen bedeutenden Einschnitt in sein Leben bedeutete, hat der Hamburger Profiboxer die Vaterschaft auch als Bestätigung dafür gesehen, dass er vollkommen geheilt ist. „Die Geburt hat sehr viele Glückshormone freigesetzt, sie war ein toller Abschluss der Krankheitsphase“, sagt der 32-Jährige, der viermal im Jahr zur Nachsorge geht.

An diesem Sonntag nun will der Sohn russlanddeutscher Aussiedler, der als Neunjähriger nach Hamburg gekommen war und sich vom Gang-Mitglied zum Beamten im Einstellungsdienst der Polizeiakademie gemausert hat, auch einen sportlichen Schlussstrich ziehen. Im Delphi-Showpalast (Eimsbütteler Chaussee 5) kämpft er gegen den Bosnier Borislav Gligoric (23) um die Weltergewichts-Europameisterschaft des Verbands UBF. Wie werthaltig der Titel des unbedeutenden Verbands ist, zeigt der Fakt, dass der Gegner mit fünf Siegen aus zwölf Profikämpfen einen negativen Rekord mit nach Hamburg bringt. Weimer, der immerhin zehn seiner 13 Profikämpfe gewinnen konnte, ist das egal. Ihm geht es um einen würdigen Abschluss seiner kurzen Faustkampf-Laufbahn, und ein EM-Titel wäre ein solcher.

Dass Weimer, der in Meckelfeld lebt und im Hammerbrook-Gym mit dem früheren Cruisergewichtsprofi Pavel Melkomian (37) trainiert, erst mit 30 Profiboxer wurde, hat einen einfachen Grund. Seine Bühne war viele Jahre lang das Kickboxen, wo er mehrfach Weltmeister war und 2014 als erster Deutscher in der chinesischen Eliteserie WLF startete. „Boxen ist eine Bereicherung für mich, ich bin froh, dass ich den schönen Ausflug gewagt habe“, sagt er. Dennoch müsse er zugeben, „dass mir die Grundlagen fehlen, die im Amateurbereich gelegt werden. Mir fehlen Technik und Beinarbeit, das lässt sich auch nicht mehr aufholen“, sagt er. Einzig seine Willensstärke habe ihm ermöglicht, ohne Einsatz seiner gefürchteten Kicks Erfolg im Ring zu haben.

„Ich habe es sicher zu oft mit der Brechstange versucht. Aber wenn Kraft und Ausdauer deine Stärken sind, dann musst du versuchen, sie auch zur Geltung zu bringen“, sagt er. Der Abschlusskampf am Sonntag ist auf zehn Runden angesetzt. So lang stand Weimer, der die Woche vor dem Kampf auf Kreta verbringt, noch nie im Ring. Dennoch will er jede Sekunde genießen, auch wenn er spürt, dass die Regeneration immer anstrengender wird. „Ich merke, dass es wirklich besser ist, langsam kürzerzutreten“, sagt er.

Ganz abschließen wird er mit seiner aktiven Karriere allerdings auch am Sonntag noch nicht. Die Rückkehr ins Kick­boxen ist geplant, um sich auch von den Fans gebührend zu verabschieden, die seinen Weg ins Profiboxen nicht mitgegangen waren. Ob es noch ein Kampf wird oder sogar mehrere, wird Dima Weimer vom Ausgang abhängig machen und von seinem Bauchgefühl. Dass sich spätestens seit dem 14. August die Prioritäten verschoben haben, könnte diese Entscheidung beeinflussen.