Hamburg. St. Paulis neuer Sportchef Uwe Stöver muss neun auslaufende Kontrakte verhandeln – 2019 sind es sogar 15

Am vergangenen Freitag um 16 Uhr ist Uwe Stöver gemeinsam mit seiner Frau Kristina in das neue Zuhause in Hamburg-Alsterdorf eingezogen. Bis auf zwei Matratzen und eine Kaffeemaschine steht die Wohnung allerdings noch leer. „Es erinnert mich an die Zeit, in der ich mit meinen Freunden zelten war“, sagte Stöver und schmunzelte. Es sei alles noch ein bisschen spartanisch, „aber ich bin hier in der Gegend gut aufgehoben.“ Knapp eine Woche später folgte nun die offizielle Vorstellung bei seinem neuen Arbeitgeber. „Wir sind sehr glücklich, dass er sich für uns entschieden hat. Herzlich willkommen, Uwe!“, sagte Präsident Oke Göttlich. Der 50-Jährige erhält einen Vertrag bis zum 30. Juni 2020. Bereits im Juli hat der Zweitligist die Verpflichtung des neuen Strippenziehers im Bereich Sport bekannt gegeben, doch erst am 1. Oktober wird Stöver beim Auswärtsspiel in Braunschweig seine Tätigkeit aufnehmen.

Der Grund: Zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift war die Kaderplanung bereits nahezu abgeschlossen. „Es gab auf beiden Seiten keine absolute Dringlichkeit“, erklärte Stöver, der erst im Juni dieses Jahres auf eigenen Wunsch als Sportdirektor des Ligakonkurrenten 1. FC Kaiserslautern ausgeschieden war. Auch am Sonnabend (13 Uhr) beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf wird Stöver noch auf der Tribüne Platz nehmen – künftig als Sportchef sitzt er aber auf der Trainerbank.

Seit Saisonbeginn hatte der gebürtige Wuppertaler also die Chance, sich zunächst einen Überblick beim Kiezclub zu verschaffen. „Ich finde es gut, dass ich die erste Zeit nutzen konnte, um von draußen zu schauen und mich einzuarbeiten“, betonte Stöver. Neben den Profis habe er auch Spiele der ­U-23- und U-19-Mannschaft besucht. Schließlich spiele der Nachwuchs eine wesentliche Rolle im Verein. Stövers Ansatz: „Spieler intern zu gewinnen ist wirtschaftlich vernünftiger, als Spieler von außen zu generieren.“

Seit der Entlassung von Ex-Sportchef Thomas Meggle im November des vergangenen Jahres hatte Geschäftsführer Andreas Rettig den Posten in Personalunion ausgefüllt. In Zukunft werden die beiden Bereiche wieder unabhängig voneinander agieren. „Die Kompetenzen sind klar getrennt. Es gibt den kaufmännischen und finanziellen Bereich von Andreas Rettig sowie den sportlichen Bereich von Uwe Stöver“, erklärte Göttlich. Dennoch fügte der Präsident hinzu: „Wir werden einen Teufel tun, die beiden nicht miteinander sprechen zu lassen.“

Bereits im Februar hatte St. Pauli seine Fühler nach Stöver ausgestreckt. Damals fing sich der Club noch eine Absage des ehemaligen Profifußballers ein, weil dieser seine Beschäftigung als Sportdirektor bei Kaiserslautern zunächst nicht aufgeben wollte. Hinter den Kulissen kriselte es bereits. „Damals gab es erste Gedanken beim 1. FC Kaiserslautern, einen Sportvorstand zu installieren“, erzählte Stöver nun. Und weiter: „Nachdem wir nach vier Spieltagen in der Rückrunde sieben Punkte geholt hatten, war das für mich nicht ganz nachvollziehbar.“

Nach dem letzten Spieltag packte der Sportchef auf dem Betzenberg seine Koffer. Wenig später griffen die Hamburger zu. „Wir freuen uns auf jemanden, der im Profifußball bereits alles erlebt hat“, sagte Göttlich. Stöver war Geschäftsführer Sport beim damaligen Zweitligisten SV Wehen Wiesbaden (2007 bis 2009), arbeitete in derselben Funktion beim FSV Frankfurt (2009 bis 2015) und wurde anschließend Sportdirektor bei Holstein Kiel und Kaiserslautern. Als Profi hat er 117 Erst- und Zweitligaspiele für Bayer Leverkusen, den VfL Bochum und FSV Mainz 05 absolviert. Hinzu kommen Erfahrungen als Trainer im Nachwuchsbereich.

Die ersten Aufgaben des neuen starken Mannes beim FC St. Pauli haben es bereits in sich. Im kommenden Sommer laufen insgesamt neun Verträge aus (Jan-Philipp Kalla, Bernd Nehrig, Lasse Sobiech, Waldemar Sobota, Jeremy Dudziak, Mats Möller Daehli, Johannes Flum, Joël Keller und Brian Koglin), im Folgejahr sind es sogar 15. „Es wird darum gehen, auslaufende Verträge über den Sommer hinaus zu händigen“, sagte Stöver. Entsprechende Sitzungen seien schon terminiert. „Die nächste Transferperiode steht mit dem Winter schon vor der Tür.“