Dortmund. Der nächste HSV-Gegner fegte Köln mit 5:0 vom Platz. Doch der FC legt Protest gegen die Spielwertung ein

Die schwarz-gelbe Fußball-Welt schien vollumfänglich in ein wunderbares Rosa getaucht. Die Profis von Borussia Dortmund tanzten und hüpften nach dem Schlusspfiff vor den Fans. Mit einem 5:0 (2:0)-Sieg gegen den 1. FC Köln hatte sich der BVB, der am Mittwoch zu Gast im Volksparkstadion sein wird, zurück an die Spitze der Bundesliga geschossen. Es hätte reichlich Themen gegeben, die es zu diskutieren wert gewesen wären: Die ersten Treffer des aus Freiburg verpflichteten Maximilian Philipp zum Beispiel oder zwei Tore von Pierre-Emerick Aubameyang. Doch nach und nach durchbrach die Härte der Realität das Himmelhochjauchzen. Das Duell ging verbal in die nächste Runde. In den Hauptrollen: Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke und Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Quell der Unstimmigkeiten war jene Sekunde in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Bei einer Ecke ließ Kölns Torwart Timo Horn den aus der Luft gepflückten Ball wieder fallen, Dortmunds Abwehrchef Sokratis stocherte ihn über die Linie. Schiedsrichter Patrick Ittrich sah den Keeper regelwidrig angegangen und pfiff die Szene ab. Per Videobeweis wurde er allerdings berichtigt. Kein Foul Horn, reguläres Tor. Mit 2:0 ging es in die Kabine – und dorthin gelangte der Schiedsrichter schon verspätet, weil sich ihm Schmadtke und Kölns Trainer Peter Stöger in den Weg stellten und sich lautstark beschwerten. Thema da schon. Der gegebene Treffer. Der FC moniert, dass Ittrich nachweislich schon pfiff, als der Ball noch gar nicht im Tor war. Das bedeutet: Das Tor, über dessen Rechtmäßigkeit der Videoschiedsrichter dann urteilte, hatte es streng genommen gar nicht gegeben.

„Nach meiner Einschätzung war der Pfiff vor der Torerzielung erfolgt. Wir haben hier eine krasse Fehlentscheidung, die das Spiel entschieden hat, weil wir dann in der zweiten Halbzeit aufmachen müssen. Ich bin eigentlich Befürworter des Videobeweises, aber der hätte hier gar nicht einschreiten dürfen und sollen“, echauffierte sich der Sportdirektor und ließ wissen: „Ich plädiere dafür, dass nicht jeder macht, was er will, dass sich der Videoschiedsrichter ans Protokoll hält. Wir werden den Spielbericht nicht freigeben und Protest einlegen. Wir streben eine Neuansetzung des Spiels an.“

Damit bekam diese Partie eine späte, kaum für möglich gehaltene Wende, die sportlich außerhalb des Denkbaren lag, denn der BVB bestimmte das Geschehen auf dem Platz. Mit dem dritten Sieg im vierten Spiel thront der BVB ohne Gegentor an der Tabellenspitze. Doch all das eben nur unter Vorbehalt.

Über die Rechtmäßigkeit dieses Sieges wird nun ein Sportgericht befinden. Das wiederum entgeisterte BVB-Boss Watzke. „Wenn die Kölner jetzt Protest einlegen, dann sind sie schlechte Verlierer. Es wäre ja grotesk, wenn das Erfolg hätte. Die Kölner haben sich mit zehn Mann vor den eigenen Sechzehner gestellt und zweimal aufs Tor geschossen. Wenn das Spiel nun ausgeglichener gewesen wäre, hätte ich noch Verständnis. Aber nach einem 0:5 über einen Protest nachzudenken – Chapeau!“ Es sei doch unerheblich, ob der Ball nun vor, auf oder hinter der Linie gewesen sei.

Es ist ein heikler Fall. Einen ähnlichen hatte es schon einmal gegeben. 1997 unterbrach Schiedsrichter Michael Malbranc die Partie zwischen 1860 München und dem Karlsruher SC wegen eines vermeintlichen Foulspiels. Sekunden später traf der Karlsruher Stürmer Sean Dundee zum 2:2 - und Malbranc ließ den Treffer gelten. Der Deutsche Fußball-Bund ordnete ein Wiederholungsspiel an, die Weltverband kassierte diese Entscheidung kurz darauf mit dem Verweis auf eine Tatsachenentscheidung wieder ein.

Wie der neuerliche Fall nun gelagert ist, wird sich zeigen. Um ein Grundsatzurteil geht es Peter Stöger, der von einer „eigenartigen Situation“ sprach und nun durch den Protest erfahren will, „wann der Videoschiedsrichter einschreiten darf, wann es zu spät und wann zu früh ist. Das würde der Sache sehr dienlich sein.“

Dass der Videobeweis auch weniger Unruhe auslösen kann, bewies die zweiten Halbzeit, als ein Handspiel von Lukas Klünter nachträglich geahndet wurde und Aubameyang die Führung durch Maximilian Philipp (2.) und Sokratis (45.) ausbaute (58.). Und auch die anderen beiden Treffer durch erneut Aubameyang und einen herrlichen Lupfer von Philipp (69.) waren eindeutig rechtmäßig. „Ich find’s lächerlich, wenn wir anfangen, an diesem Spiel herumzudoktern. Wenn wir das gesamte System Videoschiedsrichter jetzt pervertieren wollen, dann können wir das auch noch machen“, merkte BVB-Sportdirektor Michael Zorc an.