Singapur. Die asiatische Strecke ist Vorbild für den geplanten Umbau des Rennkalenders

Eine Menge Gründe sprachen vor neun Jahren dagegen, einen Äquator-Grand-Prix auszutragen. Auch das tropisch-feuchte Klima. Doch damals war die Formel 1 noch eine Autokratie und so wurde das erste Nachtrennen der Grand-Prix-Geschichte diktiert, denn in Singapur ist das Demokratieverständnis autoritär. Es war ein gutes Geschäft für beide Seiten. Folgerichtig haben sich die Parteien vor der zehnten Auflage des Rennens an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL und Sky) auf eine Vertragsverlängerung bis 2021 geeinigt.

Der gewohnt hohe Anspruch im Stadtstaat der Perfektionisten: Das, was schon gut ist, noch besser zu machen. Über 40.000 internationale Besucher hat das Flutlicht-Spektakel bislang in jedem Jahr nach Südostasien gelockt, in Hockenheim tut man sich schwer, allein so viele deutsche Fans anzuziehen. Das eigentliche Geschäft, das zu den 93 Millionen Euro Umsatz bei jedem Gastspiel an der Marina Bay beiträgt, wird aber mit den VIP-Tickets gemacht. Am Finanzplatz Singapur tummeln sich viele Großunternehmen, die in Europa und Asien Geschäfte machen. Die Partys mögen vielleicht nicht ganz so glitzernd sein wie in Monte Carlo, aber die Gäste sind mindestens so vermögend.

Der Formel-1-Tross gibt sich gern abgeklärt, doch wenn die Nacht zum Tage gemacht wird, können sich wenige dem Schauspiel rund um das riesige Riesenrad entziehen. Wenn sich der Nachthimmel über der temporären Piste senkt und die gut fünf Kilometer umgestalteter Asphalt dennoch taghell ausgeleuchtet bleiben, wenn die Hubschrauberkamera die Perspektive von oben als eine sich durch die Hochhäuserschluchten windende Neonschlange zeigt, beginnt der Zauber der rasenden Nachtschicht. Die Fernsehzuschauer in Europa erleben das Rennen durch die Zeitverschiebung zur gewohnten Kaffeezeit, in Asien läuft die Übertragung in der Primetime. Die Macht der Bilder.

Nur ein Viertel der aktuellen Rennstrecken sind attraktiv

Begonnen hatte die Expansionswelle der Formel 1 im Jahr 2009 im Nachbarstaat Malaysia, aber dort findet in zwei Wochen der Abgesang statt. Das hat vielerlei Gründe: Der Kurs von Sepang liegt weit draußen, die Bevölkerung verdient viel weniger, Autorennen haben keine Tradition. Singapur sperrt einfach für eine Woche einen Teil seines Shopping-Distrikts und bringt die Autos zu den Menschen statt umgekehrt. Das ist ganz nach dem Geschmack der neuen Rechteinhaber von Liberty Media. Beim Unterhaltungsimperium träumt man von Rennen in New York oder Las Vegas.

Lediglich ein Viertel der 20 aktuellen Formel-1-Gastgeber erfüllen nach Ansicht von Vermarktungschef Sean Bratches die Standards, die Liberty Media setzen will. Angeblich haben sich 40 Austragungsorte für einen WM-Lauf beworben. Nordamerika und Asien sind die bevorzugten Regionen für Liberty Media, als Basis will man allerdings auch die europäischen Klassiker behalten. Für die Zukunft soll es einen nach Regionen geordneten Rennkalender geben. Die Anzahl der Grand Prix könnte von 21 pro Saison auf 25 aufgestockt werden.

Das freie Training am Freitag dominierten die Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo und Max Verstappen. WM-Führer Lewis Hamilton fuhr im Mercedes die drittschnellste Zeit. Sebastian Vettel verpasste auf dem Ferrari eine Topzeit und wurde nur Elfter. Außerdem wurde bekannt, dass Carlos Sainz ab 2018 zu Renault wechselt und Teamkollege von Nico Hülkenberg wird. Und Rennstall McLaren trennt sich nach drei Jahren von Motorenhersteller Honda.