Hamburg/Nürnberg. Michael Meeske ordnet seit 2015 die Finanzen des 1. FC Nürnberg. Gut zehn Jahre war er vorher bei St. Pauli

Was ihm als Motto für dieses Spiel einfällt? „Wiedergutmachung“, sagt Michael Meeske, bis Sommer 2015 mehr als zehn Jahre lang kaufmännischer Geschäftsführer bei St. Pauli, ehe er nach Nürnberg zum FC wechselte und dort Marketing- und Finanzvorstand wurde. Wiedergutmachung also, und das gleich in zweifacher Hinsicht.

Für das Zweitliga-Heimspiel am kommenden Montag (20.30 Uhr) gegen den FC St. Pauli wollen sich die Nürnberger zum einen für die jüngste 1:3-Niederlage bei Erzgebirge Aue rehabilitieren. Außerdem gilt es sich dafür zu revanchieren, dass sie am 7. April dieses Jahres ihr bisher letztes Heimspiel gegen den FC St. Pauli mit 0:2 verloren, was damals für den Kiezclub von existenzieller Bedeutung im Kampf um den Klassenverbleib war.

Jetzt ist die Situation entspannter. Nürnberg hat als Tabellensiebter nach vier Spieltagen ebenso wie St. Pauli als Achter sieben Punkte. „Es ist sicherlich noch kein vorentscheidendes Spiel für den Saisonverlauf, wenn man nur die Punkte betrachtet. Aber für das Selbstvertrauen und die gesamte Stimmung wäre ein Erfolg sehr wichtig“, sagt Meeske und denkt dabei vor allem auch an die hohe Erwartungshaltung unter den Nürnberger Anhängern. „Es gibt hier einen spürbaren Erfolgsdruck, Mittelmaß in der Zweiten Liga ist an diesem Standort einfach zu wenig. Das kann ich angesichts der Tradition und Geschichte des Clubs auch nachvollziehen“, sagt Meeske.

Immerhin neunmal war der 1. FC Nürnberg deutscher Meister und damit nationaler Rekordtitelträger, ehe er vom FC Bayern München (inzwischen 27-mal Meister) abgelöst wurde. Mittlerweile ist es allerdings fast 50 Jahre her, dass der FCN zum bisher letzten Mal Meister (1968) wurde. Die jüngste Vergangenheit ist weitaus trüber. Der „Club“ befindet sich jetzt schon im vierten Jahr in Folge in der Zweiten Liga, scheiterte im Mai 2016 in der Aufstiegsrelegation an Eintracht Frankfurt und schloss die vergangene Saison auf dem enttäuschenden zwölften Platz ab. „Da wir sportlich in den vergangenen Jahren einen eher negativen Trend hatten, müssen wir für durchschnittlich knapp 30.000 Zuschauer pro Spiel schon froh und dankbar sein“, sagt Meeske. „Für den nächsten Schritt, also um auf deutlich mehr als 30.000 Besucher zu kommen, wird es sicher auf die sportliche Entwicklung ankommen.“ Bisher aber bleiben in der Nürnberger WM-Arena, die jetzt Max-Morlock-Stadion heißt und 50.000 Zuschauer fasst, bei den weitaus meisten Spielen ganze Blöcke leer.

Die sportlich ernüchternde Entwicklung der Nürnberger hing auch damit zusammen, dass in den beiden vergangenen Saisons jeweils in der Winterpause der bis dahin beste Spieler an den FC Schalke 04 verkauft wurde. Im Januar 2016 war es der offensive Mittelfeldspieler Alessandro Schöpf, für den der FCN fünf Millionen Euro kassierte. Ein Jahr später ging Torjäger Guido Burgstaller denselben Weg. Diesmal flossen nur 1,5 Millionen Euro als Ablöse, doch sechs Monate später wäre der Österreicher ablösefrei gewesen. „Die Verkäufe waren für uns aus wirtschaftlicher Sicht nahezu alternativlos, um den Etat auszugleichen. Es musste ein hoher siebenstelliger Betrag durch außerplanmäßige Erlöse eingenommen werden. Diese Situation haben wir jetzt überwunden, sodass wir keine Spieler mehr verkaufen müssen. Wir haben den Transferdruck abgebaut“, berichtet Meeske weiter. Dies zeigte sich in den vergangenen Wochen auch daran, das die erneut von finanzstärkeren Clubs umworbenen Leistungsträger Kevin Möhwald und Tim Leibold gehalten werden konnten.

In seiner Zeit beim FC St. Pauli war Meeske, der von Hannover 96 kam, maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass sich der Kiezclub von einem Sanierungsfall zu einem nachhaltig solide wirtschaftenden Club entwickelte. Auch die Planung und Finanzierung des Stadion-Neubaus lag im Tagesgeschäft in seinen Händen. So empfahl er sich schließlich für die schwere Aufgabe in Nürnberg. Dort wurde er hauptamtliches Vorstandsmitglied, was beim FC St. Pauli wegen der derzeit gültigen Vereinssatzung und der darin festgeschriebenen Ehrenamtlichkeit des gesamten Präsidiums nicht möglich war.

Der Abschied aus Hamburg war dem ambitionierten Ausdauersportler dennoch nicht leicht gefallen. Auch deshalb sagt er vor dem Match am Montag: „Obwohl das Emotionale etwas abgenommen hat, ist es immer noch ein besonderes Spiel für mich.“ Sportlich traut Meeske St. Pauli und dem FCN zu, sich in dieser Saison unter den ersten sechs Teams zu eta­blieren. „Wenn man dann einen Lauf bekommt, ist erfahrungsgemäß immer alles möglich. Bei St. Pauli sieht es für mich sehr stimmig und geschlossen aus. Aber auch wir sind von unserem Team überzeugt.“

Fünfter Spieltag der 2. Liga: Fr, 18.30 Uhr: Dresden – Fürth, Heidenheim – Regensburg; Sa, 13 Uhr: Ingolstadt – Aue, Bielefeld – Duisburg, Kiel – Kaiserslautern; So, 13.30 Uhr: Darmstadt – Bochum, Braunschweig – Sandhausen, Düsseldorf – Union Berlin; Mo, 20.30 Uhr: Nürnberg – St. Pauli.