Dortmund. Nach dem 6:1 gegen Mönchengladbach wartet am Dienstag die Champions-League auf Tabellenführer Borussia Dortmund.

Immer wieder öffnete sich die Tür zur Kabine von Borussia Dortmund, um einen der vielen breit grinsenden BVB-Spieler hindurchzulassen. Und dann war auch draußen zu hören, wie zwei Dutzend junge Männer den eher einfach gehaltenen Text „Döp döp döp“ auf die Melodie von Scooters „Maria“ grölten. Rückschlüsse auf den Musikgeschmack der Dortmunder Fußballprofis aber verbaten sich: Es handelt sich um die Tormelodie von Borussia Mönchengladbach. Jenem Club, den der BVB eben mit 6:1 (3:0) abgefertigt hatte – und mit dem man sich nun etwas Spaß erlaubte.

Während die Gladbacher mit hängenden Köpfen durch die Stadionkatakomben schlichen, war die Laune bei den Dortmundern natürlich blendend. „Gegen eine gute Mannschaft sind uns schön herausgespielte Tore gelungen“, lobte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Das war ein super Spiel von uns“, freute sich Sportdirektor Michael Zorc. „Ich hätte es mir nicht viel schöner vorstellen können“, meinte der besonders breit grinsende Julian Weigl, der nach über viermonatiger Verletzungspause sein Startelfdebüt gefeiert hatte. „Wir können sehr, sehr zufrieden sein“, urteilte Mario Götze. „Wir hatten viel Ballbesitz, haben den Ball gut laufen lassen und die Tore gemacht.“

Dahouds bislang bestes Spiel

Knapp eine halbe Stunde hatte die Gladbacher Abwehr gehalten, dann erlag sie dem Dortmunder Angriffswirbel. Der BVB drückte die Gäste tief in deren Hälfte, eroberte die Bälle schon früh, fand mit schnellen Kombinationen immer wieder Lücken – und nutzte seine Chancen. Dass der Sieg auch in der Höhe verdient war, wollte niemand bestreiten. 18:8 Torschüsse, 60 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 75 Prozent Ballbesitz, 14:2 Flanken und 832 angekommene Pässe, denen nur 146 auf Gladbacher Seite gegenüberstanden – alle Zahlen sprachen für den BVB.

Und das, obwohl Trainer Peter Bosz gleich fünf neue Spieler gebracht hatte. Doch die Neuen fügten sich blendend ein: Maximilian Philipp erzielte die ersten beiden Tore und bereitete das dritte vor. Mahmoud Dahoud, im Sommer aus Gladbach gekommen, machte sein bislang bestes Spiel für den BVB. Julian Weigl gelang sein allererstes Bundesligator, per Dropkick traf er aus 20 Metern zum 6:1. „Anscheinend kann ich nur schöne Tore schießen“, sagte er lachend. „Aber leider nicht viele.“ Dann wandte er sich der ungleich größeren Aufgabe zu, die am Dienstag ansteht: dem Champions-League-Spiel gegen Real Madrid (20.45 Uhr/Sky). „Es ist sehr wichtig, dass wir mit breiter Brust in unser Stadion kommen können und auch gegen Real unser Spiel durchziehen wollen“, sagte der 21-Jährige. „Du brauchst gegen Madrid Selbstbewusstsein“, ergänzte Zorc. „Und das können wir haben.“

Chinesen buhlen um Aubameyang

Denn das auf aggressivem Pressing basierende System von Bosz funktioniert schon besser als erwartet. Das offensive Zusammenspiel klappte ähnlich gut. Torjäger Pierre-Emerick Aubame­yang knipst weiter zuverlässig und steuerte dieses Mal gleich drei Tore bei – obwohl er mehrmals am Pfosten oder dem starken Gladbacher Torhüter Tobias Sippel scheiterte.

Der Bundesliga-Toptorjäger steht weiterhin auf der Wunschliste des chinesischen Milliardärs Shu Yuhui (48). „Er ist 65 bis 70 Millionen Euro wert. Das würde ich auch bezahlen. Er würde uns helfen, den Verein und die chinesische Liga international bekannter zu machen“, sagte der Besitzer des Super-League-Clubs Tianjin Quanjian. „Er wäre auch schon hier, wenn der Verband die Regeln nicht geändert hätte. Ich habe mit den Verantwortlichen des BVB gesprochen, die hatten einem Transfer schon zugestimmt. Er wollte auch kommen. Aber dann es doch nicht geklappt.“

Abwehrunsicherheiten darf es gegen Real Madrid nicht geben

Einziger Kritikpunkt am starken Auftritt des BVB waren einige Abwehrunachtsamkeiten. Nach 538 Minuten kassierte Dortmund das erste Saisongegentor – Lars Stindl traf zum 1:5. Auch dieses Mal hatte der Gegner Raum für schnelle Konter, zudem brachte sich die BVB-Defensive mit einigen Fehlpässen selbst in Bedrängnis. „Wir haben sie zu ihren Chancen fast eingeladen, das waren Fehler von uns“, sagte Weigl.

Sportdirektor Zorc aber waren diese Warnzeichen gar nicht so unrecht: „Ich bin froh über das Gegentor, besser heute als in Augsburg“, sagte er. Dort muss der BVB am kommenden Samstag antreten – erst einmal aber blickt auch Zorc auf das Spiel gegen Madrid. „Da müssen wir sehr sorgfältig im eigenen Ballbesitz sein“, forderte er. „Die zwei, drei Fehler vor der Halbzeit hätte Real Madrid anders bestraft.“

Und das kann sich der BVB kaum leisten. Die Auftaktpartie in der Königsklasse verlor Dortmund 1:3 bei Tottenham Hotspur. Eine zweite Niederlage würde den Einzug in die K.-o.-Runde ernsthaft gefährden. Doch das Wort Druck will Zorc nicht hören: „Natürlich können wir die Tabelle lesen“, sagt er. „Aber wir haben auch erst einen Spieltag gespielt.“ An fehlendem Selbstbewusstsein der Spieler wird es nicht scheitern: „Ich traue uns auf jeden Fall zu, stark aufzutreten“, sagte Weigl. „Und natürlich wollen wir gewinnen.“