Vor einem halben Jahr debütierte Walace gegen RB Leipzig und machte direkt sein erstes Tor. Nun hofft der Brasilianer auf eine Neuauflage

Den ultimativen Hamburg-Test hat Walace Souza Silva bereits vor der ersten Interview­frage mit Bravour bestanden. „Moin, moin“, sagt der Brasilianer, der nach der hanseatischen Begrüßung dann aber doch lieber wieder ins Portugiesische wechselt. Gerade mal ein halbes Jahr ist es her, dass der 22 Jahre alte Neuzugang aus Porto Alegre sein Debüt in der Bundesliga feierte. Der Gegner damals: Leipzig. Der Gegner heute (20.30 Uhr/im Eurosport-Player oder bei abendblatt.de): Leipzig. Ein guter Zeitpunkt also für ein kleines Zwischenfazit.

Senhor Walace, werfen Sie Ihr Kopfkino an: HSV gegen Leipzig, Ihr erstes Spiel, die 24. Minute …

Walace: Dieser Moment wird immer in meinem Kopf bleiben – vor allem, weil ich ja mein erstes Bundesligator tatsächlich auch mit dem Kopf gemacht habe. Am Ende haben wir Leipzig mit 3:0 geschlagen. Leipzig! Die hatten bis dahin noch kein Heimspiel verloren … Auch die Stimmung nach dem Spiel in der Kabine und auf der Rückfahrt werde ich so schnell nicht vergessen. Und ich hätte nichts dagegen, wenn ich im nächsten Spiel am Freitag noch mal mit dem Kopf nachlege ...

Stimmt es, dass Superstar Neymar Ihnen nach dem Sieg per SMS gratulierte?

Das stimmt tatsächlich. Mein Handy war nach diesem Spiel voll mit Nachrichten. Neymar war einer der ersten Gratulanten ...

Haben Sie sich nach seinem Debüttor in Paris revanchiert?

Noch nicht. Ich dachte mir, dass er im Moment genug um die Ohren hat.

In der langen HSV-Geschichte haben gerade einmal sechs HSV-Debütanten schneller als Sie ein HSV-Tor erzielt. Waren Sie selbst über Ihren – im wahrsten Sinne des Wortes – Kaltstart ein wenig überrascht?

Nicht wirklich. Alle anderen waren sehr viel überraschter als ich selbst. Aber die meisten vergessen, dass ich aus Porto Alegre kam – eine Stadt, in der es im Winter genauso kalt werden kann wie hier in Hamburg. Ich habe mich jedenfalls schnell wohl- und willkommen gefühlt.

Dann ist es umso überraschender, dass Sie gegen Saisonende plötzlich gar keine Rolle mehr spielten. Was war da los?

Natürlich hätte ich am Saisonende auch gerne gespielt, ich will immer gerne spielen. Aber der Trainer hat im Endspurt eben auf andere Spieler gesetzt. Das muss man als Spieler dann auch mal akzeptieren. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass ich mich nicht wohlfühlen würde in Hamburg.

Aber es heißt doch immer: Brasilianer brauchen eine gewisse Adaptionszeit. Was bedeutet das eigentlich?

Das ist eine gute Frage. Ich kann mit diesem Begriff auch nicht viel anfangen. Ich bin hierhergekommen, um Fußball zu spielen. Und auf dem Rasen brauche ich keine Adaptionszeit.

Neuzugänge sagen oft sehr schnell, dass sie sich bereits heimisch fühlen. Ist das in diesem Geschäft heutzutage überhaupt noch ein Faktor?

Gegenfrage: Können Sie bei der Arbeit hundert Prozent geben, wenn Sie sich nicht wirklich wohlfühlen?

Natürlich nicht.

Und warum sollte das beim Fußball anders sein. Fußball ist ein Geschäft, das ist kein Geheimnis. Aber trotzdem ist es selbstverständlich für die Leistung auf dem Platz wichtig, dass man sich auch abseits des Platzes wohl- und heimisch fühlt. Das ist bei mir nicht anders als bei Ihnen.

Sie sagen, dass Sie sich wohl- in Hamburg fühlen. Wie begegnen die Hamburger Ihnen denn so im Alltag?

Man sagt ja immer, dass Hamburger zurückhaltend sind. Im Vergleich zu uns Brasilianern ist das auch so. Und trotzdem mag ich die Art der Hamburger. Als Fußballer wird man ab und an angesprochen, aber immer nur freundlich. Wobei man schon einen Unterschied nach einem Sieg und einer Niederlage spürt. Aber an einem normalen Abend muss ich vielleicht zwei Selfies im Restaurant geben. Nicht viel mehr.

Sie sind am „Deadlineday“ der Winter-Transferperiode gekommen. In der vergangenen Woche war nun der „Deadlineday“ des Sommers. Ist das für Spieler genauso nervenaufreibend wie für die Fans?

Das kommt darauf an. Als ich im Januar selbst betroffen war, war der Tag ex­trem spannend für mich. In der vergangenen Woche war das dagegen komplett anders. Natürlich habe ich am Handy nebenbei verfolgt, wer wohin wechselt. Aber als nervenaufreibend würde ich das nun nicht bezeichnen.

Für Ihren Freund Douglas Santos war es sicherlich nervenaufreibend. Er wäre ja fast am „Deadlineday“ nach Eindhoven gewechselt, musste dann doch bleiben …

Ach, es wird ja immer viel geredet und geschrieben in der Transferzeit. Es gibt immer so viele Gerüchte, die nichts mit der Wahrheit zu tun haben …

Der Fast-Wechsel von Santos nach Eindhoven war kein Gerücht, sondern ein Fakt.

Woher wissen Sie das? Haben Sie mit Douglas gesprochen?

Wir haben mit Douglas Santos und so ziemlich jedem anderen gesprochen, der an den Verhandlungen beteiligt war.

Na gut. Aber wichtig ist ja eigentlich nur, dass Douglas weiterhin bei uns ist. Und ich kann Ihnen garantieren, dass ich sehr glücklich darüber bin. Douglas ist sehr fleißig und wird uns sicherlich noch sehr helfen.

Auch im Deutschunterricht soll Douglas Santos sehr fleißig sein. Wie sieht es mit Ihnen aus?

Puh. Ich gebe mir Mühe, aber Deutsch ist echt schwierig.

Dann haben wir eine letzte Aufgabe zum Schluss: Bitte einmal auf Deutsch übersetzen: Nos vamos ganhar novemente contra Leipzig! (auf Deutsch: Wir gewinnen erneut gegen Leipzig, die Red.)

(Antwort auf Portugiesisch): Klar wollen wir gewinnen. Aber für die korrekte Übersetzung müssen Sie mir Zeit bis zum nächsten Interview geben (lacht).