München. Bayer-Sportchef und andere schimpfen auf neues System – das rein technisch diesmal funktionierte. Hamburger als Elfer-Spezialist.

Die gute Nachricht vorweg: Die Technik und damit die Verständigung zwischen Schiedsrichtern und Video-Assistenten hat diesmal reibungslos funktioniert. Dies bestätigte die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Sonntag dem SID. Doch auch am zweiten Spieltag der Fußball-Bundesliga gab es reichlich Diskussionen um das neue System.

Vor allem Leverkusens Sportchef Rudi Völler war nach dem 2:2 gegen Hoffenheim der Kragen geplatzt. "Das war ein klares Foul, Wolfgang Stark ist da wohl im Keller in Köln vor dem Fernseher eingeschlafen. Dann brauchen wir keinen Videobeweis, wenn eine solche Szene nicht gesehen wird", schimpfte Völler mit Blick auf ein vermeintliches Foul an Benjamin Henrichs vor dem 2:2: "Dann sollte man das Ganze lieber sein lassen."

Auch Bayer-Trainer Heiko Herrlich schloss sich dieser Meinung an. "Wenn es schon einen Videobeweis gibt, sollte man schon genau hinschauen. Ich war schon immer ein Gegner", betonte er. Die Schiedsrichter würden "drei, vier Fehler im Jahr" machen, "das muss man eben schlucken. Wir Trainer und auch die Spieler machen mehr Fehler". Nach SID-Informationen verzichtete Stark auf ein Veto, weil zwar ein Kontakt zwischen Torschütze Mark Uth und Henrichs vermutet werden kann, allerdings die TV-Bilder dies keineswegs belegen.

Auch Augsburg fühlt sich benachteiligt

Augsburgs Trainer Manuel Baum fühlte sich beim 2:2 gegen Gladbach ebenfalls benachteiligt, da Schiedsrichter Sascha Stegemann und Video-Assistent Tobias Welz bei 1:0-Führung des FCA ein "1000-prozentiges" Handspiel von Jannik Vestergaard übersehen hätten.

Es sei schade, "dass es uns getroffen hat", sagte Baum, der aber im Gegensatz zur Leverkusen-Fraktion das System klar befürwortet: "Ich finde es grundsätzlich eine super Idee, es gehört natürlich noch Feinschliff dazu."

Gladbachs Coach Dieter Hecking forderte deshalb auch Geduld ein. "Wir denken schon wieder viel zu negativ. Natürlich gibt es Probleme, aber wir müssen toleranter werden", sagte er und fügte an: "Wenn man nach 100 Tagen sieht, das geht nicht, kann man das immer noch einstampfen."

Hamburger Stieler interveniert in Köln

In Frankfurt griff Video-Assistent Günter Perl aus Köln entscheidend ein. Schiedsrichter Benjamin Cortus hatte nach einer Attacke an Kevin-Prince Boateng schon auf Strafstoß entschieden, doch Perl wies seinen Kollegen auf eine vorherige Abseitsstellung von Boateng hin. Die Eintracht verlor 0:1 gegen Wolfsburg

Beim 1:0 des VfB Stuttgart gegen Mainz hatte Referee Benjamin Brand nach einer Attacke gegen VfB-Torjäger Simon Terodde zunächst weiterspielen lassen. Erst nach einer Intervention aus Köln durch Tobias Stieler (Hamburg), der am ersten Spieltag auf Anraten von Video-Assistent Jochen Drees Strafstoß für Bayern München gegen Bayer Leverkusen gegeben hatte, zeigte Brand auf den Punkt – Terodde traf aber nur den Pfosten.

Die Aufregung hielt sich auf beiden Seiten in Grenzen. "Ich kann es nicht beeinflussen, das ist nicht mein Thema", meinte Stuttgarts Trainer Hannes Wolf gelassen. Der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder wies lediglich auf einen "wichtigen Faktor" hin: "Wenn du lange brauchst für die Entscheidung, dann musst du es hinten heraus auch nachspielen lassen."

HSV-Boss Bruchhagen: "Wo ist das Problem?"

Nach den gravierenden Pannen zum Saison-Auftakt hatten sich die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) entschieden, den Video-Assistenten auch am zweiten Spieltag wieder einzusetzen. Allerdings wurde vorerst auf die virtuelle Abseitslinie verzichtet.

Als Befürworter der Technik hatte sich schon vor dem Spieltag Bayern Münchens Trainer Carlo Ancelotti gezeigt. "Es gab technische Probleme, sie werden aber gelöst sein. Ich denke, dass der Videoassistent sehr, sehr wichtig für den Fußball ist. Dadurch gibt es weniger Polemik und Diskussionen, das ist ein guter Weg", sagte der Italiener.

HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen sagte bei "Sky" indes: "Wir müssen noch ganz viel erleben, um zu einem endgültigen Urteil zu kommen. Aber wir machen das ja über ein Jahr in einem Feldversuch. Wenn sich herausstellt, dass der Videobeweis nicht praktikabel ist, dann müssen wir auch den Mut haben und sagen: wir machen es nicht. Wo ist das Problem?“