New York. Sloane Stephens gewinnt die US Open, weil sie demütiger und bescheidener wurde

Es ist der 18. April, an dem Sloane Stephens (24) bei Twitter ein Video veröffentlicht. Es zeigt, wie sie in einer Arztpraxis ganz behutsam die ersten Schritte ohne ihre Schiene macht, sechs Wochen nach einer Operation am linken Fuß. Stephens lächelt, sie titelt „Aufgeregt“ zu dem kleinen Filmchen, es ist das Ende einer monatelangen Leidenszeit, schon seit Olympia 2016 in Rio de Janeiro hat sie wegen einer Stressfraktur pausieren müssen. Neue Komplikationen erzwangen später die Operation.

Noch ein paar Tage später folgt ein weiteres Video, nun sitzt Stephens auf einem Stuhl daheim in Florida auf einem Tennisplatz. Ein Coach wirft ihr Bälle zu, sie schlägt die Bälle im Sitzen ins Feld zurück. Gut vier Monate nach ihren ersten Übungseinheiten im Sitzen stand sie am 9. September im Arthur-Ashe-Stadion zu New York und reckte strahlend den Siegerpokal der US Open in die Höhe. Noch vor ein paar Wochen, Anfang August, war sie auf Platz 957 in der Hackordnung der Weltrangliste eingestuft gewesen. „Es war unmöglich für mich, hier zu gewinnen. Aber ich habe es geschafft“, sagte Stephens schließlich nach der unfassbaren Grand-Slam-Mission, nach dem finalen Happy End mit dem makellosen 6:3, 6:0-Sieg über ihre Freundin Madison Keys, „am besten höre ich jetzt auf. Was kann dieses Turnier, diesen Erfolg toppen?“

Stephens war schon einmal das nächste große Versprechen im amerikanischen Frauentennis. 2013 erreichte sie das Halbfinale der Australian Open, sie schien auf einem guten Weg – aber dann kam nichts mehr. Jedenfalls nicht auf dem Platz. Stephens hatte in der Szene einen ganz anderen Ruf weg, nicht etwa als potenzielle Championspielerin, sondern als Laut-Sprecherin: Immer etwas zu großspurig, zu angeberisch, zu blasiert und protzig. Dem Hochmut folgte der Fall, bald verschwand sie aus der öffentlichen Wahrnehmung.

Während der ersten Turnierwoche erzählte Stephens einmal, wie sehr sich alles für sie in den Monaten der Verletzungspause geändert habe. Der Blick aufs Tennis, der Blick auf ihre Karriere, das Erkennen, was gut und was schief gelaufen sei. „Ich merkte, wie schön es ist, mit Tennis mein Leben zu bestreiten. Ich wurde demütiger und bescheidener.“ Genau genommen hatte sie erst sich selbst besiegt, die alte Stephens, bevor sie bei den US Open zu diesem magischen Lauf ansetzte. Zu einem Titelgewinn, bei dem sie Weltmeisterin Dominika Cibulkowa, die formstarke Julia Görges und im Halbfinale Venus Williams schlug.