Dortmund. In den kontinentalen Top-Ligen ist der BVBder einzige Club ohne Gegentor – das weckt Titelhoffnungen

Die drei Männer verstanden einander ohne Worte. Als die Kollegen in Schwarz und Gelb noch über die eigenen Tore jubelten, blickten sie einander an, sendeten sich kurze Gesten der Entschlossenheit. Selbst als die Partie beim 3:0 gegen den Hamburger SV längst entschieden war. Roman Bürki, als Torwart eingebunden in diese Kommunikation mit seinen Innenverteidigern Sokratis und Ömer Toprak, klärt über die Botschaft auf: „Heute steht wieder die Null! Wir geben bis zum Schluss alles dafür!“ Ausrufezeichen.

Fünf Spiele sind vorbei in der Fußball-Bundesliga, und die Tabelle weist Borussia Dortmund als Spitzenreiter mit Unverletzlichkeitsnimbus aus: null Gegentore in 450 Minuten. In den fünf großen europäischen Ligen ist Dortmund der letzte unbefleckte Standort, nicht Madrid, nicht London, nicht Mailand oder Paris. Eine europäische Sehenswürdigkeit: die beste Abwehr Europas. Die beste Abwehr Europas? Und was war beim 1:3 in der Champions League gegen Tottenham? „Eine Ausnahme“, sagt Sportdirektor Michael Zorc.

An statistischen Zufall mag vor allem im Borussen-Land niemand glauben. Viele im Umfeld des BVB hätten vor der Saison „das Gefühl gehabt, dass wir zu offensiv spielen, dass das nicht funktionieren kann“, sagt Bürki: „Wir haben genau das Gegenteil bewiesen.“ Genugtuung schwingt also auch mit bei dieser mit Inbrunst gepflegten Serie, die in der Tat so kaum zu erwarten war, weil der neue Trainer Peter Bosz eine neue Taktik implementierte. Jene Vorwärtsverteidigung, die es dem Gegner nicht gestatten soll, den Ball länger als drei Sekunden zu besitzen.

Dazu muss das Kollektiv in der richtigen Sekunde das Richtige tun, vom Stürmer bis zum Torwart. „Wenn einer schläft, haben wir ein Problem“, sagt Abwehrchef Sokratis.

In der Vorbereitung auf die Saison funktionierte diese Art der Schwarm­intelligenz kaum. Seit Beginn der Saison aber steht die Gelbe Wand in der Liga. Das ist wichtig. Schließlich schreibt man der Kunst des Verteidigens langfristig den größeren Erfolg zu. „Wie man so sagt: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften“, sagt Roman Bürki und verweist darauf, dass es „der falsche Zeitpunkt“ sei, „auf die Tabelle zu schauen“.

Es wird sich bald zeigen, was passiert, wenn der Gegner höhere individuelle Qualität besitzt. Gladbach, Real Madrid, Leipzig, Bayern, Tottenham, Schalke heißen sechs der Gegner in den kommen sieben Heimspielen.