Hamburg. In der Debatte um Financial Fairplay wird RB Leipzigs Sportdirektor bei “Sky“ in die Mangel genommen. Ralph Gunesch klinkt sich ein.

FC St. Pauli und RB Leipzig gelten dem geneigten Beobachter gemeinhin als derzeit größte Antipoden im Kampf um die Deutungshoheit moderner Fußballphilosophie. Hier der einst von Hausbesetzern empor getragene Hafenarbeiterclub aus Hamburg, dort das durch Limonade-Millionen nach oben gespritzte und in Sachsen platzierte Kunstprodukt.

Am Sonntag erfuhr die Auseinandersetzung der konträren Vereine, die in jüngerer Vergangenheit unter anderem durch die Verweigerung des Leipziger Logos durch den Kiezclub ausschlug, eine weitere Episode. Die hatte ihren Ursprung in einem Auftritt des RB-Sportdirektors Ralf Rangnick, der sich als Gast Jörg Wontorras in dessen Sky-"Fußball-Talk" in eine hitzige Debatte um Financial Fair Play und unmoralische Angebote an Fußballprofis verstieg.

Rangnick kennt Gunesch nicht

Als Rangnicks verbaler Gegenspieler und "Spiegel"-Reporter Rafael Buschmann ("Football Leaks - die schmutzigen Geschäfte im Profifußball") den Leipziger Funktionär mit einem entsprechend gearteten Angebot konfrontierte, das er 2011 dem damaligen St. Paulianer Ralph Gunesch unterbreitet haben soll, fiel die Antwort des Leipziger Machers ungläubig aus. "Wer? Der hat von uns nie ein Angebot gehabt, denn ich kenne den Spieler gar nicht", entgegnete Rangnick – und rief damit prompt den angesprochenen Spieler auf den Plan.

Rangnick bei "Sky" (die Gunesch-Passage ab 7.30 min):

"2011 ist lange vor der Amtszeit. Insofern gab es von Herrn R. auch nie ein Angebot, das ist korrekt", ließ Gunesch selbst kurz nach der Ausstrahlung der Talk-Runde via Twitter wissen und gab Rangnick damit Recht. In der Tat begann die RB-Karriere des Schwaben erst ein Jahr darauf. In dem Fußball-Podcast "Rasenfunk" hatte Gunesch Ende Juli verraten, vor sechs Jahren eine Anfrage des damaligen Regionalligisten aus Leipzig erhalten zu haben.

"Ich hätte deutlich besser verdient als in der ersten Liga", sagte der frühere Verteidiger und Publikumsliebling des damaligen Erstligisten vom Millerntor. Gemeldet habe sich seinerzeit "irgendein Kaderplaner" des damaligen RB-Trainers Peter Pacult. "Du sitzt da und denkst: Warte mal, ich verdiene da in der vierten Liga mehr als in der ersten Liga bei St. Pauli?", rekapitulierte Gunesch. Abgelehnt habe er die Offerte dennoch – und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal seine Weiterbeschäftigung bei St. Pauli gesichert war.

Gunesch sendet eine Spitze gegen Rangnick

"Erstaunlicherweise bin ich nie ins Grübeln gekommen", berichtete Gunesch, der in St. Paulis Fanszene durch politisches und soziales Engagement unter anderem gegen Homophobie weiterhin hohes Ansehen genießt. Das lukrative Angebot aus Leipzig samt Anschlussvertrag bei RB ausgeschlagen zu haben, sei "unter verschiedenen Aspekten sicherlich dumm" gewesen, meinte Gunesch: "Mein Bankberater würde mich wahrscheinlich schlagen, wenn ich ihm das heute erzählen würde." Andererseits hätte er mit einem Wechsel "alles, was ich in sieben Jahren bei St. Pauli aufgebaut hatte, umgestoßen" und "sehr viele Aussagen unglaubwürdig gemacht".

Auch, wenn er mit seiner schnellen Klarstellung Rangnick am Sonntag ein wenig aus der Schusslinie nahm, konnte sich Gunesch am Ende eine Spitze gegen den Sportchef dennoch nicht verkneifen. "Es ist ok, mich nicht zu kennen. 2. Liga ist eh nur lästige Pflicht, wenn man nach ganz oben will", twitterte er abermals in Richtung Rangnick und stellte einen alten Spielbericht vom 16. April 2008 dazu, in dem der nicht gerade als Fußball-Ästhet bekannt gewordene Gunesch das einzige Tor als Profi erzielte – beim 3:1-Sieg des FC St. Pauli in der zweiten Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim. Deren Trainer damals: Ralf Rangnick.