Hamburg. Beim Auswärtsspiel in Nürnberg fehlen dem Trainer des FC St. Pauli insgesamt neun verletzte Profis

Für einen Moment kam sie am Sonntagmorgen wieder zum Vorschein, diese rheinische Frohnatur in Olaf Janßen. Der vor ihm liegende DIN-A4-Zettel, vollgeschrieben mit Namen derer, die der Trainer des FC St. Pauli beim Auswärtsspiel an diesem Montag (20.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) beim 1. FC Nürnberg nicht zur Verfügung hat, wurde zur Randnotiz. Janßen zeigte sich fröhlich-optimistisch. „Es gab die Schlagzeilen ,Oh Gott, oh Gott, was macht St. Pauli jetzt? Wie ersetzt man die Unersetz­lichen?‘ Alles Hadern und Jammern hilft nicht und führt letztlich zur Schwächung derer, die im Kader stehen und womöglich spielen“, sagte Janßen.

Dabei gäbe die Liste durchaus Anlass zur Sorge. Mit Luca Zander (Pferdekuss), Aziz Bouhaddouz, Christopher Buchtmann (beide Bänderriss), Lasse Sobiech (steigt nach Gehirnerschütterung wieder ins Mannschaftstraining ein), Philipp Ziereis (Aufbau nach Sehnenriss), Kyoungrok Choi (Aufbau nach Bänderdehnung), Yi-Young Park (muskuläre Probleme), Joel Keller (Rotsperre) und Ryo Miyaichi (Kreuzbandriss) fehlen insgesamt neun Spieler.

Mit den verbliebenen 18 gesunden Profis machte sich der Tross am Sonntagnachmittag per Flugzeug auf den Weg nach Nürnberg. „Im Gegensatz zu meinem Freund und Kollegen Michael Köllner, mit dem ich meinen Fußballlehrer gemacht habe, der schlaflose Nächte hatte, weil er nicht wusste, wie er in Nürnberg seinen 18-Mann-Kader bestücken soll, hatte ich diese Schlafprobleme nicht“, scherzte Janßen.

Albträume verursachte ihm die Vorbereitung auf das Nürnberg-Spiel nicht. Janßen bevorzugt es in diesen Tagen, das vorhandene Personal zu stärken. In den Testspielen gegen Werder Bremen (2:1), Stoke City (4:2) und den FC Groningen (3:0) überzeugte die zweite Reihe, nun findet beim Traditionsclub die Bewährungsprobe unter Wettkampfbedingungen statt. Die Frage der Fragen lautet: Ist der Kader wirklich breit genug, um diese Widrigkeiten zu kompensieren? „Die, die zuletzt wenig gespielt haben, werden auch jeden Monat bezahlt und sind Profis“, sagt Janßen. „Mich würde es nicht überraschen, wenn der eine oder andere Spieler, der in den vergangenen Wochen nicht im Rampenlicht stand, gegen Nürnberg ein Ausrufezeichen setzen wird“, orakelte der 50-Jährige.

St. Paulis Trainer will den Gegner überraschen

Kandidaten dafür gäbe es genug. Mit Sturmtalent Maurice Litka führte Janßen am Dienstag ein langes Einzelgespräch, auch Richard Neudecker präsentierte sich in den letzten Tagen voller Spielfreude. Dass arrivierte Profis wie Johannes Flum oder Cenk Sahin ob der Personalprobleme eine Einsatzgarantie erhalten, lässt Janßen offen. „Es ist richtig, dass wir elf gestandene Spieler auf dem Platz haben könnten. Aber es gibt Spieler, die sehr auf sich aufmerksam gemacht haben.“

Den Nürnbergern will Janßen nicht zu viel verraten. „Es besteht die Chance, dass ich nicht die elf Spieler auf dem Platz habe, mit denen der Gegner unbedingt rechnet“, sagte der Cheftrainer, der vor allem seine Führungsspieler in die Pflicht nimmt. Sie sollen den Spielern mit wenig Spielpraxis Halt geben, sie auf dem Platz coachen. „Das hat etwas mit Verantwortung übernehmen zu tun. Sie müssen auf dem Platz viel sprechen, mal einen Klaps geben, mal ein positives Wort sprechen, damit das Selbstvertrauen da ist.“

Mit Überzeugung will St. Pauli beim Aufstiegskandidaten antreten. Eine Mauertaktik, um einen Punkt zu entführen? Keine Option! Auch wenn die Automatismen aufgrund der vielen Ausfälle nicht perfekt funktionieren können, will der Kiezclub seine Stärken ausspielen: Schnelles Umschalten, bei Ballgewinnen mit vielen Spielern nachrücken und den ebenfalls von Verletzungen geplagten Gegner beschäftigen. „Die Jungs, die reinkommen, wissen was sie zu tun haben. Sie waren in den Videositzungen und Trainingseinheiten seit dem ersten Vorbereitungstag anwesend, konnten alles aufsaugen. Es wird keiner auf dem Platz stehen, von dem ich nicht einhundertprozentig überzeugt bin“, so die klare Botschaft des Trainers.

Angesichts des straffen Spielplans in den kommenden zwei Wochen mit vier schweren Spielen (Nürnberg, Ingolstadt, Kiel, Düsseldorf) in zwölf Tagen kommt Janßen jeder überzeugende Ersatzspieler gerade recht.