Hamburg. Fast 1,2 Millionen Menschen sahen in den vergangenen zwei Monaten in der Stadt neun Veranstaltungen auf Weltniveau

Björn Jensen

„Wir wollen die Hamburger und Hamburgerinnen in Bewegung bringen, sie über Veranstaltungen dazu animieren und ihnen dann in der Stadt die Möglichkeiten dafür geben, zum Beispiel mit neuen Radwegen. Das ist unser Konzept, das wir mit dem Masterplan ActiveCity umsetzen“, sagt Christoph Holstein (SPD), Hamburgs Staatsrat für Sport. Und er fügt hinzu: „Wenn die Stadt in den vergangenen Wochen schöne Bilder produziert hat, lieferte sie zumeist der Sport.“

Mehr Sport als in diesem Sommer gab es in Hamburg noch nie, keine andere Stadt der Welt bot ein annähernd ähnlich hochwertiges Programm. Allein von Ende Juni bis Anfang September fanden neun Events der Spitzenklasse statt. Rund 1,2 Millionen Menschen sahen dabei den Besten der Welt zu. Der Senat unterstützte diese Veranstaltungen mit insgesamt 6,27 Millionen Euro. 4,5 Millionen entfielen davon auf die Amateurbox-WM, eine der letzten Nachwehen der 2015 gescheiterten Olympiabewerbung. Das Geld stammt aus der Kultur- und Tourismus­taxe, bei Boxen und Beachvolleyball aus dem Topf „Sonderveranstaltungen“.

„Wir sind weiter offen für Neues“, sagt Holstein. Alle zwei Wochen landen Bewerbungen von Sportveranstaltern, -verbänden und -agenturen auf seinem Schreibtisch. Klar ist aber auch: In der Innenstadt wird es künftig keine zusätz­lichen Events geben, die bisherigen sollen zudem zeitlich entzerrt werden. Für die Akquise von Welt- und Europameisterschaften, diese Losung hat Sportsenator Andy Grote (SPD) ausgegeben, wird kein Wettbieten erfolgen. „Unsere Währung ist der Standort“, sagt Grote. Wer in die Sportstadt Hamburg komme, dürfe sich auf ein professionelles Umfeld, erstklassige Organisation und begeisterte Zuschauer freuen. Und das ist die Abendblatt-
Bilanz des Hamburger Sportsommers:

Galoppderby: Die Rennwoche litt unter schlechtem Wetter, ein Renntag musste abgesagt werden. Das Deutsche Derby wollten nur 12.000 Besucher sehen. Kommt die geplante Doppelrennbahn mit den Trabern nicht, wird sich die Veranstaltung künftig kaum finanzieren lassen.

Triathlon: Die Begeisterung für den Dreikampf aus Schwimmen, Radfahren und Laufen bleibt ungebrochen, die 10.000
Jedermann-Startplätze waren schon im Frühling (fast) ausverkauft. Die Mixed-Staffel-WM, 2020 erstmals olympisch, soll als Highlight in Hamburg gehalten werden – aber nicht um jeden Preis.

Tennis am Rothenbaum: Trotz teilweise miesen Wetters und ausgedünnten Teilnehmerfeldes war die 111. Auflage erneut gut besucht. Um die Zukunft des Turniers muss dennoch gebangt werden. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) vergibt die Lizenz zur Ausrichtung, die seit 2009 bei Turnierdirektor Michael Stich und der Agentur HSE liegt, von 2019 an neu. Neben Stichs HSE gibt es drei Bewerber, die alle das Turnier in Hamburg ausrichten würden. Der DTB fordert aber stärkere finanzielle Unterstützung der Stadt. Bleibt die aus, könnte der Verband das Turnier verlegen. Weitere Schwierigkeit sind die Umbaupläne des Club an der Alster, der das sanierungsbedürftige Stadion (13.200 Plätze) abreißen und mit einer Multifunktionsarena (7500) ersetzen möchte. DTB und HSE sind dagegen. Eine Entscheidung wird im Herbst erwartet.

Extreme Sailing Series: Die rasenden Katamarane sind ein Wassersport-Spektakel, das zu einer Hafen- und Segelstadt passt. Der Wettkampfkalender für 2018 soll im Oktober veröffentlicht werden. Hamburg will weiter mitsegeln.

Ironman: Das Debüt war ein Erfolg, die 2600 Startplätze schnell vergriffen. Beim Zieleinlauf der Letzten gegen 23 Uhr, nach 16 Stunden Wettkampf, jubelten ihnen mehr als 2000 Menschen auf dem Rathausmarkt zu. Die Fortsetzung 2018 ist gesichert. Mittelfristig könnte Hamburg das wichtigste Rennen Europas werden.

Cyclassics: Weniger Zuschauer an den Straßen als früher, so wenige Finisher wie noch nie (unter 11.000) – das Jedermann-Radrennen mit Distanzen über 60, 120 und 180 Kilometer litt unter Kannibalisierungseffekten von Triathlon und Ironman. Das Hauptrennen zählt weiter zur höchsten Kategorie World Tour, rechtfertigte diese Einstufung mit einer hochklassigen Besetzung. Hamburgs Ruf in der Radsportwelt ist hervorragend. Auch die Zukunft scheint gesichert. Titelsponsor Euroeyes möchte den ausgelaufenen Vertrag um zwei Jahre verlängern.

Basketball: Ohne NBA-Superstar Dirk Nowitzki hatte der Supercup in Wilhelmsburg nicht ganz die Anziehungskraft wie vor zwei Jahren. Dennoch: Der Spitzenbasketball ist dank der Hamburg Towers in die Stadt zurückgekehrt, Talentsichtung und -förderung sind nachhaltig angelegt. 2018 wird der Supercup zum dritten Mal in Hamburg gespielt.

Beachvolleyball: Das Finale der weltweiten Major-Tour übertraf alle Erwartungen. Freier Eintritt, Sonne, Sand und Local Heroes, die Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen Ludwig/Walkenhorst (HSV), waren die gewinnbringenden Komponenten. Wiederholung für 2018 ist angestrebt, Ziel bleibt die WM 2019.

Amateurbox-WM: Der einzige Teil des Sportsommers, der nicht wiederkehren wird. Die WM war ein Relikt der gescheiterten Olympiabewerbung, wurde im Oktober 2015 als Referenzveranstaltung teuer akquiriert. Auch wenn die acht Wettkampftage Sport auf Weltklasseniveau boten, darf die Nachhaltigkeit bezweifelt werden. Nur 13.500 Zuschauer kamen in die Sporthalle Hamburg. Machtkämpfe im Weltverband Aiba und im Hamburger Verband sorgten für negative Schlagzeilen. Den Boxsport als Motor für die Inte­gration will die Stadt allerdings auch in Zukunft fördern, wohl kaum jedoch mit weiteren Großevents.